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26.04.08 / Beistand in den letzten Stunden / Moderne Pflegeheime und Hospize ermöglichen ein würdevolles Altwerden und Sterben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-08 vom 26. April 2008

Beistand in den letzten Stunden
Moderne Pflegeheime und Hospize ermöglichen ein würdevolles Altwerden und Sterben
von Haiko Prengel

Nicht die Angst vor dem Tod treibt die meisten Menschen um. Es ist das Sterben. Die Sorge, schwer zu erkranken und monatelang unter Qualen dahinzusiechen. Krebs, Alzheimer, Parkinson – vielen Senioren ist ein schneller und schmerzloser Tod nicht vergönnt. Andere dagegen fühlen sich bis ins hohe Alter fit und schlafen dann plötzlich und unerwartet, aber immerhin sanft für immer ein.

Es klingt absurd – aber kann man auch im Alter noch gesund sterben? Zweifellos ja, sagt Manfred Gogol von der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) in Berlin. Man könne sogar selbst einen „wesentlichen Beitrag“ dazu leisten, daß dieser wünschenswerte Fall auch eintrete. Regelmäßige körperliche, geistige und soziale Aktivitäten, gesunde Ernährung, Verzicht auf Zigaretten und die rechtzeitige Behandlung sogenannter kardiovas-kulärer Erkrankungen wie Bluthochdruck – das seien die entscheidenden Faktoren, um ein gesundes Altern wahrscheinlich zu machen. Und: „Je früher man diese Faktoren beherzigt, desto besser“, betont Gogol.

Ihm zufolge lebt die große Mehrheit der Deutschen bis an ihr Lebensende zu Hause und kommt trotz Handicaps und chronischen Erkrankungen auch ganz gut mit oder gar ganz ohne fremde Hilfe zurecht. Andere müssen schon früh in ein Pflegeheim umziehen – sei es aufgrund fortschreitender Demenz oder schwerer Altersdepressionen, die einen selbstbestimmten Alltag unmöglich machen. Oder aufgrund eines körperlichen Gebrechens, das permanente Pflege und Hilfestellung erfordert. Das muß nicht zwangsläufig der Verlust der Gehfähigkeit und damit weitgehende Immobilität sein. Wohnungen lassen sich heute behindertengerecht umbauen und auch die Einkäufe kann man zumindest in städtischen Gebieten mit dem Rollstuhl erledigen.

„Basisvoraussetzung für ein Leben in den eigenen vier Wänden ist aber, daß man noch selbst den Lagewechsel bewältigen und die Toilette besuchen kann“, sagt Gogol. Wer sich nicht einmal mehr aus eigener Kraft vom Rollstuhl aufs Klo hieven kann, ist in einer Pflegeeinrichtung meist besser aufgehoben.

Dieser Schritt ist nicht einfach, gerade nicht unter Eheleuten, die sich doch einmal geschworen hatten, sich in guten wie auch in schlechten Zeiten beizustehen. Aber es gibt Pflegefälle, bei denen selbst aufopfernde Familienmitglieder bei der Pflege eines Angehörigen an ihre Grenzen kommen. „Wichtig bei der Einweisung in ein Heim oder eine Klinik ist dann, daß der Patient seine Wünsche und Probleme frühzeitig und offen kommuniziert“, betont Gogol. Je genauer Ärzte und Pflegepersonal über den Zustand des Betroffenen im Bilde sind, desto besser und individueller kann die Betreuung auf ihn abgestimmt werden.

Dazu gehört beispielsweise die klare Artikulation von Schmerzen. Moderne Medikamente und Therapien machen es möglich, daß die meisten Formen von Schmerzen heute gut behandelbar sind und die Leiden der Patienten spürbar gelindert werden können. Bei schweren und unheilbaren Leiden helfen spezielle palliativmedizinische Einrichtungen wie Hospize, die letzte Lebensphase erträglich zu machen. Das Problem ist, daß viele Patienten um diese Möglichkeiten nicht wissen.

Immerhin wurden erkennbare Fortschritte erzielt, was die Etablierung der Palliativversorgung betrifft.

„Die Erkenntnis ist endlich gereift, daß es sich dabei um einen wichtigen und guten Teil der medizinischen und pflegerischen Betreuung handelt“, sagt Mathias Pfisterer von der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) in Berlin. So gebe es mittlerweile deutlich mehr Angebote der palliativen Versorgung als noch vor zehn Jahren – sowohl im stationären wie auch im häuslichen Umfeld.

Sterbenskranke Menschen können heute im Krankenhaus, im Pflegeheim oder Hospiz, oft aber auch zu Hause im Kreis ihrer Familie adäquat betreut werden: „Seit der jüngsten Gesundheitsreform hat jetzt sogar jeder Bürger gesetzlichen Anspruch auf eine ambulante palliative Versorgung“, sagt Pfisterer und fügt hinzu: „Das müssen die Leute einfordern.“

Je nachdem ob der Patient ambulant oder stationär versorgt wird, kann der Leistungskatalog von Schmerzmitteln und speziellen Pflegeleistungen bis hin zum Kunsttherapeuten reichen, mit dem der Patient seine Krankheit malerisch bewältigt. Andere finden bei einem Seelsorger Trost.

Möglich wurden diese Verbesserungen in der medizinischen und pflegerischen Versorgung schwerkranker Menschen auch durch  gesellschaftlichen Fortschritt. „Wir gehen heute ein wenig offener mit dem Tod um, wenngleich das Sterben nach wie vor ein großes Tabuthema ist“, sagt Pfisterer.

 

Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten muß beachtet werden

Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten ergibt sich aus dem Persönlichkeitsrecht. Es begründet die selbstverantwortliche Mitwirkung des Patienten an der Wiederherstellung seiner Gesundheit.

Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten und der ärztlich gebundene Behandlungsauftrag können in Widerspruch zueinander treten, wenn der Patient vom Arzt für erforderlich gehaltene Maßnahmen ablehnt oder wenn der Patient den Wunsch zu medizinischen Maßnahmen äußert, welche der Arzt nicht verantworten kann. Wenn es um die Entscheidung über die Vornahme eines vom Arzt für erforderlich gehaltenen Eingriffs geht, hat das Selbstbestimmungsrecht des Patienten Vorrang.

Der Arzt ist gehalten, den Patienten über die Folgen der Ablehnung eines ärztlich gebotenen Eingriffs aufzuklären, hat jedoch die Maßnahme zu unterlassen, wenn der Patient darauf besteht.

Der Wunsch des Patienten zur Vornahme einer bestimmten Maßnahme ist für den Arzt nicht verbindlich, wenn der Arzt diese Maßnahme medizinisch nicht vertreten kann. Denn der Arzt ist nicht bloßer Auftragnehmer des Patienten. Der Arzt folgt vielmehr seinem durch das ärztliche Berufsverständnis und das Berufsrecht geprägten Behandlungsauftrag.

Das Gebot der Menschlichkeit begründet auch das Recht des Arztes, bei aller gebotenen Aufklärung dort eine Grenze zu ziehen, wo eine schonungslose Offenbarung ärztlich nicht zu vertreten wäre.

(Quelle: Bundesärztekammer: Auszug aus dem gesundheitspolitischen Programm der Deutschen Ärzteschaft)

Foto: Nicht allein: Sterbenskranke Menschen müssen heute keine Schmerzen mehr erleiden und auch nicht ohne Beistand den letzten Weg gehen.


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