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26.04.08 / Griechen bleiben stur / Athen läßt Mazedonien wegen des Namensstreites nicht in die Nato – Horst Köhler zu Besuch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-08 vom 26. April 2008

Griechen bleiben stur
Athen läßt Mazedonien wegen des Namensstreites nicht in die Nato – Horst Köhler zu Besuch
von Wolf Oschlies

Am 17. und 18. April weilte Horst Köhler zu einem Staatsbesuch in der Republik Mazedonien, seit zehn Jahren dem ersten eines deutschen Staatsoberhaupts. Die deutsch-mazedonischen Beziehungen sind exemplarisch gut, politisch wie ökonomisch, und sollen nach Köhlers Worten noch besser werden: Deutschland unterstütze den Wunsch Mazedoniens „auf baldige Mitgliedschaft in der Europäischen Union“. „Alle Nato-Partner stimmen darin überein, daß Mazedonien so schnell wie möglich zur Nato-Mitgliedschaft eingeladen werden soll“, aber beim Bukarester Nato-Gipfel Anfang April ist dies leider „nicht gelungen“. Warum nicht? Erst in Berlin traute sich Köhler, Roß und Reiter zu nennen: Griechenland blockiert mit einem „Namensstreit“ Mazedoniens Weg zu EU und Nato und der Bundespräsident findet, „daß auch die Europäische Union deutlich sagen sollte, daß sie dafür kein Verständnis hat“.

Im Herbst will die Nato Mazedoniens Beitrittswunsch erneut prüfen, sofern bis dahin der „Namensstreit“ beendet ist. Daraus wird kaum etwas werden, konnte der Bundespräsident in Skopje hören. „Man hält uns hin“, sagte ihm der mazedonische Präsident Branko Crvenkovski, „und wir werden immer wieder mit der Gegnerschaft Griechenlands konfrontiert werden. Es reicht offensichtlich nicht, von der Nato Bestnoten für unsere konstruktive Haltung zu bekommen, sondern wir sollen einen Kompromiß im Streit mit den Griechen vorweisen. Wir wollen ja manchen Preis zahlen, aber nicht jeden.“

Zum Streit wie zur Liebe gehören zwei, aber wo ist der Zweite, wenn Griechen seit 20 Jahren ihrem nördlichen Nachbarn Mazedonien seinen Namen bestreiten? Da die griechische Nordprovinz ebenfalls Mazedonien heißt, wittert Athen Territorialansprüche seitens Mazedoniens. Europas Landkarte ist voll mit Namensdubletten – Moldau als Fluß durch Prag, als ostrumänische Provinz und als Staat zwischen Prut und Dnjestr –, was noch nie Probleme schuf. Oder übertönen Athener Forderungen schlechtes Gewissen? Das ehedem türkisch okkupierte Mazedonien teilten 1912/13 Serbien, Bulgarien und Griechenland unter sich auf, wobei Griechenland mit 34411 Quadratkilometern über die Hälfte Mazedoniens schluckte.  

In Skopje forderte Präsident Köhler mehr Kompromißbereitschaft von Griechenland, das gelegentlich schon massiver zur Ordnung gerufen wurde. Seine starre Position in der „Namensfrage“ kann Athen nicht einmal allen seinen Diplomaten vermitteln und rief deshalb im Juli 2007 seine Vertreterin in Mazedonien Dora Grossomanidou zurück, als sie „mehr Realismus in dieser Frage“ von ihrer Regierung forderte. Die ganze Nato war überzeugt, Mazedonien müsse als Nachbarstaat des nunmehr unabhängigen Kosovo in die Allianz – Griechenland war dagegen und so blieb Mazedonien draußen. Noch während Köhlers Besuch strich Athen der mazedonischen Fluggesellschaft Macedonian Airtransports (MAT) wegen ihres Namens die Überflugsrechte.

Bereits in den 1980er Jahren erließ Athen Gesetze gegen die mazedonische Sprache, die es als „international nicht anerkannte Sprache“ bezeichnete, und mußte sich dann höhnisch fragen lassen, wer wann die griechische Sprache oder irgendeine Sprache je „international anerkannt“ habe. Als Mazedonien 1991 souverän wurde, organisierte Griechenland wilde Protestdemonstrationen und lancierte groteske Behauptungen: Auf mazedonischen Geldscheinen sei der Hafenturm von Thessaloniki abgebildet, der mazedonischen Verfassung sei eine Karte „Groß-Mazedoniens“ beigegeben und ähnliches mehr. 1993 kam Mazedonien in die Vereinten Nationen, auf griechisches Betreiben unter dem lächerlichen Namen „Former Yugoslav Republic of Macedonia“ (FYROM). Mit zwei Embargos brachten die Griechen Mazedonien in schwere Wirtschaftsnöte. Das Land machte ein paar Konzessionen, änderte Verfassung, Staatswappen und Flagge und schloß mit Griechenland 1995 ein Interimsabkommen zur Normalisierung der Beziehungen, aus dem die „Namensfrage“ ausgeklammert blieb.

Allein Mazedonien hat sich nach 1991 aus dem ex-jugoslawischen Bürgerkrieg herausgehalten und 2001 sehr erfolgreich gegen eine Aggression der UCK aus dem Kosovo verteidigt. Damals brachte die gemeinsame Furcht vor UCK-Terroristen Griechen und Mazedonier zusammen: Athen schenkte dem Nachbarn Helikopter und Waffen, mit denen er sich wehren konnte. Griechenland ist der größte Investor in Mazedonien, griechische Wirtschaftskreise schätzen Mazedonien als „Einfallstor“ für ex-jugoslawische Märkte und als „Herzstück“ europäischer Verkehrsplanungen für den Balkan. Nichts stünde einem harmonischen Verhältnis beider Staaten entgegen, wäre griechische Politik nicht gegen den Namen und die Identität der Mazedonier gerichtet.

Griechenland hat einen unsinnigen „Streit“ vom Zaun gebrochen und jetzt beschuldigt seine Außenministerin Dora Bakogiannis Mazedonien, es habe keine gutnachbarschaftlichen Beziehungen zu Griechenland und gehöre nicht in die Nato. Die Nato kuschte und in New York wartete UN-Vermittler Nimetz mit immer neuen Namen auf: „Ober-“, „Nord“-, „Skopje-Mazedonien“, was Athen als Fortschritt ausgibt, weil es in Zusammensetzungen den Namen „Mazedonien“ akzeptiert. Mazedonien war von der Bukarester Nato-Abfuhr geschockt, hat sich aber bald getröstet. In Washington hat Präsident Bush dem Land eine US-Sicherheitsgarantie angeboten, Anfang Mai werden beide Außenminister, Condoleezza Rice und Antonio Miloschoski, ein militärisch-technisches Abkommen unterzeichnen.

Foto: „Unser Name ist nicht zu verkaufen“: Mazedonier wollen sich nicht umbenennen.


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