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10.05.08 / Skandal in Dänemark / Autor macht Deutschenhaß gegen sich in der Nachkriegszeit publik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-08 vom 10. Mai 2008

Skandal in Dänemark
Autor macht Deutschenhaß gegen sich in der Nachkriegszeit publik

Mit seinem Erstlingswerk „Wer blinzelt, hat Angst vor dem Tod“ ist dem dänischen Autor Knud Romer ein großer Wurf gelungen. Es ist die literarische Darstellung einer deutsch-dänischen Familiengeschichte über drei Generationen, offenbar der eigenen. Vollständig gelüftet wurde dieses Geheimnis aber nie. Vermutlich jedoch war der ursprüngliche Antrieb, dieses Buch zu schreiben, das Bedürfnis, persönliches Leid aufzuarbeiten. Der 1960 in Nykøbing auf der Insel Falster geborene Knud Romer ist Sohn einer deutschen Mutter und eines dänischen Vaters. Ein zentraler Satz seines Romans lautet: „Der Zweite Weltkrieg hatte für uns niemals aufgehört.“ Wir, das sind der Ich-Erzähler Knud, ebenfalls Jahrgang 1960, und seine Mutter Hildegard, beide Mobbing-Opfer über Jahrzehnte. Seit seinem ersten Schultag wurde Knud von seinen Mitschülern als „deutsches Schwein“ bezeichnet, ausgegrenzt, beleidigt und verfolgt. Kaum vorstellbar: Sogar die Lehrer machten mit oder schauten weg.

Romer schildert seine Mutter mit Empathie als energische, talentierte und sportliche Frau. Den Mord an ihrem Verlobten Horst Heilmann hatte sie nie verkraftet. Heilmann hatte zur Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ gehört und war mit seinen Mitstreitern 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet worden. Nachdem es Hildegard Voll 1950 durch eine Liebesheirat in die dänische Provinz verschlagen hatte, wurde sie, eine Gegnerin des Nationalsozialismus, kollektiv als Deutsche verfemt. Die Einwohner Nykøbings nannten sie „Hitlerliebchen“, sie war Freiwild für jedermann. Trost fand sie nur beim Wodka. „Meine Mutter war allein in einem fremden Land und so einsam, wie ein Mensch nur sein konnte“, schreibt der Ich-Erzähler Knud bitter. Ihr Mann wurde selbst von der eigenen Familie ausgegrenzt.

Als Leser ist man betroffen, ja fassungslos. Auch in Dänemark sorgte das Buch 2006 verständlicherweise für Aufregung und wurde zum Bestseller, nicht zuletzt wegen der Brisanz des Themas.

Romer selbst war zuvor bereits durch TV-Auftritte prominent. Anfangs hielt er sich hinsichtlich der Authentizität seiner Figuren bedeckt, vermutlich um keinen Skandal zu provozieren. Doch zuletzt betonte er, das Buch sei ein Tatsachenbericht. Indem er einige Personen, unter denen er zu leiden hatte, namentlich nannte, stellte er sie an den Pranger. Einige von ihnen meldeten sich zu Wort, um in Interviews und Leserbriefen zu behaupten, alles sei eine „fette Lüge“.  Dagmar Jestrzemski

Knud Romer: „Wer blinzelt, hat Angst vor dem Tod“, Insel Verlag 2007, geb., 169 Seiten, 16,80 Euro


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