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17.05.08 / »Das Wissen um das, was war« / Laudatio: Wulf Dietrich Wagner wurde mit dem Kulturpreis für Wissenschaft ausgezeichnet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-08 vom 17. Mai 2008

»Das Wissen um das, was war«
Laudatio: Wulf Dietrich Wagner wurde mit dem Kulturpreis für Wissenschaft ausgezeichnet

Nur das Wissen, um das, was war, kann uns zeigen, wie zu formen sein wird und wie nicht; die Formen der Landschaft sind wiederzuentdecken, das Wachsen aus dem Boden, der Geschichte zu neuer Kultur“, hat Wulf Dietrich Wagner in einer seiner frühen Veröffentlichungen einmal geschrieben. Dieses Motto scheint über dem Leben des Mannes zu stehen, der in diesem Jahr ausgezeichnet werden soll. „Das Wissen um das, was war“, danach hat Wulf Dietrich Wagner stets gestrebt. Und so hat er mit seinem unermüdlichen Wirken gezeigt, daß nicht alles verloren ist, daß nicht alles verschüttet wurde durch die Willkür der Menschen.

Wulf Dietrich Wagner wurde am 10. Mai 1969 in Mannheim geboren. Er wuchs in Oedingen auf und besuchte das Gymnasium in Bonn-Bad Godesberg. Bereits als Schüler begann er mit seinen Forschungen zu pommerschen und ostpreußischen Bauernhöfen und Gutshäusern und veröffentliche erste Ergebnisse in den Periodika der ostdeutschen Kreisgemeinschaften. Nach dem Abitur und der Bundeswehr nahm er 1989 sein Architekturstudium an der Technischen Hochschule in Karlsruhe auf, das er 1996 mit einer selbstgewählten Diplomarbeit zum Wiederaufbau der Dominsel in Königsberg erfolgreich abschloß. 1995 erfolgte sein Umzug nach Berlin. Eine Anstellung als Architekt in einem großen Ingenieurbüro gab er nach kurzer Zeit wieder auf, um sich fortan ausschließlich seinen grundlegenden Forschungen zur ostpreußischen Gütergeschichte widmen zu können. Dies geschah und geschieht unter Zurückstellung eigener wirtschaftlicher Interessen. In der Wochenzeitung Das Ostpreußenblatt und in den Heimatbriefen der ostpreußischen Kreisgemeinschaften veröffentlichte Wagner Aufrufe, in denen er die Bewohner der Güter – vom adeligen Rittergutsbesitzer bis hin zu den Instleuten – aufrief, ihm Informationen über das alltägliche Leben auf den Gütern und insbesondere über die Inneneinrichtungen der Häuser zu übermitteln. Auf dieser Grundlage fertigte er maßstabsgetreue Rekonstruktionszeichnungen an, die mit ihren detaillierten Hinweisen zur Inneneinrichtung und zum Haushalt ein getreues und in dieser Form vollkommen neues Bild der hohen Wohnkultur in den ostpreußischen Gutshäusern vermittelte. Aus Anlaß des Preußenjahres 2001 konnte er erstmals einem größeren Publikum mit der Ausstellung „Stationen einer Krönungsreise – Schlösser und Gutshäuser in Ostpreußen“ und dem gleichnamigen gedruckten Katalog die Ergebnisse seiner Forschungen vorstellen. Diese Ausstellung war unter anderem auch 2002 beim Deutschlandtreffen der LO in Leipzig zu sehen.

In der Folgezeit widmete er sich im Rahmen seiner Promotion der Erforschung des Königsberger Stadtschlosses. Eine erweiterte Fassung der Dissertation ist erst vor wenigen Wochen als Buch erschienen. Der 1. Band, herausgegeben von der Stadtgemeinschaft Königsberg und der Stiftung Königsberg im Stifterverband für die deutsche Wissenschaft, behandelt die Zeit von 1255 bis 1740, also von der Gründung bis zum Regierungsende Friedrich Wilhelms I. 2005 wurde Wagner zum Dr. phil. promoviert. Im selben Jahr erschien sein im Auftrag der Kreisgemeinschaft Heiligenbeil angefertigtes über 500 Seiten starkes Buch „Die Güter des Kreises Heiligenbeil“ und später seine ähnlich umfangreiche Publikation „Kultur im ländlichen Ostpreußen. Menschen, Geschichte und Güter im Kreis Gerdauen“. Es gibt wohl keine Region im deutschsprachigen Raum, deren Gütergeschichte so umfassend und exemplarisch erforscht ist wie die ostpreußische. Dieses Verdienst kommt allein Wulf Dietrich Wagner zu, der Ostpreußen in den Mittelpunkt seines Interesses stellte, weil nirgends sonst alles, was Menschenhand und -geist schuf, so systematisch zerstört wurde. „Überall mahnen Ruinen, doch wen stört die Klage?“, so fragte der Architekturhistoriker sich und schritt zur Tat. Das Bild einstiger blühender Kulturlandschaft vor Augen, entstanden „ein Gefühl trauriger Verbundenheit“ und die wertvollen Dokumentationen, immer mit dem unbestechlichen Blick auf die Zeit zwischen Gestern und Heute, zwischen Baugeschichte und Erhaltung und mit der Hoffnung auf neues Bauen und Wiederaufbau. Die Landsmannschaft Ostpreußen verleiht Dr. Wulf Dietrich Wagner in Anerkennung seiner einmaligen Verdienste zur Erforschung der ostpreußischen Baugeschichte den Kulturpreis für Wissenschaft 2008. Silke Osman

Foto: Erforscher ostpreußischer Baugeschichte: Wilhelm v. Gottberg überreicht Wulf Dietrich Wagner die Ehrung. ( Sven Lambert)


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