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03.05.08 / Grenzenlos politisiert / Die Organisation »Reporter ohne Grenzen« hat viele Geldgeber

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-08 vom 03. Mai 2008

Grenzenlos politisiert
Die Organisation »Reporter ohne Grenzen« hat viele Geldgeber
von Mariano Albrecht

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) muß mit uns rechnen, auf jedem Kilometer, den die Flamme zurück-legt, wird es Probleme geben.“ Die Worte stammen von dem Franzosen Robert Ménard, dem Gründer der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (RoG), die wie auch andere Menschenrechtsorganisationen mit gezielten Aktionen den olympischen Fackellauf mit Stör- und Protestaktionen begleitet.

Doch das politische Engagement der Organisation gegen den kommunistischen Unrechtsstaat China stößt nicht nur bei vielen Journalisten auf Unverständnis. Auch bei vielen Regierungen verspielt sich die Organisation die Rücken-

deckung, weil die Aktionen als Einmischung in die inneren Angelegenheiten gewertet werden. Robert Ménard ist von den Chinesen mit einem Einreiseverbot belegt worden. Wird der Organisation der Zugang zu Staaten, in denen Journalisten gefährdet sind, verwehrt, gerät die eigentliche Arbeit von „Reporter ohne Grenzen“ in Gefahr.

Das Ziel von „Reporter ohne Grenzen“ ist es, sich weltweit gegen die Zensur der Presse durch Regierungen und Machthaber einzusetzen und für Presse- und Meinungsfreiheit einzutreten. „Reporter ohne Grenzen“ unterstützt politisch verfolgte Kollegen im Kampf um das Recht auf freie Berichterstattung, Straffreiheit und die Freilassung von im Zusammenhang mit ihrer journalistischen Tätigkeit inhaftierten Journalisten. Doch die Teilnahme an politischen Aktionen, die nicht im Zusammenhang mit dem Kernziel der Organisation stehen, geben Anlaß zur Frage: Ist „Reporter ohne Grenzen“ unabhängig und frei von politischer Einflußnahme? Wie weit dürfen sich, eigentlich zur Neutralität verpflichtete Journalisten politisch engagieren und auch zum politischen Akteur in dem Arbeitsumfeld werden, aus dem sie berichten?

Ist das Engagement für die Freilassung des von den Chinesen zu drei Jahren Haft verurteilten Internetdissidenten Hu Jia ebenso zu begrüßen wie das Eintreten für eine freie Berichterstattung aus Tibet oder die ungehinderte Arbeit von Journalisten im Reich der Mitte, nicht nur im Umfeld der Olympischen Spiele, so scheint es doch fragwürdig, daß die Reporterorganisation sich auch politisch positioniert und damit gegen das journalistische Gebot der Neutralität verstößt. Das Problem ist der Berufsstand. Zum journalistischen Ethos gehört es, daß sich ein Journalist ungeachtet seiner persönlichen Meinung um die Wahrheit bemüht und daß ein Journalist es transparent macht, wenn er seine persönliche Meinung vertritt. Verfolgt Reporter ohne Grenzen politische Absichten?

Der Gedanke liegt nahe. International zählt RoG zwar zu den Nichtregierungsorganisationen (NGO), doch fern jeglicher Regierung und poltischer Einflüsse scheint Reporter ohne Grenzen nicht. Das wird mit einem Blick auf die Finanzierung deutlich. Neben der EU (15 Prozent) finanziert auch der französische Staat elf Prozent des Gesamtbudgets von RoG (2003). Hinzu kommen Gelder von Mäzenen wie dem US-Multimilliardär George Soros, der bereits die polnische Gewerkschaft Solidarnosc mit Millionen US-Dollar unterstützte, dem Pharmakonzern Sanofi-Aventis, dem Rüstungsindustriellen und Medienzar Serge Dassault und dem Medienkonzern Vivendi (zwölf Prozent). Vier Prozent schöpft RoG aus Spenden, zehn Prozent aus sogenannten punktuellen Aktionen. 48 Prozent sollen aus dem Erlös von Publikationen stammen. Zielscheibe der Kritik wurde allerdings ein ganz anderer Posten, über den sich der ehemalige Extremlinke Ménard lange ausschwieg, bis es nicht mehr abzustreiten war.

Die US-amerikanische Journalistin Diana Barahona deckte im Jahr 2005 auf, daß Reporter ohne Grenzen eine nicht unerhebliche Summe vom National Endowment for Democracy (NED), einer Stiftung für Demokratie aus den USA, erhält. Nun ist NED nicht irgendeine Stiftung, die Verwicklungen sind brisant.

