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26.04.08 / Die Welt von Don Camillo und Peppone / Zum 100. Geburtstag des Satirikers Giovanni Guareschi

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-08 vom 26. April 2008

Die Welt von Don Camillo und Peppone
Zum 100. Geburtstag des Satirikers Giovanni Guareschi
von Anne Bruch

Kaum ein Paar der Filmgeschichte erfreut sich so großer Beliebtheit wie Don Camillo und Peppone. Die Geschichten des schlitzohrigen und schlagkräftigen Priesters und seines nicht weniger hitzigen Gegenspielers werden auch heute noch gerne im deutschen Fernsehen gesendet, seitdem sie in den 50er und 60er Jahren mit den Schauspielern Fernandel und Gino Cervi kongenial verfilmt wurden. Beide Männer leben in trauter Zwietracht in einem kleinen, nicht näher benannten Dorf in der Po-Ebene Norditaliens, um dort ihre jeweilige Wahrheit mit ihren entsprechenden Mitteln zu verteidigen. Trotz der vielen Gegensätze verfolgen sie das gleiche Ziel, nämlich das Dorf und seine Bewohner glücklich zu machen. Nur sind ihre Vorstellungen von Glück leider grundlegend verschieden. Während der eine – im wahrsten Sinne des Wortes – auf Gottes Stimme vertraut, beruft sich der andere auf die kommunistische Weltanschauung.

Schöpfer dieser beiden liebenswerten Erzfeinde, die weder mit noch ohne einander können, war der Journalist und Schriftsteller Giovanni Guareschi, dessen Geburtstag sich am 1. Mai zum 100. Mal jährt. Geboren und aufgewachsen ist der Autor der „Don Camillo und Peppone“-Romane in einem kleinen Dorf in der Emilia Romagna. Der piccolo mondo, die kleine Welt des Dorfes, die Guareschi so gut zu beschreiben wußte, ist das Zentrum seiner Erzählungen. In diesem Mikrokosmos findet nicht nur das alltägliche Leben statt, sondern es spiegeln sich hier auch die großen politischen Auseinandersetzungen der italienischen Nachkriegszeit wider. Eine erste Episode dieser durchaus politischen Satire hatte Guareschi, der zwei Jahre in deutscher Kriegsgefangenschaft zugebracht hatte, im Dezember 1946 in der satirischen Wochenzeitschrift „Candido“ veröffentlicht, deren Chefredakteur er war. 1948 erschien dann „Don Camillo und Peppone“, der Auftaktband der am Ende sechs Romane umfassenden Reihe um den Schlagabtausch zwischen tradierten christlichen Werten und politischer Aufbruchstimmung. Der Erfolg seiner beiden Charaktere wurde dann durch die Buchverfilmungen noch gesteigert. So sahen bis zum Sommer 1958 über 12,3 Millionen Menschen den im April 1952 uraufgeführten Film „Don Camillo und Peppone“.

Als die ersten Pläne zu einer Verfilmung seiner Figuren an ihn herangetragen wurden, behielt sich Guareschi vor, sein Einverständnis bei der Rollenbesetzung zu vergeben. Der französische Schauspieler Fernandel war für ihn schnell die ideale Verkörperung des Don Camillo. Nur die vorgeschlagenen Schauspieler für den Genossen Peppone gefielen dem Schriftsteller gar nicht, so daß er sogar kurzfristig darüber nachdachte, die Rolle selbst zu übernehmen. Denn zu offensichtlich ist Guareschis eigene äußere Ähnlichkeit mit seinen Illustrationen des Peppone. Dabei bestand keineswegs eine weltanschauliche Übereinstimmung zwischen Guareschi und seiner Figur. Im Gegenteil, Guareschi lehnte stets eine ideologische Vereinnahmung ab („In der Wahlkabine sieht dich Gott – Stalin nicht!“) und bekämpfte in seiner Funktion als Journalist Fehler im öffentlichen Leben, die schon damals vorhandene Korruption und den politischen Konformismus. Letzten Endes übernahm zur Freude Guareschis der italienische Schauspieler Gino Cervi den Part des Bürgermeisters.

In seinen Büchern beschrieb Guareschi aber nicht nur humorvoll sein piccolo mondo, sondern beobachtete zugleich den Zeitgeist und die politischen Verhältnisse der italienischen Nachkriegszeit. Denn eine Besonderheit in Westeuropa war der große Erfolg der Kommunistischen Partei (PCI) in Italien. Durch eine geschickte Taktik entwickelte sich die Partei schnell zum Gegenspieler der Democrazia Cristiana (DC). Die PCI entwickelte sich von einer ideologischen und oppositionellen Partei des Klassenkampfes zu einer Partei der ökonomisch Abgesicherten, nur politisch-kulturell Andersdenkenden. Obwohl Kritiker dieser politischen Situation oftmals von einer „blockierten Demokratie“ sprachen, bescherte dies Italien eine enorme politische Stabilität. Zwar erlebte Italien zwischen 1945 und 1968 über 25 Regierungswechsel, aber in keiner anderen westlichen Demokratie gab es so geringe Schwankungen der Wahlergebnisse. Die personelle Kontinuität der Politiker und die beständigen Koalitionen widersprechen daher dem Klischee vom unübersichtlichen Chaos und politischer Instabilität Italiens. 

Die Geschichten von Don Camillo und Peppone sind heute in einem Italien, in dem die kleine Welt der Dörfer einer modernen globalisierten Konsumgesellschaft gewichen ist und sich der demokratische Pluralismus immer mehr auflöst, nur noch in dem politisch-historischen Zusammenhang ihrer Entstehungszeit zu verstehen. Guareschi, der im Juli 1968 an den Folgen eines Herzinfarktes gestorben ist, hat viele Entwicklungen der italienischen Politik nicht mehr miterlebt. Die von ihm beschriebenen Gegensätze zwischen Ost und West, zwischen Katholizismus und Kommunismus und ihrer typisch italienischen „toleranteren“ Variante gibt es nicht mehr.

Foto: Ewige Streithähne: Don Camillo und Peppone


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