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03.05.08 / Geheimsache Europa / Bundestag schleuste Reformvertrag an den Deutschen vorbei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-08 vom 03. Mai 2008

Geheimsache Europa
Bundestag schleuste Reformvertrag an den Deutschen vorbei
von Klaus D. Voss

Das Thema des Jahres ging an den Bundesbürgern vorbei: Der Bundestag hat mit einer Debatte zur Europäischen Union, die eher ein Festakt war, die Bundesrepublikaner fest in das Geflecht der EU-Verträge eingebunden – und kaum jemand weiß, worum es geht. Erst wenige Tage vor der Debatte im Bundestag zur Ratifizierung der neuen EU-Grundordnung war die deutsche Fassung des Reformvertrages veröffentlicht worden. Wer will allein deswegen noch daran  zweifeln, daß eine bestimmte politische Elite das Thema EU für sich reserviert und die Bürger außen vor hält?

Diese Elite, eine geschlossene Gesellschaft von Europabeamten. Lobbyisten, Unternehmern und Politikern, profitiert überwiegend direkt von der Europäischen Einigung. Auf der anderen Seite: Nicht einmal einen Funken von Bemühen gab es, für Europa zu werben, Chancen oder Gefahren herauszustellen. Hätte die Regierung den Mut gefunden, die EU-Reform einer Volksabstimmung zu unterwerfen, dann hätte Europa niemals als Geheimsache abgehandelt werden können.

Statt dessen hatte sich die Große Koalition auf die noch größere Koalition der Ja-Sager verlassen können: 514 Abgeordnete billigten das Ratifizierungsgesetz und die damit verbundenen Grundgesetzänderungen, 58 Parlamentarier lehnten dies ab, eine Enthaltung. Sieben Nein-Stimmen kamen aus der Unionsfraktion (Willy Wimmer aus der CDU sowie Alexander Dobrindt, Herbert Frankenhauser, Peter Gauweiler, Paul Lehrieder, Georg Nüßlein, Marion Seib, alle CSU), die anderen von der Links-Partei und unabhängigen Abgeordneten. Der aus der CDU ausgeschlossene Parlamentarier Henry Nitzsche verglich den EU-Vertrag mit einem „neuerlichen Ermächtigungsgesetz“ und handelte sich laute Zwischenrufe ein.

Im Mai muß der Bundesrat noch dem Ratifizierungsgesetz zustimmen. Der CSU-Abgeordnete Gauweiler will abwarten, ob die Länderkammer erreichen kann, die letzten Entscheidungen den deutschen Parlamenten vorzubehalten, die Stellung des Bundesverfassungsgerichtes als höchste maßgebliche Instanz zu erhalten und die Finanzforderungen aus Brüssel einzuschränken. Wenn nicht, will er erneut Klage in Karlsruhe einreichen. Die notwendige Prüfung durch die Verfassungsrichter kann den EU-Zeitplan aus dem Takt bringen. Bis zum Jahresende sollten eigentlich alle 27 Mitgliedstaaten den Reformvertrag ratifiziert haben, damit er 2009 in Kraft treten kann. Mehr noch: Scheitert der Vertrag auch nur in einem EU-Staat, dann ist das gesamte Reformwerk dahin.

Auch in Tschechien haben jetzt die Verfassungsrichter das Wort – sie müssen entscheiden, ob der EU-Vertrag mit der Verfassung des Landes in Einklang steht. Die höchste Hürde muß die EU-Reform am 12. Juni in Irland nehmen, dem einzigen Land, in dem ein Referendum abgehalten wird. Und in Irland nimmt die einmal sicher geglaubte Zustimmung dramatisch ab: Nach einer Umfrage aus der Dubliner „Sunday Business Post“ stehen nur noch 35 Prozent der Iren zur EU-Reform, 31 Prozent sind dagegen. Vor acht Wochen waren noch 43 Prozent Befürworter, die Gegner machten 24 Prozent aus. Es wird auf jeden Fall spannend.


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