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10.05.08 / »Welches Geistes Kinder« sind wir? / Paulus: »Der Geist Gottes schenkt Leben und Frieden« – Ein Wort, das besonders auch zu Pfingsten gilt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-08 vom 10. Mai 2008

»Welches Geistes Kinder« sind wir?
Paulus: »Der Geist Gottes schenkt Leben und Frieden« – Ein Wort, das besonders auch zu Pfingsten gilt
von Klaus Plorin

Wer sich von der Selbstsucht bestimmen läßt, ist darauf aus, was die Selbstsucht will. Wer sich dagegen vom Geist Gottes bestimmen läßt, ist auf das bedacht, was der Geist will. Die Selbstsucht führt zum Tod. Der Geist Gottes aber schenkt Leben und Frieden.“     (Römer 8, 5 + 6)

An jedem Pfingstfest erinnern wir uns dankbar daran, daß Gott und Jesus Christus auch heute ihren Heiligen Geist der Liebe, des Vertrauens und der Hoffnung denen schenken, die ernsthaft darum bitten. Pfingsten stellt an uns aber auch immer wieder die ernste Frage, von welchem Geist wir uns und unser Leben lenken lassen. Ist es der Geist Gottes, der zum Leben führt, oder derjenige, der zum Tode führt? Beide Geister ringen um uns und in uns, und noch scheint der Kampf nicht entschieden.

Oder doch? Albert Schweitzer wies bei der Entgegennahme des Friedensnobelpreises 1952 darauf hin, daß der ungeheuren Zunahme an technischen und materiellen Fähigkeiten in unserer Zeit leider kein Zuwachs an seelischer und Sinn gebender Vernunft entspricht. „Das Gehirn aus dem 20. Jahrhundert, die Seele aus der Steinzeit“, könnte man sagen. Schon Goethe bedauerte: „Er hat Verstand und braucht‘s allein, um tierischer als jedes Tier zu sein.“

Ist die Grundhaltung der meisten Menschen unserer Zeit der Egoismus, das Immer-mehr-haben-wollen an Besitz, Macht. Sicherheit und Ehre? Natürlicher Lebenswille und Selbsterhaltungstrieb sind an sich nicht von vornherein schlecht. Sie werden es erst, wenn wir versuchen, unser Leben auf Kosten anderer zu bereichern, zu sichern und zu verlängern. Die dabei erhoffte Zufriedenheit stellt sich dadurch aber nicht ein. Denn Habgier kommt nie ans Ziel, Neid ist ihr Begleiter und die Furcht vor denen, die weniger besitzen. So werden wir einander zu Feinden, haben Angst und bewirken Angst. Wenn Paulus schreibt: „Die Selbstsucht führt zum Tod“, ist das nicht mehr nur eine theologische Aussage, sondern eine täglich deutliche Erfahrung im persönlichen wie im gesellschaftlichen und politischen Leben. Der Egoismus zerstört unsere menschlichen Bindungen und führt zu tödlicher Einsamkeit. Die sich steigernden Klassengegensätze im Volk zerstören unsere Gesellschaft von Innen her. Die aus überheblichem Nationalismus und gewaltsamer Herrschsucht entstehenden Katastrophen, wie wir sie selbst schon erleben und erleiden mußten und noch heute in vielen Teilen der Welt miterleben müssen, bedrohen immer mehr das Zusammenleben von Völkern und Staaten, ja den Weltfrieden. Das wird sich verschlimmern, wenn wir nicht zu tiefgreifenden Veränderungen unseres persönlichen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens bereit sind. Wobei diese äußeren Veränderungen natürlich die inneren voraussetzen. „Zum ersten Mal in der Geschichte hängt das physische Überleben der Menschheit von einer radikalen seelischen Veränderung des Menschen ab“, schrieb schon vor Jahrzehnten Erich Fromm. Aber wie kann es zu einer solchen Änderung der innersten Geisteshaltung kommen?

Gott hat in Jesus Christus einen Heilungs- und Änderungsprozeß angefangen, indem er seinen Leben schaffenden Geist all denen schenkt, die sich ihm vertrauensvoll verbinden im Hören und Tun seines offenbarten Willens, im dankbaren Annehmen seiner frohen Botschaft.

Wenn Gottes Geist der Liebe und Gerechtigkeit an und in uns wirksam wird, können wir das für uns und für andere tödliche Streben nach immer mehr Besitz und noch größerer Macht aufgeben. Wir werden befreit aus dem Teufelskreis von Angst und sich einmauerndem Sicherheitsstreben, das uns fast ersticken läßt. Wir leben erst dann frei und froh als Menschen, wenn wir von Gott her den Mut haben, unser Leben mit all seinen Unsicherheiten und Gefährdungen aus Gottes Hand anzunehmen, im Vertrauen darauf, daß sich ein solches Leben trotz allem, auch trotz eigener und fremder Schuld, für uns und andere lohnt und uns alle zu einem guten Ziel führen wird. Kampf und Krampf vergeblich gesuchter Sicherheit auf Kosten unserer Menschlichkeit und von Lebensmöglichkeiten anderer können endlich aufhören.

