20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
10.05.08 / Jobmotor Traumschiff / Kreuzfahrtbranche schafft Tausende neuer Stellen in Mecklenburg-Vorpommern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-08 vom 10. Mai 2008

Jobmotor Traumschiff
Kreuzfahrtbranche schafft Tausende neuer Stellen in Mecklenburg-Vorpommern
von Patrick O’Brian

Ein Ehepaar steht vor dem Schaufenster eines Reisebüros in den Schönhauser Alleearkaden in Berlin. „Schau mal. So etwas wollten wir doch schon immer mal machen.“ Eine Elf-Tage-Seereise für 1500 Euro in einer Außenkabine – nach Norwegen. Los geht es in Hamburg mit der „Aura“ aus der Aida-Flotte. Ohne viel Federlesens stürmen die beiden Rentner in das Reisebüro und buchen.

Von „so etwas“ wie einer Kreuzfahrt träumen immer mehr Deutsche, gerade auch Senioren. Wer hätte schon gedacht, daß Kreuzfahrten a la ZDF-Traumschiff einmal so günstig werden würden, daß Millionen Deutsche sie sich leisten können?

Es geht auch noch billiger als mit Aida. Berliner haben gerade mit der letzten Post-Werbung (Einkauf-Aktuell) am vergangenen Wochenende ein Kreuzfahrtangebot nach Oslo in den Briefkasten bekommen: Fünf Tage für knapp 500 Euro. Und im Mittelmeer schippern seit drei Jahren zwei Schiffe der Easycruise-Linie (Schwesterfirma der Billigfluggesellschaft Easyjet), die Übernachtungen an Bord schon ab 30 Euro anbietet.

Kreuzfahrten haben Konjunktur in Deutschland. Es muß ja nicht immer Mallorca sein. Gerade wenn die Kinder aus dem Haus sind und die Lust auf den typischen Strandurlaub etwas nachläßt, dann kommen vielen Kreuzfahrtangebote gerade recht. 700000 Deutsche pro Jahr leisten sich mittlerweile diesen Spaß.

Marktführer im deutschsprachigen Raum ist die besagte Aida-Gruppe mit einem geschätzten Marktanteil von 35 Prozent. Sie ist aus der „Deutschen Seerederei“ hervorgegangen, die einst den SED-Staat mit Devisen versorgte. In den 70er Jahren war sie Europas größte Reederei – mit 200 Schiffen.

Dann wurde der VEB „abgewickelt“. Heute gehört er zu einer italienischen Firma. Deswegen laufen die Schiffe auch unter italienischer Flagge. Von 13000 Mitarbeitern mußten nach der Wende 10000 gehen. Aber jetzt wird wieder Personal gesucht.

Es sind Einzelschicksale wie das von Uwe Geithner (51) aus Rostock 1971 hatte er bei der Deutschen Seereederei angefangen. 1990 ging er nach Hamburg. Er fand Arbeit, mußte aber oft raus auf die hohe See. Dann suchte er sich wegen der Familie Arbeit an Land. In Konstanz am Bodensee arbeitete er an der Universität. Wie er haben viele Rostocker ihre Heimat der Arbeit wegen ab 1990 verlassen. Von 250000 Einwohnern hat die Hansestadt seit 1990 50000 verloren.

Doch nun ist Geithner zurück. Seit kurzem arbeitet er auf der „Bella“, dem neuesten Schiff der Aida-Flotte, das am 24. April in Rostock-Warnemünde getauft wurde. Geithner ist als Chefingenieur verantwortlich für die Technik an Bord, vor allem für den 33700-PS-Motor.

Die Aida-Flotte schafft neue Stellen in Deutschland – und zwar genau dort, wo neue Stellen nach jahrelangem Aderlaß dringender gebraucht werden als in den meisten anderen Regionen: Mecklenburg-Vorpommern. Vom Koch über die Masseuse und den Barmann bis hin zum Ingenieur – für jedes Schiff gibt es eine Menge Leute zu rekrutieren. Aida ist bereits einer der größten Arbeitgeber in dem von Arbeitslosigkeit und Abwanderung gezeichneten Land an der Ostsee.

2500 Mitarbeiter hat Aida bereits. Weitere 4000 sollen in den nächsten Jahren dazukommen. Es ist jedes Jahr ein neues Schiff geplant. Die Firmenzentrale hat bereits eine Werbekampagne in Auftrag gegeben, um für Jobs an Bord ihrer Flotte zu werben. Sie rechnet offenbar mit Fachkräftemangel. Auch andere drängen ins Geschäft. TUI-Chef Michael Frenzl sagte in einem Interview in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ über die Umgestaltung seines Touristikkonzerns (20 Milliarden Euro Umsatz): „Wir behalten die Kreuzfahrten, nach dem Luxusgeschäft steigen wir da jetzt in den Volumenmarkt ein, da werden wir in den nächsten Jahren massiv wachsen.“

Was mit Volumenmarkt gemeint ist, ist klar: der Billigmarkt. Mit Millionen Passagieren läßt sich am Ende immer mehr verdienen als mit einer Handvoll Gutbetuchter, auch wenn diese pro Kopf das Vielfache zahlen. Und die Wirtschaft geht davon aus, daß dieser Volumenmarkt stark wächst. Verglichen mit Deutschland machen fast doppelt so viele Briten eine Seereise im Jahr. In den USA sind es sogar über zehn Millionen Menschen. Da ist noch viel Spielraum nach oben drin. Und das ist auch eine gute Nachricht für den Arbeitsmarkt, insbesondere im gebeutelten Mecklenburg-Vorpommern.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren