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24.05.08 / Die Panzer rollen wieder / Premierminister Putin setzt sich für die Umsetzung der Armeereform ein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-08 vom 24. Mai 2008

Die Panzer rollen wieder
Premierminister Putin setzt sich für die Umsetzung der Armeereform ein
von M. Rosenthal-Kappi

Zwei Themen beschäftigten in den ersten Tagen nach Amtsübernahme der neuen Regierung die russischen Medien: die Zusammensetzung des Kabinetts und die  seit langem angekündigte, aber bislang nur unzureichend umgesetzte Armeereform. Den Eindruck, daß zukünftige russische Politik in Putins Mos-kauer „Weißen Haus“ statt im Kreml stattfinden wird, unterstreicht die Tatsache, daß das Kabinett mit einer Reihe von Putins Verbündeten besetzt wurde.

Die notwendige Armeereform wird das Land noch länger beschäftigen, zumal Premier Putin diese Aufgabe zur Chefsache erklärt hat. Es  geht nicht nur darum, das strategische Gleichgewicht mit Rußland als Weltmacht wiederherzustellen, sondern auch um die Erfüllung einer Aufgabe, welche Putin in acht Jahren als Präsident nicht mal ansatzweise in den Griff bekommen hat. Damit die Armeereform nach Plan verläuft, wurde zunächst die Militärverwaltung gründlich umgekrempelt. Anatolij Serdjukow durfte sein Amt als Verteidigungsminister behalten. Seine erste Aufgabe im Kabinett Putin ist es, das Korps der Generäle und Offiziere zu schleifen. Eine ganze Reihe von Offizieren muß auf ihre gewohnten Privilegien verzichten und mit zivilen Posten innerhalb der Armee vorlieb nehmen. Serdjukow wird mit der Streichung der Offiziersstellen nicht nur Versorgungs- und Ausrüstungskosten einsparen, sondern sich mit dieser „Säuberungsaktion“ eines Teils der mit ihm in Konflikt stehenden Generäle entledigen. Die Kontrolle über die „Perestrojka“ im Militär will Wladimir Putin persönlich übernehmen. Diesmal wird er die Reform nicht ohne Netz und doppelten Boden wagen. Gemeinsam mit ihm sollen Vize-Premierminister und Ex-Verteidigungsminister Sergej Iwanow sowie Viktor Tscherkessow, Chef der neu gegründeten Behörde für die Versorgung der Armee mit militärischer Ausrüstung, der als enger Verbündeter Wladimir Putins gilt, die Umsetzung überwachen. Diese neue Behörde wird lediglich mit zivilen Mitarbeitern besetzt sein und die zur Verfügung stehenden Finanzmittel unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten an die militärischen Einheiten verteilen, die wiederum ihre Bestellungen bei der Behörde aufgeben müssen. Für das Jahr 2007 standen 302,7 Milliarden Rubel  (8,15 Milliarden Euro) für neue Militärausrüstung zur Verfügung.

Seit langem ist bekannt, daß eines der größten Probleme innerhalb der russischen Armee das Personal betrifft. Wegen schlechter Bezahlung und der miserablen Ausstattung der Kasernen mit beinahe allem Lebensnotwendigen ist es schwierig bis unmöglich, geeignetes Führungspersonal zu finden. Reformversuche, Generäle und Offiziere besser zu bezahlen, Soldaten befristete Verträge anzubieten oder die Wehrpflicht von drei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen, zeigten bislang wenig Erfolg. Selbst bei der technischen Ausrüstung der russischen Armee sieht es verheerend aus. Die herkömmliche Technik ist absolut veraltet, obwohl gleichzeitig Nanotechnologieforschung und das russische Satellitensystem „Glonass“ beschleunigt vorangetrieben werden.  Schuld an der Misere sind vor allem die fehlenden Gelder. Seit dem Zerfall der Sowjetunion wurde nichts mehr in die Modernisierung investiert. Man war nach den erschütternden Veränderungen, die Perestrojka und Jelzin-Ära mit sich brachten, zu sehr mit dem Umbau der Gesellschaft beschäftigt.

Das soll sich jetzt ändern. Rußland investiert wieder in seine Militärtechnik. Davon zeugt neben der auf dem Roten Platz abgehaltenen Militärparade auch die Vorstellung des neu entwickelten Militärfahrzeugs „Tiger“ (Gaz-2975), der die veralteten Militärfahrzeuge mit der Zeit komplett ersetzen soll.

Der neue Fahrzeugtyp basiert allerdings, wie derzeit alle Geräte der Russischen Armee, auf veralteter Technik. Sein Vorteil beruht darauf, daß er in jedem Gelände nutzbar ist, mit Waffen unterschiedlicher Kaliber bestückt werden kann sowie im Gelände schnell und wendig ist. Modernisierungen erfuhren auch das unbemannte Flugzeug TU-243 und der als „weißer Schwan“ bezeichnete Raketenträger TU-160. Neben dem Schützenpanzerwagen BTR 90 wurde eine Versuchsreihe mit dem Kampfhubschrauber Mi-28 N unternommen. Rußland hofft, einige der kampfwertgesteigerten sowjetischen Maschinen an Indien und China verkaufen zu können.

Trotz aller Bemühungen hinkt Rußland bei der Entwicklung seiner Militärtechnik gegenüber dem Westen um Jahre hinterher. Um aufzuholen, müßten die Ausgaben fürs Militär um ein Vielfaches aufgestockt werden. Zum Vergleich: Während die USA bis zum Jahr 2015 für die Entwicklung der Nanotechnologie eine Billion Dollar ausgibt, die EU 750 Millionen Dollar, will Rußland für den selben Zeitraum 180 Millionen Rubel (4,84 Millionen Euro) zur Verfügung stellen. Selbst China und Japan investieren mehr.

Foto: Moskau am „Tag des Sieges“: Die Militärparade fand auf dem Roten Platz statt.


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