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24.05.08 / Menschen-Opfer für den Machterhalt / Birmas Militär-Junta fürchtet eine als Hilfsaktion getarnte US-Invasion

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-08 vom 24. Mai 2008

Menschen-Opfer für den Machterhalt
Birmas Militär-Junta fürchtet eine als Hilfsaktion getarnte US-Invasion
von Albrecht Rothacher

Der Diebstahl am eigenen Volk ist für die burmesische Generalität im Prinzip nichts Neues. Tropenhölzer, Jade, Gold, Erdgas, Kupfer, den ganzen Mineralreichtum des Landes verhökern sie schon seit Jahrzehnten meistbietend nach China und Thailand zugunsten der eigenen Auslandskonten in Hongkong, Bangkok und Singapur. Jetzt lassen sie eingeflogene Hilfsgüter für die 1,6 bis 2,5 Millionen überlebenden obdachlosen Opfer des Wirbelsturms konfiszieren. Sie verkaufen sie entweder auf eigene Rechnung weiter, verpflegen damit ihr 480000-Mann-Heer, oder leiten den geringsten Teil als eigene Spende deklariert zur allgemeinen Desinformation und Ablenkung des Volkszorns an die Hungernden und akut Seuchengefährdeten weiter.

Die Junta behindert systematisch das Einfliegen von ausländischen Spezialisten („brauchen wir nicht“) und blockiert mit militärischen Straßensperren ausländischen Helfern, Journalisten und Diplomaten den Zugang in das zur Sperrzone erklärte Katastrophengebiet. Dem Vernehmen nach fürchtet das Regime des Generalissimo Than Shwe, eines früheren Postbeamten, eine als humanitäre Mission getarnte amerikanische Invasion.

Um den Opfern doch noch zu helfen, bemüht sich die internationale Gemeinschaft, alles zu tun, um die Befürchtungen der paranoiden Generale zu zerstreuen und den offenkundigen Mißbrauch nicht allzu publik werden zu lassen. Doch wächst der Druck, ein ausländisches militärisch abgesichertes humanitäres Eingreifen auch ohne Genehmigung der Junta zu ermöglichen, um die wachsende Gefahr von Massenseuchen und Hungersnöten angesichts der künstlich verzögerten und behinderten Hilfe zu verhindern.

Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner hat die Idee einer solchen UN-gedeckten „Schutzverantwortung“ als erster aufgebracht. Offiziell gibt es dafür noch wenig Begeisterung. Im UN-Sicherheitsrat sind die Souveränitätsfetischisten China und Rußland strikt dagegen. Die USA, die allein im Indischen Ozean die Kapazitäten zum Handeln haben, zeigen sich offiziell wenig begeistert. Doch stehen ihre Flugzeugträgergruppen für alle Fälle bereit. Deutschlands Minister Steinmeier müht sich derweil am Telefon ab, um die chinesische Führung zu bitten, die Burmesen – die keine Telefonate, weder von ihm noch von Uno-Generalsekretär Ban Ki-Moon, entgegennehmen – doch noch zum Einlenken zu überreden.

In der Zwischenzeit gehen die wenigen verbliebenen Vorräte vor Ort zur Neige. Die ersten wasserbedingten Durchfallerkrankungen beginnen sich unter den obdachlosen Überlebenden mit ihren verseuchten Trinkwasserquellen – Leichen und Tierkadavern in Flüssen sowie verunreinigten und versalzenen Brunnen – auszubreiten.

