25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.05.08 / Neue Nahrung für Spekulanten / Bio-Sprit förderte das gute Gefühl des Westens und verteuerte rasant Lebensmittel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-08 vom 03. Mai 2008

Neue Nahrung für Spekulanten
Bio-Sprit förderte das gute Gefühl des Westens und verteuerte rasant Lebensmittel
von Hans Heckel

Die Deutschen nahmen den teuren Biokraftstoff als einzigen Ausweg aus einer „Klimakatastrophe“ hin. Sie ließen es schuldbewußt über sich ergehen, daß auf ihre Kosten Milliarden in die Förderung von Treibstoffen aus nachwachsenden Quellen wie Raps, Mais, Soja, Weizen, Palmöl, Zuckerrohr oder Zuckerrübe gesteckt werden. Dabei gilt: Immer, wenn in einen funktionierenden Markt steuernd eingegriffen wird, wie in den Agrarmarkt zwecks Biospritproduktion, ruft dies Spekulanten auf den Plan.

Immerhin täten sie etwas Gutes, dachten die deutschen Verbraucher. Dem guten Gefühl setzte eine dramatische Kehrtwende in der Berichterstattung ein Ende. Nun hieß es auf einmal: Weil die Biokraftstoffnachfrage Produkte verschlinge, die eigentlich für Nahrung und Futtermittel vorgesehen seien, seien die Biospritverbraucher Schuld am rapiden Anstieg der Nahrungsmittelpreise. Und den Europäern gehe es noch gut. In der Dritten Welt tobten Hungerkrisen und Revolten, die durch den Biokraftstoffbedarf der Industrieländer ausgelöst worden seien. Es klingt alles ganz logisch: Was im Tank verschwindet, kann nicht auf den Teller gelangen.

Aber die Preisexplosion sollte nicht bei Biosprit-tauglichen Rohstoffen stehen bleiben.

Milch wurde plötzlich teurer. Doch auch hierfür war schnell eine Begründung gefunden, die jeder verstand: Die Chinesen und Inder verzehrten wegen ihres gewachsenen Wohlstandes mehr Milch und Milchprodukte, weshalb das Angebot mit der Nachfrage nicht mehr mitkomme.

Doch nun das: Über Nacht sehen die Deutschen Bilder von demonstrierenden Milchbauern, die sich über verfallende Preise beschweren.

Ist den Asiaten nach kurzem Überschwang das Milchtrinken wieder vergangen?

Die erstaunliche Wende beim Milchpreis einerseits und die anhaltende Hochphase bei den Preisen für wichtige Feldfrüchte andererseits läßt nur den Schluß zu, daß andere Faktoren im Spiel sind als „objektive“ und quasi unabwendbare Marktgesetze von Angebot und Nachfrage. Vielmehr spricht einiges dafür, daß die Preise etlicher Feldfrüchte künstlich hochgehalten werden.

Die Fonds großer Finanzinvestoren haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten gewaltige Geldsummen angesammelt, die ständig gewinnbringend angelegt werden wollen.

Dabei hat sich ihr Augenmerk in der jüngsten Vergangenheit verstärkt auf Agrarprodukte gerichtet, die auf den Weltmärkten ebenso gehandelt werden wie Öl, Gold, Devisen oder Aktien.

Beispiel Weizen: Seit 1997 stagnierte der Weltmarktpreis zehn Jahre lang auf dem nahezu gleichen Niveau. Mitte 2007 dann die dramatische Wende: Just ab dem Moment, als die Kapitalmärkte im Sog der Kreditkrise ins Wanken gerieten, schoß der Weizenpreis auf das Zweieinhalbfache.

Offenbar haben Händler, die das Geld ihrer milliardenschweren Anleger vor den Ausschlägen der Kreditkrise in Sicherheit bringen wollten, nun auf Agrarprodukte als neues Spekulationsobjekt gesetzt.

Solche Preissprünge sind jedenfalls nie und nimmer durch eine echte Verknappung des Angebots (etwa durch Ernteausfälle in wichtigen Anbauregionen) oder gestiegene reale Nachfrage (sei es durch den fortschreitenden Biokraftstoffbedarf oder veränderte Nahrungsgewohnheiten in China) zu erklären. Alles deutet vielmehr auf eine gewaltige Spekulation an den längst weltweit vernetzten, von großen „Playern“ beherrschten Märkten für Weizen und andere Agrarprodukte hin.

Dabei kann nicht verhehlt werden, daß Biokraftstoffe ihren Anteil an den Preissteigerungen haben.

Ebenso wie, welcher Hohn, Regenwälder abgeholzt werden, um Flächen für Soja- oder Palmölplantagen zu schaffen, die den steigenden Bedarf für angeblich ökologischen Biossprit bedienen.

Die neuen Nachfrager für Agrarprodukte wie Soja oder Weizen haben den Markt für diese Agrarprodukte aber höchstens interessanter gemacht für Spekulation. Rasanz und Ausmaß der jüngsten Preissteigerungen sind mit zusätzlicher realer Nachfrage aber nicht zu erklären.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren