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03.05.08 / Ewig lockt Afghanistan / Schon Alexander der Große kämpfte dort

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-08 vom 03. Mai 2008

Ewig lockt Afghanistan
Schon Alexander der Große kämpfte dort
von Wolf Oschlies

Das Bukarester Nato-Treffen hat es erneut demonstriert: Nach fünfjähriger Präsenz in Afghanistan ist die Nato ratloser denn je, wie sie diese unwirtliche Region militärisch befrieden kann. Die 3200 deutschen Soldaten, die im afghanischen Norden einen „guten Job“ verrichten, sollen auch im umkämpften Süden eingreifen. Die Bundesregierung sträubt sich, die USA drängen (nicht mehr), Nato-Generalsekretär de Hoop Scheffer hätte die Debatte gern leiser und versteckter.

Die Nato folgt den Wegen, die vor 2300 Jahren Alexander der Große ging, aber sie kann nicht wie dieser von sich sagen: „Et vincere et consulere victis scio“ – Ich weiß zu siegen und mit Besiegten umzugehen. So berichtete es um 50 n. Chr. der römische Erfolgsautor Curtius Rufus in seiner großen Alexander-Biographie. Alexander besiegte im Oktober 331 v. Chr. endgültig seinen Erzfeind Dareios, Großkönig von Persien, der in seine östlichsten Satrapien flüchtete. Die dortigen Machthaber, angeführt von Bessus, nahmen ihn gefangen und töteten ihn. Das empfand Alexander als Vergehen an königlicher Majestät, und als Bessus selber zur Königskrone griff, mußte Alexander 329 ordnend eingreifen.

Eingreifen in Bactria und Sogdiana, die mit dem größeren Teil des heutigen Afghanistans identisch sind und damals Alexander drei weitere Kampfjahre kosteten. Was Rufus über die Regionen am Fuße des Parapamisus (Hindukusch) und an den Flüssen Oxos (Amudarja) und Jaxartes (Syrdarja) berichtet, sollte noch heute aufhorchen lassen: Geographie kann man nicht ändern, und Menschen scheinen ihre Lebensart geographischen Gegebenheiten anzupassen.

„Sogdiana regio majori ex parte deserta est“ – Sogdiana ist zum größten Teil eine Wüste, und Bactria ist auch nicht viel einladender: „Bactrianae terrae multiplex et varia natura est“ – Bactria ist vielgestaltig und abwechselungsreich, überwiegend aber eine Ödnis, die „non hominem, non frugem alit“ weder Mensch noch Frucht wachsen läßt. Kalt, unfruchtbar, durch Windstürme weglos und nur zu erschließen, wenn man „navigantium modo noctu sidera observant“ – nach Art der Seefahrer nachts die Sterne beobachtet. Winters lastet tiefer Schnee auf dem Land, Alexanders Soldaten, die nur mediterrane Wärme kennen, frieren die Füße ab, erblinden die Augen, und wen der Frost fällt, den bringt auch größte Kraftanspannung nicht wieder auf die Beine.

Mangel, Frost, Erschöpfung, Verzweifelung. Und dabei immer die Ungewißheit zu spüren, ob diese „omnis humani cultus solitudo“ (von aller menschlichen Kultur ferne Region) mit militärischen Mitteln allein zu beherrschen sei.

Alexander hat es geschafft. Als er 323 v. Chr. starb, blieben Sogdiana und Bactria noch zwei Jahrhunderte eine wirtschaftlich blühende Brücke zwischen hellenischer und altasiatischer Kultur.

Etwas in der Art sucht die internationale Gemeinschaft für das heutige Afghanistan.

Aber da hat der Betrachter den Eindruck, daß diese Suche nicht den Rat von Curtius Rufus beherzigt: „Nihil autem potest diuturnum, cui non subest ratio“ – Nichts kann von Dauer sein, dem Vernunft fehlt.


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