Die NED-Stiftung dient offiziell der Beförderung der Demokratie und zur Verwaltung öffentlicher Mittel. Diese kommen direkt aus dem US-Haushalt, aus dem Budget des Außenministeriums. Soweit so gut, doch NED steht nach Aussagen eines ehemaligen CIA-Mannes nicht gerade für die Förderung von journalistischer Neutralität, sondern direkter politischer Einflußnahme, was dem eigentlichen Zweck einer Reporterorganisation zuwider läuft. Mit Hilfe von NED-Geldern wurden bereits kubanische Castro-Gegner finanziert, auch in anderen lateinamerikanischen Konflikten flossen Stiftungsgelder für Aktionen, bei der auch die CIA ihre Finger im Spiel hatte. Nachdem RoG-Chef Ménard den Geldfluß nicht mehr leugnen konnte, kommentierte er mit den Worten: „Ganz genau, wir bekommen Geld von der NED, und das bereitet uns kein Problem.“

Kein Problem bereitet dem Frontmann der „Reporter ohne Grenzen“ offensichtlich auch die Wahrnehmung, daß bei der Bewertung von Pressefreiheit allzu häufig eine deutliche Übereinstimmung mit der US-Politik festzustellen ist.

Die 1999 bei einem Nato-Luftangriff auf die jugoslawische Fernsehstation RTS getöteten 16 Journalisten wurden in keinem Jahresbericht der Organisation erwähnt. Jahrelang verschwieg die RoG den Fall des im Dezember 2001 auf einer Dienstreise nach Afghanistan in Pakistan entführten, schwer gefolterten und am 13. Juni 2002 nach Guantánamo verbrachten Kameramanns von El-Dschasira, Sami El-Haj. Im Jahr 2003 wurde Reporter ohne Grenzen für ein Jahr die Beraterfunktion der UN-Menschenrechtskommission entzogen, weil RoG die Übernahme der Präsidentschaft der UN-Menschenrechtskommission durch das totalitär regierte Libyen heftig kritisiert hatte.

Daß die Arbeit von „Reporter ohne Grenzen“ wichtig und unterstützenswert ist, soll nicht bezweifelt werden. Doch von einer politischen Unabhängigkeit ist „Reporter ohne Grenzen“ weit entfernt.

Foto: Handschellen statt olympischer Ringe: „Reporter ohne Grenzen“ klagt an.

 

Zeitzeugen

Lothar Loewe – Der 1929 in Berlin geborene Journalist war ARD-Korrespondent in Washington, Moskau und Ost-Berlin. Von der SED wurde er Ende 1976 ausgewiesen, weil er in einem Kommentar gesagt hatte: „Hier in der DDR weiß jedes Kind, daß die Grenztruppen den strikten Befehl haben, auf Menschen wie auf Hasen zu schießen.“ Kurz zuvor hatte Loewe ausführlich über die Selbstverbrennung des Pfarrers Oskar Brüsewitz berichtet.

 

Anna Politkowskaja – Die Ermordung der 1958 geborenen russischen Journalistin am 7. Oktober 2006 gilt als schwerer Schlag gegen die Pressefreiheit in Rußland. Politkowskaja hatte besonders kritisch über den Tschetschenienkrieg berichtet. Seit Jahren schon hatte sie Drohungen erhalten. Die Mordtat ist bis heute nicht aufgeklärt worden.

 

Peter Arnett – Der 1934 in Neuseeland geborene US-Kriegsreporter machte weltweit Furore, als er als zeitweise einziger Ausländer 1991 aus dem bombardierten Bagdad berichtete – ein internationaler Durchbruch auch für den damals erst elf Jahre alten, in Deutschland bis dahin weithin unbekannten Sender CNN. Arnett erhielt 1966 den Pulitzer-Preis für seine Reportagen aus Vietnam.

 

Oriana Fallaci – Die streitbare Italienerin (1929–2006) war mit ihrem Vater bereits als Kind im Widerstand gegen Mussolini und seine deutschen Verbündeten. Bis zum Lebensende war Unterdrückung jeder Art ihr Feind. 2001 lebte sie in New York, wo sie unter dem direkten Eindruck der Anschläge vom 11. September den Aufsatz „Die Wut und der Stolz“ schrieb. Darin nennt sie den Islam an sich eine aggressive, auf Weltherrschaft ausgerichtete Religion – anders als ihre Kritiker, die lediglich den radikalen Islamismus für gefährlich halten.

 

Robert Capa – Der 1913 in Budapest geborene Capa zählt zu den bekanntesten Kriegsfotografen des 20. Jahrhunderts. Er fotografierte den Spanischen Bürgerkrieg, den japanisch-chinesischen Krieg, den Zweiten Weltkrieg und schließlich den ersten Indochinakrieg. Dort starb er, nachdem er am 25. Mai 1954 auf eine Landmine getreten war.


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