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03.05.08 / Familien müssen Kinder aufklären / Jette Joop wirbt für Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs, doch der Nachwuchs ist unwissend

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-08 vom 03. Mai 2008

Familien müssen Kinder aufklären
Jette Joop wirbt für Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs, doch der Nachwuchs ist unwissend
von Haiko Prengel

Was „Safer Sex“ ist, hat sich in Deutschland weitgehend herumgesprochen. Immerhin verwenden die meisten frisch verliebten Paare auch Kondome, denn sie verhindern nicht nur eine ungewünschte Schwangerschaft, sondern auch eine HIV-Infektion. Was in der öffentlichen Wahrnehmung der vergangenen Jahre aber offenbar völlig unterging, ist die Tatsache, daß man sich beim Geschlechtsverkehr auch noch mit einer ganzen Reihe anderer Krankheiten anstecken kann – spätestens dann, wenn das Pärchen gemeinsam einen HIV-Test gemacht hat und von da an auf Kondome verzichtet.

Experten fassen diese Krankheiten unter dem Begriff Sexually Transmitted Disease (STD) zusammen. Und dazu gehören weit mehr als die Klassiker Tripper und Syphilis: „Die Konsequenzen ungeschützten Geschlechtsverkehrs jenseits von HIV sind kaum bekannt oder werden dramatisch unterschätzt“, sagt Professor Gerd Gross, Dermatologe am Universitätsklinikum Rostock und Vorsitzender der Deutschen STD-Gesellschaft.

So wissen die wenigsten, daß STD auch Herpes- und Hepatitis-Viren einschließt. Vor allem letztere stellen laut Gross „ein Riesenproblem“ dar. Denn sie können Leberentzündungen und Leberzellkrebs verursachen. Humane Papillomaviren (HPV) gehören ebenfalls dazu, die Gebärmutterhalskrebs sowie im Genital- und Analbereich die Bildung von Warzen und Karzinomen hervorrufen können. Die deutsche Designerin Jette Joop warb daher im Fernsehen dafür, daß Mütter ihre Töchter impfen lassen.

Aber auch Chlamydien werden durch Geschlechtsverkehr übertragen – Bakterien, die zu chronischen Entzündungen sowie Unfruchtbarkeit bei der Frau und beim Mann führen können.

„Wegen Chlamydien werden etwa 100000 Kinder nicht geboren“, sagt Gross. Wie viele Menschen in Deutschland mit den Bakterien infiziert sind, ist unklar. In Deutschland fehlt es an flächendeckenden Erhebungen, weswegen die Infektionszahlen nur geschätzt werden können. Fallstudien haben allerdings ergeben, daß etwa in Berlin zehn Prozent aller 17jährigen Schülerinnen die Keime in sich tragen.

Gross zufolge denken viele Menschen in Deutschland immer noch, daß man Kondome einzig deshalb benutzt, um keine Kinder zu bekommen. Das erklärt zum einen, warum die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland beständig steigt und 2007 einen neuen Höchststand erreicht hat. Es ist aber auch der maßgebliche Grund dafür, warum sexuell übertragbare Infektionen und Krankheiten in Deutschland zu einem immer größeren Problem werden.

Immerhin lassen sich viele der sexuell übertragbaren Krankheiten relativ gut behandeln.

Martin Ludwig, ein niedergelassener Urologe in Marburg, behandelt meist Harnröhrenentzündungen in Folge von Chlamydien und Mykoplasmen.

Es treffe Frauen wie Männer und die Symptome seien in etwa die gleichen wie bei einer Blasenentzündung, erläutert der Mediziner: Ausfluß und Schmerzen beim Wasserlassen. Männer kommen darüber hinaus des öfteren mit einer Nebenhodenentzündung in seine Praxis.

Viele Patienten merken Ludwig zufolge sogar nicht einmal, daß sie sich mit STD angesteckt haben. Denn die Infektion, beispielsweise mit Chlamydien, kann durchaus symptomfrei verlaufen. „An andere Menschen weitergeben können sie die Erreger natürlich trotzdem“, betont der Urologe.

Weil die wenigsten ihr ganzes Leben lang ein Kondom benutzen wollen, rät Experte Gross Paaren – neben einem HIV-Test – zu einer STD-Kontrolluntersuchung vor dem ersten ungeschützten Geschlechtsverkehr. Dies kann beim Gynäkologen, einem Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten oder einem Urologen erfolgen. Beide Partner sollten dann auf die „ganze Palette“ sexuell übertragbarer Infektionen und Krankheiten untersucht werden, sagt Gross.

Allgemein empfiehlt er darüber hinaus, bei Veränderungen im Genitalbereich frühzeitig einen jener Fachärzte aufzusuchen. Je eher eine sexuell übertragbare Krankheit erkannt werde, desto geringer sei das Risiko, später an einer Komplikation derselben zu leiden.


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