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24.05.08 / Fürstlicher Glanz an der Elde / Auf den Spuren der Preußenkönigin Sophie Luise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-08 vom 24. Mai 2008

Fürstlicher Glanz an der Elde
Auf den Spuren der Preußenkönigin Sophie Luise
von Helga Schnehagen

Im Schatten der prachtvollen Residenz Ludwigslust versteckt sich etwa zehn Kilometer nordöstlich einer der bedeutendsten Bauten des mecklenburgischen Barock: das Schloß von Neustadt-Glewe. Daß die zweigeschossige Dreiflügelanlage überhaupt je zum Fürstensitz wurde, ist wohl nur dem Umstand zu verdanken, daß das nahe Grabower Schloß 1725 einem Stadtbrand zum Opfer fiel und Herzog Christian Ludwig II. für sich, seine Schwester Sophie Luise und die Familie dringend eine neue Bleibe benötigte. Denn als er nach der Katastrophe in Neustadt-Glewe einzog, fehlten dort nicht nur Fenster. Auch bei der Innenausstattung lag noch vieles im argen.

Der Schloßbau war 1619 unter Mecklenburgs Herzog Adolf Friedrich begonnen worden. Ein paar Jahre waren die Arbeiten fleißig vorangegangen, bis der Dreißigjährige Krieg alles zum Stillstand brachte. Als Wallenstein 1629 Neustadt-Glewe besuchte, hat der Rohbau einen derartigen Eindruck auf ihn gemacht, daß er anordnete, das Schloß so unter Dach und Fach zu bringen, damit es nicht verfiele.

Erst knapp 100 Jahre später, um 1720, gelang es, den Bau zu einem gewissen Abschluß zu bringen. Allerdings nicht im vorgesehenen Stil der Spätrenaissance, sondern in den zeitgemäßen Formen des niederländischen Barock.

Vollenden konnte jedoch auch Christian Ludwig II. das Schloß nicht. So hat etwa der Skulpturen-Schmuck im Dachbereich das Stadium der Planung nie verlassen.

Über das Leben auf der fürstlichen Baustelle weiß man nicht viel. Christian Ludwigs Einzug war am 28. Juli 1725. Nur wenige Tage später, am 6. August, gebar seine Gemahlin Gustave Karoline von Mecklenburg-Strelitz den Prinzen Ludwig. Am 13. März 1732 erblickte Prinzessin Amalie in Neustadt-Glewe das Licht der Welt.

Wie Sophie Luise sich in dem beschaulichen Elde-Ort gefühlt hat, der heute mit allen Ortsteilen 7000 Einwohner zählt und – abgesehen von DDR-Zeiten mit 8000 Einwohnern – in früheren Zeiten noch weniger Ansässige besaß, ist nicht überliefert. Auch nicht, wie lange sie dort überhaupt gelebt hat. Nach offizieller Lesart war sie gemütskrank. Und dafür gab es mehr als einen Grund. Als „mecklenburgische Venus“ gerühmt, war die einzige Tochter Herzog Friedrichs I. von Mecklenburg-Schwerin-Grabow und seiner Gemahlin Christine Wilhelmine von Hessen-Homburg zur dritten Gemahlin Friedrichs I. auserwählt worden. Nach dem Tod seines bis dato einzigen Enkelsohns hatte sich der Preußenkönig 1708 entschlossen, mit 51 Jahren die 23jährige zu ehelichen. Zur vorsorglichen Sicherung der Thronfolge.

In Berlin traf die junge Königin auf ein von Intrigen, Haß und Verleumdungen erfülltes Hofleben, dem sie nicht gewachsen war. Besonders, da sie ihrer wichtigsten Aufgabe, der Dynastie einen Thronerben zu schenken, auch nicht nachkam. Nach dem Tod ihres Gatten 1713 wurde sie von dessen Sohn Friedrich Wilhelm I., der dann selbst erfolgreich für Nachwuchs sorgte, zu ihrer Familie nach Grabow zurückgeschickt. Ohne Geld, wie es heißt.

Zehn Jahre verbrachte Christian Ludwig II. in Neustadt-Glewe, bis er 1735 nach Schwerin zog, dem Jahr, in dem auch seine Schwester im Alter von 50 Jahren dort verstarb, kinderlos und ohne ein weiteres Mal geheiratet zu haben. Beigesetzt wurde die unglückliche Witwe des ersten Preußenkönigs in der Schweriner Nikolaikirche, übrigens auch sie ein bedeutendes Zeugnis des mecklenburgischen Barock.

In Neustadt-Glewe erlosch damit aller fürstlicher Glanz. Das Schloß diente fortan als Amtsgericht samt Gefängnis, Verwaltungsgebäude, zu Wohnzwecken, als Schule, Kantine und Bibliothek.

Seit der millionenschweren Sanierung von 1992 bis 1997 reiht es sich in die Phalanx von Mecklenburg-Vorpommerns 260 touristisch genutzten Burgen, Schlössern und Herrenhäusern ein, in denen heute Museen, Kunstsammlungen, Ausstellungen, Restaurants oder Übernachtungsgäste untergebracht sind.

An der Elde hielt ein luxuriöses Schloß-Hotel Einzug, das sich durch seine üppigen Stuckdecken von allen anderen abhebt. Barockkünstler aus Italien schufen Anfang des 18. Jahrhunderts die 1600 Quadratmeter Stuckflächen, die jetzt – rund 280 Jahre später – von polnischen Restauratoren aufwendig saniert wurden.

Foto: Schloß Neustadt-Glewe: Auf der Terrasse kann man die Ruhe genießen.


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