Als am 3. und 4. Mai der Zyklon Nargis die Südküste Burmas mit einer Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern traf, ertranken binnen weniger Minuten in der vier Meter hohen Flutwelle 130000 Menschen. Das gesamte Delta des Irrawaddy, Burmas dicht besiedelter Reiskammer, wurde tagelang bis zu 30000 Quadratkilometer weit überschwemmt. Sturm und Flutwelle hatten die meisten Hafeneinrichtungen, Straßen und in vielen Küstenorten bis zu 95 Prozent der Häuser zerstört. Die Regierung hatte die vom Indischen Meteorologischen Institut erhaltene Zyklonwarnung nicht weitergegeben und keinerlei Evakuierungen durchgeführt. Als das Unheil sichtbar wurde, wurde das Delta erst einmal abgeriegelt. Nur in Rangoon räumte das Militär mit dem schweren Baugerät der mit dem Regime verbundenen Bauunternehmer, den „Croonies“, die ihre Paläste und die Pipelines nach Thailand und China bauen, umgestürzte Bäume weg und errichtete neue Strom- und Telegrafenmasten, um wieder Normalität herzustellen. Ansonsten verwendeten die Behörden in Birma ihre Hauptenergie darauf, Visaanträge abzulehnen, den Geheimdienst auf die wenigen Ausländer im Lande anzusetzen und Straßensperren zu errichten. Im Lande bereits tätige Hilfsorganisationen verbrachten ihre Tage mit Behördengängen. Ohnehin waren nur ihre einheimischen Mitarbeiter in dem Unglücksgebiet zugelassen. Sie glaubte das Regime besser kontrollieren und einschüchtern zu können. Auch den Mönchen wurden Hilfstätigkeiten bald verboten, denn nur die Klöster erhalten als vertrauenswürdige Institutionen von den Burmesen im In- und Ausland Spenden für ihre Landsleute.

Am wichtigsten war für das Re-gime, ein Verfassungsreferendum, das es auf den 10. Mai festgelegt hatte, nicht verschieben zu müssen. Die neue Verfassung sieht Wahlen für 2010 vor, bei denen jedoch ein Viertel der Parlamentssitze für das Militär reserviert bleiben und die Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi als populärste Politikerin von den Wahlen ausgeschlossen bleibt. Nach den wie üblich gefälschten Ergebnissen stimmten bei angesichts der Zerstörung im Land völlig unrealistischen 99 Prozent Wahlbeteiligung 92,4 Prozent jener als Legitimierung der Militärherrschaft gedachten Farce zu. Zweifellos hat das Regime allen Grund zur Nervosität. Der absolutistische Staatschef Than Shwe (75) ist schwerkrank und hört nur noch auf seinen Astrologen. Rivalisierende Generalskollegen hat er reihenweise einsperren lassen oder unter Hausarrest gestellt. Die vom Volk gestützten Massendemonstrationen der Mönche von 1988 (3000 Tote) und vom September des Vorjahres (200 Tote) hatte er nur durch Blutbäder und Massenverhaftungen ersticken können. Die neuerliche Naturkatastrophe gilt im abergläubischen Birma als Omen, daß einem schlechten Herrscher nunmehr das Mandat des Himmels zum Regieren entzogen ist. Da das Delta die Heimat vieler seiner Soldaten ist, die jetzt um ihre Familien bangen und sehen, wie das Regime mit den Opfern umgeht, könnten seine Tage nunmehr gezählt sein. So hat das Regime einerseits Angst vor einem neuerlichen Zornesausbruch der Bevölkerung. Andererseits fürchtet es die Ausländer als Unruhestifter und Saboteure.

Angesichts der zerstörten Infrastruktur wären Hubschrauber und Pioniergerät zum Bau von Straßen und Behelfsbrücken im Katastrophengebiet dringend vonnöten. Die vor der Küste liegende US-Flotte hat dieses Gerät. Sie hat es während der Tsunami-Katastrophe von 2004 in Aceh segensreich einsetzen können. Sie erhält aber keine Anlandrechte.

Auch sind weiter alle Funkgeräte, Satelliten- und Mobiltelefone verboten.

Erste Fälle von Ruhr, Typhus, Cholera und Denguefieber sind bei den Überlebenden bereits aufgetreten. Die wenigen ins Land gelassenen und tatsächlich verteilten Hilfsmittel decken nur einen Bruchteil des Bedarfs.

Es fehlen auch schmerzlich die westlichen Spezialisten, Ärzte und Techniker der Katastrophenhilfe. Statt dessen sterben die Menschen, der UN-Sicherheitsrat palavert, und der deutsche Außenminister telefoniert.

Foto: Zu wenig helfende Hände ins Land gelassen: Das Regime in Birma nimmt Hungertote hin.


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