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26.04.08 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-08 vom 26. April 2008

Ach, sehen Sie mal! / Was Hamburger CDU-Wähler gegen Julklapp haben, worüber sich Renate Künast freut,  und warum es den Engländern stinkt
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

In Hamburg wird jetzt gefeiert. Die sauren Zeiten von „Sparen und Haushalt sanieren“ oder  „Vorschriften entrümpeln und Wirtschaft fördern“ sind überstanden. Nun werden erstmal die Geschenke ausgepackt. Alle kriegen mehr: Junge und Alte, Kinder und Studenten, Schule und Kultur ... das Geld wird sprudeln wie Wasser aus der Alsterfontäne.

Nur Autofahren wird natürlich teurer (Umweltzone, eventuell eine City-Maut). Und später mal Steuerzahler sein könnte ebenfalls happig werden in der stolzen Stadtrepublik. Denn die Rechnungen für staatliche Spendierorgien treffen bekanntlich mit einigen Jahren und Jahrzehnten Verspätung ein.

Aber davon redet jetzt noch keiner. Macht keinen Spaß, so eine Party, wenn man mitten im Gelage schon an den Kater von morgen früh denkt.

Die Schattenseite der meisten Partys ist, daß immer welche dabei sind, die man aus irgendeinem Grunde einladen mußte. Obwohl man schon weiß, daß es langweilige Typen sind, die auf die Stimmung drücken.

Die berüchtigten „Spaßbremsen“ sitzen dann auf dem grauen Sofa in der Ecke, muffeln lustlos auf den teuren Häppchen herum und beschweren sich über die fröhliche Feierlaune der anderen („alberne Gören!“), angeln in der Suppe nach Haaren oder fragen gar grimmig: „Wer soll das alles bezahlen?“

Auf dem Sofa sitzen zahlreiche Hamburger CDU-Wähler, deren Appetit schon nach der Vorsuppe, den schwarz-grünen „Sondierungsgesprächen“, im Abklingen begriffen war. Sie fühlen sich ziemlich überrollt von den lärmenden Hochrufen, die ihre Parteioberen auf die neue Zeit ausbringen.

Derart baff sind viele von ihnen, daß sie noch nicht mal laut mäkeln. Höchstens tuschelnd beichten sie sich gegenseitig ihre Verwirrung: Was haben wir da eigentlich gewählt? Waren wir in der Kabine betrunken und haben aus Versehen ganz was anderes angekreuzt?

Die Wähler der Grünen sind dagegen hin und weg vor Hochgefühl. Sie fühlen sich wie Hausbesetzer, die sich halb schüchtern, halb angriffslustig ins Gebäude geschlichen haben, wo sie heftige Auseinandersetzungen erwarteten. Nun erwartete sie stattdessen der gutmütig strahlende Eigentümer im Salon, übergab ihnen die Schlüssel und zeigte ihnen gleich den Weg zum Kühlschrank, vor dem sie nun schmausend hocken, die Buttercreme auf den vor Vergnügen rosigen Wangen.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, freute sich so feurig mit ihren Hamburger Parteifreunden, daß sie im Deutschlandradio glatt von der „rot-grünen Landesregierung“ in Hamburg schwärmte. Als  sie die Journalistin darauf aufmerksam machte, daß in der Hansestadt aber eine schwarz-grüne Koalition gebildet worden sei, staunte die Frau Künast nicht schlecht: „Ach, sehen Sie mal!“

Ja, da schau her! Sätze wie dieser Künast-Lapsus sind das Salz in der Wunde der konservativen CDU-Anhänger. Sie bangen um die Identität ihrer Partei. Angela Merkel versucht zu beruhigen. Neulich nannte sie einige programmatische Kernsätze, an denen verwirrte Unionsanhänger neue Orientierung finden können: „Ich finde, man muß dafür sorgen, daß es eine erfolgreiche Wirtschafts- und Sozialpolitik gibt. Aber man muß auch vernünftige Grenzen setzen. Ich verteidige leidenschaftlich die Existenzberechtigung von Betrieben.“ Und dann sagte sie noch: „Ich bin für einen fairen Ausgleich zwischen den Generationen.“

Darauf haben wir gewartet! Endlich ein klares Wort, mit dem die Kanzlerin sich und ihrer Partei wieder politisches Profil verschafft und von der SPD abgrenzt und ... das heißt ... wie dumm, Verzeihung! Das Zitat ist von Kurt Beck und steht im „Spiegel“ von dieser Woche. Ach, sehen Sie mal! Wenn man nicht täglich den Schreibtisch aufräumt ...