Wir sind dann auch erlöst von dem Druck, alles selbst schaffen und vollenden zu müssen. Selbstbegrenzung und Bescheidenheit, sanftere und geduldigere Wege sind möglich, wo wir vorher unsere Pläne gewaltsam, ohne Rück-sicht auf Mitmenschen und Natur durchsetzen wollten. Verzicht ist möglich, der uns dem wahren Leben näher bringt, wo wir früher abhängige Sklaven von unnützen Wünschen waren, die von falschen Vorbildern oder raffinierter Werbung künstlich in uns erzeugt wurden.

Immanuel Kant drückte das einmal so aus: „Reich wird man nicht durch das, was man besitzt, sondern mehr noch durch das, was man mit Würde zu entbehren weiß, und es könnte sein, daß die Menschheit reicher wird, indem sie ärmer wird, und gewinnt, indem sie verliert.“

So bekommen wir durch Verzicht und Loslassen des Überflüssigen und Schädlichen mehr Zeit und Kräfte frei für ein wirklich fröhliches, schöpferisches und sogar auch abenteuerliches Leben. Wir werden innerlich bereit, anderen Menschen ohne Angst oder Überheblichkeit zu begegnen und mit ihnen zusammen wirklich Lebenswichtiges und Notwendiges zu beginnen. Ein sinnvolles und erfreuliches Mit- und Füreinander wird möglich.

Unsere Gesellschaft leidet unter eingefahrenen Gewohnheiten und scheinbar gesetzmäßigen, angeblich unausweichlichen Sachzwängen. Diese sind aber zu einem großen Teil der Verkümmerung unserer Phantasie, unserer schöpferischen Fähigkeiten und unseren Ängsten vor Veränderung anzulasten.

Lassen wir uns doch von Gott, in der Nachfolge Jesu Christi, dazu inspirieren und den Mut dafür schenken, eingefahrene Gleise, die dem Abgrund zuführen, zu verlassen und auf vielleicht erst mühsamen Nebenwegen oder auch weglos als Sucher und Erfinder neuer Lebensstile im Umgang mit uns selbst, unseren Nächsten, den Dingen und der Zeit einem wirklich lebendigen Menschsein näher zu kommen. Ein Lied von Klaus Peter Hertzsch (EG 395) will uns dazu ermutigen: „Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist, weil Leben heißt: sich regen, weil Leben wandern heißt ... Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit. Die Tore stehen offen ...“

Wie vielseitig der Geist Gottes uns Christen anregen und auf neue Wege leiten kann, das spiegelt sich zum Beispiel auf dem „Markt der Möglichkeiten“ bei den Deutschen Evangelischen Kirchentagen in der Fülle der dort dargestellten Aktivitäten und Initiativen christlicher Kirchen, Werke, Gemeinden. Vereine und Gruppen. An ihnen wird nicht nur deutlich, wie viele Christen sich für andere Menschen engagieren. Sondern auch, wie christlicher Geist dadurch für viele Menschen in allen Lebenslagen, in ihren Sorgen und Nöten segens- und hilfreich wirkt.

Wenn Paulus schreibt: „Der Geist Gottes schenkt Leben und Frieden“, dann gilt das sogar durch unseren Tod hindurch. Wem der Geist Gottes die Kraft gab, sein Leben im Vertrauen auf Gott und in Liebe zu den anvertrauten Menschen und Aufgaben zu verschenken, der kann am ehesten auch im Sterben sich und sein Leben vertrauens- und hoffnungsvoll in die gütigen Hände Gottes fallen lassen.

Das Sterben wird uns wegen seiner oft schmerzhaften Formen für uns selbst und wegen der Folgen für unsere Angehörigen verständlicherweise schrecklich erscheinen – besonders wenn es uns zu früh und unvorbereitet trifft. Doch wenn wir das Sterben und Hingeben im Kleinen und Alltäglichen rechtzeitig eingeübt haben, werden wir leichter bereit sein für unsere letzte Hingabe an den Gott des Lebens. Sein heiliger, Leben schaffender Geist, gebe uns allen, wenn es soweit ist und sein muß, die Kraft dazu. Doch solange wir noch auf dieser schönen Erde leben, lieben und wirken dürfen, wollen und sollten wir uns von Gottes Geist bei dem, wozu wir berufen und noch fähig sind, stärken, ermutigen und führen lassen und dankbar sein segensreiches Wirken an uns mit Worten und Taten bezeugen. Ganz besonders am Pfingstfest, das wir nun wieder feiern.


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