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24.05.08 / Untätige als Asoziale verschrien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-08 vom 24. Mai 2008

Untätige als Asoziale verschrien

In der ehemaligen DDR war Vollbeschäftigung per Gesetz geregelt. Gingen Bürger keiner „geregelten Arbeit“ nach, wurde dies als eine „Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten“ angesehen, und das fand Niederschlag im Strafgesetzbuch der DDR. In der „entwickelten sozialistischen Gesellschaft“ wurde es als Bürgerpflicht angesehen, am Aufbau der selbigen aktiv mitzuwirken.

Obwohl es in der DDR weder Arbeitslosengeld noch Sozialhilfe gab, versuchten sich nicht wenige Bürger, teils aus Protesthaltung, teils aus wirklicher Arbeitsscheu, dem System zu entziehen. Möglich war dies durch geringe Lebenshaltungskosten, eine Ein- bis Zwei-Zimmerwohnung kostete zwischen 20 und 30 DDR-Mark. Die Schwarzarbeit im Handwerksbereich blühte, so daß mancher mit Privatarbeit mehr verdiente als im Volkseigenen Betrieb. Erwerbstätigkeit dieser Art galt als Verschaffung von Unterhalt durch unlautere Mittel. Die echten Faulenzer hatten jedoch nichts zu lachen.

Die sogenannten Asozialen und Arbeitsscheuen mußten mit Haftstrafen von bis zu zwei Jahren rechnen. Weitere Sanktionen waren Arbeitserziehung im Strafvollzug und eine Arbeitsplatzbindung. Diese fanden in meist heruntergekommenen Bereichen der Volkswirtschaft unter erbärmlichen Bedingungen statt. Nach der Haftentlassung wurde nicht selten ein Aufenthaltsverbot für den Heimatort ausgesprochen. Die Vorbestraften mußten sich aus ihrem „negativen Einfluß ausübenden Bekanntenkreis“ verabschieden und wurden in einem anderen Wohnort angesiedelt. Dort wurde den Vorbestraften ein Arbeitsplatz in einem Volkseigenen Betrieb (VEB) zugewiesen. Einfluß auf die Arbeitsplatzwahl hatte der Betroffene kaum. Zudem wurde eine regelmäßige Meldepflicht bei den Behörden und eine Arbeitsplatzbindung ausgesprochen.

Die Arbeitsplatzbindung war ein Instrument, um den „Asozialen“ unter Androhung von Arbeitserziehungsmaßnahmen und erneuter Haft zum Nachgehen einer Beschäftigung zu zwingen. Während der zeitlich festgelegten Arbeitsplatzbindung durfte der Verurteilte die Stelle weder kündigen noch unentschuldigt der Arbeit fernbleiben.     M. Albrecht


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