Andererseits, machen wir uns nichts vor: Hätten wir die Verwechslung auch so bemerkt? Wählen gehen ist immer noch ein erfüllendes Erlebnis für jeden Demokraten, nur fühlt es sich heute anders an als früher, mehr so wie Julklapp spielen: Man gibt was hinein, dann drehen sich die Dinge kunterbunt im Kreis herum und am Ende gibt’s eine kleine Überraschung.

Dabei ist es Sitte, die Präsente alle gleich zu verpacken, damit auch wirklich keiner erkennt, was drin ist, der Spannung wegen. Da sieht dann was Schwarz-Grünes von außen aus wie was Rot-Grünes oder was von Beck wie was von Merkel oder was von Rüttgers wie was von Lafontaine oder umgekehrt oder ... egal.

Na ja, ganz egal ist es dann wieder nicht. Das Fußvolk der Demokratie, die Mitglieder und treuen Anhänger der Parteien, hätten schon gern ein wenig Richtung, sehnen sich eben nach Identität.

Die ist wichtig. Wie sehr, merkt man erst, wenn sie sich verflüchtigt hat. Bisweilen kommt die Identität ganzen Völkern abhanden.

Für unsere englischen Nachbarn war schon der Verlust des Empires ein herber Schlag für ihre Identität. Kürzlich setzten sich dann noch die Schotten und Waliser von ihnen ab und gönnten sich eigene Parlamente.

Macht nichts, Parlamente haben unsere Bundesländer doch auch, möchte der unbedarfte Deutsche einwenden. Ja, nur England hat eben kein eigenes Parlament bekommen im Unterschied zu Schottland und Wales und liegt daher nun wie übriggeblieben auf der Insel herum.

Doch die Geschichte findet immer einen Ausweg. Für ein Volk, das sich seiner gewachsenen Identität beraubt wähnt, bietet sie eine wunderbare Ersatzmedizin an: Paranoia.

Die wirkt hervorragend, macht aber leider abhängig. Nicht nur wir Deutschen nehmen ein bißchen viel von dem Identitätsersatz, auch die Engländer sind paranoiasüchtig. Einmal drauf auf der Droge, erschnuppern sie das allgegenwärtige Böse in jedem Winkel der Welt.

„Das Böse“ heißt auf englisch „the german“. In der glasigen Vorstellung vieler Engländer jagt es in immer neuen Schüben über ihre Heimat.

Als es dieser Tage buchstäblich zu stinken begann in England, haben sich die Söhne Albions nicht etwa auf den Weg gemacht, ihre maroden Abwasserkanäle zu inspizieren, sondern hatten umgehend eine schlüssige Erklärung für den Kloakendunst: Die „deutschen Schweine“ verpesten Englands Luft, schäumte die „Daily Mail“.

Deren Exkremente würden nämlich gerade massenhaft auf die germanischen Felder ausgebracht, von dort setze sich die Wolke in Bewegung und lande, wo sonst, in England.

Wie sehr deutsche Luft englische Gemüter durcheinanderbringt, dafür liefert uns die „Bild“-Zeitung den fotographischen Beweis in Form eines Bildes, auf dem eine britische Unteroffizierin splitternackt mit vier männlichen Kameraden posiert. Stationierungsort: Paderborn, Germany. Die jungen Soldaten machen dabei einen reichlich angeschickerten Eindruck – offenkundig betäubt von den Abgasen westfälischer Äcker.

Was uns wundert ist, daß die Holländer gar nichts gemerkt haben von dem Luft-Angriff, da muß er doch durchgekommen sein! Haben die sich alle rechtzeitig in ihre Gewächshäuser geflüchtet?

Zudem: Wo kommt eigentlich hin, was den Borstentieren Hollands und Englands entweicht? Was England betrifft, kriegten wir die Antwort vor ein paar Jahren durch die Medien geliefert: Das bleibt liegen, wo es hinfällt. Während der BSE-Krise präsentierte sich Großbritannien als das Land der mit Abstand schmutzigsten Tierfarmen Europas.

Im Fernsehen sahen wir gräßliche Bilder von riesigen Bergen aus Tierkadavern, die überall in England brannten. Der schwarze Qualm verdüsterte den Himmel wie auf einem apokalyptischen Renaissance-Gemälde. Kurze Zeit später erließ Nachbar Irland das strengste Rauchverbot in der EU.


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