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17.05.08 / Amtswechsel nach Plan / Im Krönungssaal des Kreml übergab Putin das Präsidentenamt an Medwedjew

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-08 vom 17. Mai 2008

Amtswechsel nach Plan
Im Krönungssaal des Kreml übergab Putin das Präsidentenamt an Medwedjew
von M. Rosenthal-Kappi

Die Inszenierung der Machtübertragung des russischen Präsidenten Wladimir Putin an seinen Nachfolger Dmitrij Medwedjew ist planmäßig verlaufen. Für die „Inauguration“ Medwedjews wurde die Moskauer Innenstadt weitläufig gesperrt, 2000 geladene Gäste durften dem Ereignis am 7. Mai beiwohnen. Die Amtsübergabe fand in einer feierlichen Zeremonie im Andrejewski-Saal des Kreml statt – dort wo einst die russischen Zaren gekrönt wurden. Zwei staatliche Fernsehsender durften live aus dem Kreml berichten.Zum ersten Mal in der Geschichte der russischen Föderation legte ein Präsident erst unmittelbar vor der Amtseinführung seines Nachfolgers seine Ämter nieder. Jelzin war bereits vor Putins Machtantritt zurückgetreten. Putin übergab das Zepter der Macht direkt an Medwedjew. Ein Umstand, der den an eine Zarenkrönung erinnernden Charakter der Zeremonie noch unterstrich.Medwedjew wird als neuer Kremlchef Oberbefehlshaber der Streitkräfte und somit über den Atomkoffer, die Freigabecodes für die russischen Atomwaffen, verfügen; dies entgegen anderslautender Gerüchte im Vorfeld, denen zufolge die Macht über die Streitkräfte künftig auf den Premierminister übergehen sollte, also auf Putin.In seiner Antrittsrede versprach Medwedjew seinen Landsleuten Wohlstand, verbesserte Ausbildungsmöglichkeiten, Modernisierungen in allen Bereichen sowie den Kampf gegen Korruption. Wirtschaftlich legt Medwedjew großen Wert auf die Förderung des in Rußland unterentwickelten Mittelstandes.Inwieweit Medwedjew seine Ziele umsetzen kann, muß angesichts der Diskussion um seine Funktion als Marionette Putins noch offen bleiben. Äußerlich wirkt der neue Kreml-Chef wie ein Musterschüler, seine Biographie ähnelt der eines Funktionärs der Kommunistischen Partei von einst. Als Sohn einer St. Petersburger Akademikerfamilie machte er als Rechtsanwalt Karriere, gelangte mit Putins Hilfe in die Chefetage des Energieriesen Gazprom und später in die Regierung nach Moskau.

Er ist gebildet, weniger aggressiv als Putin, seine Einstellung gilt als gemäßigt liberal. Ob Medwedjew auch in Zukunft dieselben Vorstellungen haben wird wie Putin, muß die Zukunft zeigen. Es sei daran erinnert, daß auch Putin bei der Ablösung Jelzins als Marionette des Oligarchen Beresowskij galt, der heute im Londoner Exil lebt.Seitdem startete der Kreml eine wirtschaftliche Offensive, die mit der Wiederaufrichtung der Schlüsselindustrien mit Hilfe des Devisenzuflusses aus den Rohstoffvorkommen begann und sich mittlerweile durch massive Investitionen und Zukäufe im Ausland manifestiert hat. Diesen Kurs wird auch Medwedjew weiter einschlagen, wohl in einer Tandem-Regierung mit Putin. Die Aufgabenverteilung könnte so aussehen, daß Manager Medwedjew sich als liberaler Vertreter Rußlands um globale Interessen kümmert, während Hardliner Putin Machtpolitik betreibt.

Daß dem so sein wird, dafür sprechen Putins jüngste Aktivitäten. Sein Plan, als Premierminister weiterzuregieren, ging auf. Mit 392 Ja-Stimmen zu 56 Nein-Stimmen wurde Putin am 8. Mai von der Duma als Ministerpräsident bestätigt.Vor der Übergabe des Präsidentenamts setzte Putin noch Gesetzesänderungen durch. Eines betrifft die Kontrolle über die Regionen, die Putin schon 2007 per Ukas, einem Dekret mit Gesetzeskraft, dem Präsidenten unterstellte. Seitdem müssen die Chefs der Regionen einen jährlichen Rechenschaftsbericht an den Präsidenten abliefern. Mit der Ersetzung des Wortes „Präsident“ durch „Regierung“ im Ukas müssen die Gouverneure ihre Rechenschaftsberichte künftig nicht Medwedjew, sondern Putin und seinem Ministerkabinett vorlegen, die dann über das Schicksal jeder Regionalregierung entscheiden.Eine ähnliche Gesetzesänderung plant Putin bei der Zulassung von Anwälten. Statt des Justizministeriums soll künftig eine Registrierungsbehörde über Zulassung oder Entziehung der Zulassung von Anwälten entscheiden. Dies führte zu heftigem Protest der Juristen. Da Anwälte auch Mitglieder der von Putin ins Leben gerufenen „Gesellschaftskammer“ sind, zu deren Aufgabe die Überprüfung der Arbeit von Beamten gehört, wurde ein ähnlicher Vorschlag Putins 2007 abgelehnt, da er gegen internationale Standards verstieße. Dennoch hat Putin sich eine Reihe neuer Kompetenzen geschaffen: Er wird über elf Stellvertreter verfügen, die die Umsetzung seiner Arbeit garantieren. Als Chef der Regierungspartei „Einiges Rußland“ verfügt er über die Mehrheit im Parlament. Die Partei kann nicht nur Gesetze blockieren, sondern auch die Verfassung verändern.

Foto: Staatsakt im Kreml: Medwedjew betritt den Krönungssaal. (Reuters)


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