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17.05.08 / Kräftiger Schluck aus der Pulle / Diätenerhöhung war gestern, jetzt kommt die nächste

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-08 vom 17. Mai 2008

Kräftiger Schluck aus der Pulle
Diätenerhöhung war gestern, jetzt kommt die nächste
von Mariano Albrecht

Sind unsere Politiker noch zu retten? Greift die Gier unter den Abgeordneten des Deutschen Bundestages um sich? Eine Einkommensverbesserung von 937 Euro innerhalb eines Jahres wollen sich die Volksvertreter gönnen, davon können Facharbeiter und Angestellte nur träumen. Hartz-IV-Empfängern treibt es Wut und Tränen ins Gesicht. Zwei Diätenerhöhungen in drei Schritten. Maßlose Selbstbedienung oder Neiddebatte? Gerade erst im vergangenen Jahr hatten sich die Bundestagsabgeordneten eine Erhöhung der Diäten genehmigt. Um 330 Euro stiegen zum 1. Januar 2008 die Einkommen der Volksvertreter, im nächsten Jahr gibt es Nachschlag. Im Beschluß vom November vergangenen Jahres war auch gleich festgelegt worden, daß zum 1. Januar 2009 weitere 329 Euro mehr gezahlt werden. Doch jetzt kommt es ganz dick: Nach einem Gesetzentwurf der am vergangenen Freitag im Bundestag diskutiert wurde, sollen die Abgeordnetenbezüge vom 1. Januar 2009 an, durch den Tarifabschluß im öffentlichen Dienst um weitere 278 Euro ansteigen, bis 2010 ist eine Diätenerhöhung um 1150 Euro geplant. Verdient ein Abgeordneter in diesem Jahr noch 7339 Euro brutto monatlich, so sind es ab 2010 satte 16,4 Prozent mehr, 8159 Euro.Für Grünen-Chefin Claudia Roth riecht das nach „Abzocke“, der Bund der Steuerzahler hält die Pläne zur Diätenerhöhung für „völlig überzogen“. Abgeordnete machen gern diese Rechnung auf: Politiker sind Führungskräfte. Im Berufsleben haben nicht wenige als Juristen oder Ingenieure gearbeitet. Ein selbständiger Anwalt kann im Monat gut und gern zwischen 7000 und 10000 Euro, bei 40 bis 50 Wochenstunden, verdienen. Auch ein Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens könnte in dieser Gehaltsliga spielen. Doch hohe Verdienste werden auch hoch besteuert. So bleiben einem unverheirateten, kinderlosen Abgeordneten nach Abzug von Steuern und Krankenversicherung, je nachdem ob er sich privat oder gesetzlich versichert, rund 4300 Euro netto. Mitgliedsbeiträge und Spenden an die Partei sind obligatorisch, nach Auskunft eines CDU-Abgeordneten ist eine monatliche Spende von zehn Prozent der Bruttobezüge ein Muß. Da bleibt kaum mehr als ein besser bezahlter Beamter verdient. Politiker haben auch Privilegien.

Zu seinem Nettoeinkommen bekommt ein Abgeordneter monatlich noch eine steuerfreie Kostenpauschale von 3720 Euro. Die sind für den zweiten Wohnsitz in Berlin, für den Unterhalt eines Büros im Wahlkreis, Reisekosten, Büromaterial und Telefonkosten. Über das Geld kann er frei verfügen, über die Verwendung im einzelnen muß er keine Rechenschaft ablegen. Geht man jedoch davon aus, daß eine Wohnung oder ein Appartement im Berliner Regierungsbezirk je nach Komfort und Größe zwischen 800 und 1500 Euro kostet, ein Büro mit einer Größe von 50 Quadratmetern mit rund 500 Euro zu Buche schlagen kann und 200 Euro für Telefonkosten nicht unrealistisch sind, relativiert sich der Bonus. Es bleiben rund 2000 Euro übrig. Doch ein Abgeordneter muß auch repräsentieren. Einladungen zum Essen und Ausgaben für Bekleidung sollten nicht unterschätzt werden. Wenn unser Abgeordneter sparsam haushaltet und von seiner Kostenpauschale 2000 Euro auf seine Nettobezüge aufschlägt, kann man von einem monatlichen Nettoeinkommen zwischen 4000 und 5000 Euro ausgehen. Ein stattliches Einkommen?

Die Vergütungsstudie „Leitende Angestellte 2006“ der Managementberatung Kienbaum hat ergeben, daß knapp die Hälfte aller Führungskräfte zwischen 50000 und 100000 Euro Gehalt auf ihrem Lohnzettel findet. 37 Prozent verdienen zwischen 100000 Euro und 150000 Euro, zwölf Prozent werden mit mehr als 150000 Euro jährlich für ihre Arbeit entlohnt. Die Diäten der Abgeordneten nehmen sich da eher bescheiden aus. Woher nun der Ärger? So sieht die Gegenrechnung aus:Es geht um ein wenig transparentes System aus versteuertem und unversteuertem Einkommen und Sondervergünstigungen wie kostenfreie Bahnfahrten und Dienstwagennutzung.

Doch das eigentliche Ärgernis sind die Pensionsansprüche. Abgeordnete sind nicht rentenversicherungspflichtig, können aber selbst eine Altersvorsorge aufbauen oder haben aus ihren früheren Tätigkeiten Ansprüche aus einer Rentenversicherung. Für die Arbeit im Parlament hat ein Abgeordneter nach acht Jahren bereits einen Pensionsanspruch von 1468 Euro monatlich erworben, nach der geplanten Erhöhung wären es 1632 Euro. Damit erreichen die Politiker-Pensionen nach kurzer Anwartschaft Dimensionen, die gut verdienende Angestellte selbst nach einem ganzen Erwerbsleben nicht erzielen können. Der Bund der Steuerzahler fordert einen Systemwechsel, wie er in einigen Landesparlamenten schon vollzogen ist. In Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein wird den Landtagsabgeordneten monatlich eine feste Summe gezahlt, von der sie eigene Anteile für Altersversorgung und Krankenversicherung zahlen müssen. Werbungskosten müssen wie bei jedem Arbeitnehmer oder Selbständigen belegt und abgerechnet werden.

Foto: Abgeordnete im Bundestag: Wegen mehrfacher Diätenerhöhungen beneidet (ddp)


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