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26.04.08 / Die Bestie Krieg / Soldat erinnert sich an seine Zeit an der Front im Zweiten Weltkrieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-08 vom 26. April 2008

Die Bestie Krieg
Soldat erinnert sich an seine Zeit an der Front im Zweiten Weltkrieg

Wilhelm Eichner, Jahrgang 1916, ehemaliger hessischer Gymnasiallehrer, stellt dem Leser in seinem Buch mit dem programmatischen Titel „Diesseits der Wolga“ die Vita eines ereignisreichen Lebens vor. Eines sei vorweg gesagt: Eichner hat dieses Vorhaben mit Bravour gemeistert.

Er schlägt einen weiten Bogen von seiner Kindheit und Jugendzeit, dessen erste Erinnerungsfetzen in den schicksalhaften Herbst 1918 zurückreichen, über die Rekrutenzeit und den Krieg bis hin zu seiner überraschenden Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft im September 1946. Den Schluß des Buches bildet ein Nachwort und ein informatives Glossar.

Das Buch besticht durch seinen kurzweiligen flüssigen Stil, so daß es Eichner gelingt, den Leser an den Eckpunkten und Stationen seines an Ereignissen reichen Lebens teilhaben zu lassen.

Hierbei bildet die Nacherzählung der Kriegsereignisse des Zweiten Weltkrieges einen Schwerpunkt des Buches. Eichner erlebt das Völkerringen an den Fronten in Polen, Frankreich und den Einmarsch in die Sowjetunion. Er handelt die Geschehnisse fast protokollarisch und nüchtern ab und, was heute leider immer seltener geschieht,  ohne ideologischen Schaum vor dem Mund. So hält er das Ereignis der Bombardierung Rotterdams am 14. Mai 1940 durch die deutsche Luftwaffe für erwähnenswert, ohne dies jedoch, wie durch zeitgenössische Historiker mittlerweile üblich, als Kriegsverbrechen zu apostrophieren.

Objektiv macht er deutlich, daß ursächlich für die Bombardierung Rotterdams die zu spät erfolgte Rückbeorderung der Flugzeuge während der Übergabeverhandlungen der Stadt verantwortlich war. Zudem konnten die roten Leuchtzeichen durch starke

Qualmentwicklung über der Stadt in Folge einer Feuersbrunst in der Hafengegend von den deutschen Flugzeugführern nicht erkannt werden.

Die furchtbaren Fronterlebnisse in Rußland haben Eichner am nachhaltigsten geprägt. Die Bestie Krieg fand in den Weiten des Landes stets neue Nahrung, die Verluste auf Seiten der Russen, aber auch der Deutschen an Menschen und Material überstiegen das Maß des Vorstellbaren. Um die Grauen der Erlebnisse des Krieges an der Ostfront zu überleben, bedurfte es mehr als eines Schutzengels. Die Unwägbarkeiten des Klimas und der Topographie, die Hitze im Sommer, die unerträglichen Mückenscharen in den Sumpfregionen, die katastrophale Infrastruktur, die langen Eiswinter mit  für einen Mitteleuropäer unerträglichen Minustemperaturen und der sich stetig versteifende Widerstand der Rotarmisten, der durch Partisanentätigkeit und immensen angloamerikanischen Waffenlieferungen zunehmend an Stabilität gewann, macht das Ausmaß der Schwierigkeiten deutlich, denen die Wehrmacht im Laufe des vierjährigen Ringens ausgesetzt war. Die Anschaulichkeit der Darstellung wird durch Federzeichnungen unterstützt, die Eichner von russischen Dörfern, bestimmten Landschaftsprofilen (Pripjet-Sümpfe) und Flüssen (Dnjepr) anfertigt. Die Tagebuchberichte schließen mit dem August 1942 und dem Vormarsch zum Westkaukasus. Die folgenden zwei Jahre, so vermerkt Eichner lakonisch, hätten bereits ihren literarischen Niederschlag in seinem bereits veröffentlichten Werk mit dem Titel „Jenseits der Steppe“ gefunden.

Das Ende seiner militärischen Laufbahn erlebt Eichner während des letzten Aufbäumens der Deutschen an der Westfront gegen die drohende Niederlage im Dezember 1944 in den Ardennen, wo er von amerikanischen Soldaten gefangen genommen wird.

Den Rezensenten hat das Lesen des Buches von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Das Buch zeichnet sich durch seine Realitätsnähe und Authentizität aus. Eichner und seinen Kollegen der immer rarer werdenden Erlebnisgeneration ist zu wünschen, daß sie im Widerspruch zum historischen Zeitgeist und ihren volkserzieherischen Standesvertretern Bücher solchen Zuschnittes weiter edieren werden.    J. Lückoff

Wilhelm Eichner: „Diesseits der Wolga – Tagebuch eines Überlebenden“, Universitas Verlag, München 2007, geb., 384 Seiten, 24, 90 Euro


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