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26.04.08 / Dialog mit Peking / Frankreich will zwischen China und Tibet vermitteln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-08 vom 26. April 2008

Dialog mit Peking
Frankreich will zwischen China und Tibet vermitteln
von Jean-Paul Picaper

Der ehemalige Premierminister Jean-Pierre Raffarin ist an Mittwoch dieser Woche mit einem Brief von Nicolas Sarkozy nach Peking gefahren: Der französische Präsident wünscht zwischen Chinesen und Tibetern zu vermitteln. Er glaubt wohl an die Dialogfähigkeit der Pekinger Herrscher. Müssen die Chinesen der Grande Nation in Paris denn nicht dankbar sein, daß man ihnen den französischen Politiker als Boten schickt, der seit Jahren für China in Frankreich predigt.

Allerdings versuchte der sozialistische Bürgermeister von Paris, Bertrand Delanoë, Raffarin am Vorabend seiner Reise Knüppel zwischen die Beine zu werfen und den zögernden Sarkozy zu blamieren, indem er den Dalai Lama zum Ehrenbürger der Stadt Paris machte. „Eine rein städtische Angelegenheit“, betont ein Sprecher der Regierungspartei UMP.

Peking glaubt es wohl nicht. Das kommunistische Regime schickte in Paris und in China Studentinnen und Studenten auf die Straße, die ihren „spontanen“ Zorn gegen Frankreichs China-Politik sichtbar machten und zum Boykott französischer Produkte aufriefen. Auf die Frage der Pariser TV-Journalisten, was sie von den Menschenrechten hielte, antwortete eine dieser Stipendiatinnen, daß Frankreich „zu viel Freiheit gewährt“. Diese blutjungen Chinesen glauben auch, das Dilemma der französischen Politik erkannt zu haben, indem sie auf Korsika hinweisen. Daß Korsika und Tibet zwei Paar Schuhe sind, stand wohl nicht in Maos Fibel. Dafür hat Peking vom großen Steuermann gelernt, daß man die Widersprüche des Kapitalismus ausnutzen soll, um dort Leute und Mächte auseinander zu dividieren.

In London waren die Demonstrationen gegen die Pekinger Spiele nicht weniger heftig als in Paris, wo die Polizei außerdem chinakonform reagiert hat: Man konnte am Bildschirm beobachten, wie brutal sie tibetische Demonstranten blutig zusammenschlug. Sarkozy läßt auch, anders als Berlin, London und Washington, den Dalai Lama nur von einer drittklassigen Staatssekretärin empfangen, „falls dieser den Antrag stellt“. Die selektive chinesische Mobilmachung rührt also wohl daher, daß Frankreich das schwächste Glied an der westlichen Kette ist. Erstens besteht das größte Einwanderungskontingent in Frankreich (das ist wenig bekannt) aus Chinesen. Zweitens ist der französische Handelsaustausch mit China empfindlicher als dasjenige Englands, Deutschlands und Amerikas. Amerika ist der erste ausländische Markt für Chinas Produkte. Die Chinesen könnten auch auf den Import deutscher Werkzeugmaschinen kaum verzichten, die sie für ihre Entwicklung brauchen, während die französischen Lieferungen von Kernkraftwerken und industriellen Rüstungsgütern vom politischen Wohlwollen abhängen.

Verdutzt war der französische Judomeister David Douillet gewesen, als ihm in Paris ein chinesischer Funktionär die Olympiafackel aus den Händen riß und sie auslöschte. Dieser gebieterische Anführer der chinesischen Wachmannschaft war der Botschaftsrat Song Xingwu war, der zugleich Chef der kommunistischen Partei Chinas in Frankreich. Ein chinesischer Politkommissar entschied also, was man in Paris tun und lassen soll.


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