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24.05.08 / Unermüdlich im Dienste Preußens / Hans-Günther Parplies zum 75. Geburtstag

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-08 vom 24. Mai 2008

Unermüdlich im Dienste Preußens
Hans-Günther Parplies zum 75. Geburtstag

Mehr als anderthalb Jahrzehnte war Hans-Günther Parplies, der Westpreuße aus Ostpreußen, bei der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat in der Bonner Kaiserstraße mein Kollege und mein Vorgesetzter. Er war 1979 vom Bund der Vertriebenen dorthin übergewechselt; ich war ihm 1983 als Chefredakteur der alle zehn Tage erscheinenden „Kulturpolitischen Korrespondenz“ gefolgt.

Geboren am 26. April 1933 in Marienburg an der Nogat, der größten Stadt des Landkreises Marienwerder, der als Regierungsbezirk Westpreußen nach dem Ersten Weltkrieg der Provinz Ostpreußen angegliedert worden war. Im Januar 1945, im Alter von elf Jahren, floh er mit Großmutter, Mutter und drei jüngeren Brüdern (der Vater kämpfte als Soldat an der Ostfront) bis ins Rheinland, wo ihm seine Lehrerin, wie er mir in einem Interview (25. April 1998) erzählte, „die ostpreußische Färbung meiner Aussprache austreiben wollte“, wogegen er sich gewehrt hätte: „Ich habe daraufhin erst bewußt heimatlichen Ausdrucksweisen nachgespürt und den ostpreußischen Anklang meiner Aussprache gerade während meiner Schulzeit besonders gepflegt.“

In der Kreisstadt Soltau in der Lüneburger Heide legte er 1952 das Abitur ab und nahm 1953 in Köln das Studium der Rechtswissenschaften auf, das er in Tübingen fortsetzte und 1959 in Göttingen beendete. Danach übernahm er für drei Jahre die Geschäftsführung der „Gemeinnützigen Gesellschaft Albertinum“, die der Vorbereitung eines ostpreußischen akademischen Zentrums mit angeschlossenem Studentenwohnheim diente. Erst danach, 1962, begann er mit dem juristischen Vorbereitungsdienst in Nordrhein-Westfalen, besuchte die „Hochschule für Verwaltungswissenschaften“ in Speyer und legte 1967 das zweite juristische Staatsexamen ab. Danach arbeitete er unter den Präsidenten Reinhold Rehs (1901–1972) und Herbert Czaja (1914–1997) beim Bund der Vertriebenen, zunächst von 1967 bis 1973 als wissenschaftlicher Referent für Staats- und Völkerrecht sowie Geschäftsführer der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht und danach bis 1979 als Leiter des Kulturreferats.

Als Hans-Günther Parplies 1979 zum Ostdeutschen Kulturrat kam, war Götz Fehr (1918–1982) aus Budweis in Böhmen Präsident, der aber überraschend am 9. März 1982 starb, so daß dann auch der Geschäftsführer dessen Pflichten teilweise mit übernehmen mußte, bis im Herbst 1982 schließlich Herbert Hupka (1915-2006) zum neuen Präsidenten gewählt wurde. In diesen 19 OKR-Jahren hat der kaum zu ermüdende Geschäftsführer eine Menge bewegt in der ostdeutschen Kulturarbeit, als herausragendes Beispiel wären, außer den nach dem „Erzählerpreis“ neu geschaffenen drei Kulturpreisen, die zwölf Bände einer beim Verlag Langen-Müller in München erschienenen Studienbuchreihe „Vertreibungsgebiete und vertriebene Deutsche“ (1992–2005) zu nennen, die, anders als die zehn Bände „Deutsche  Geschichte im Osten Europas“ des Berliner Siedler-Verlags, den Stoff in knapper und gut lesbarer Form anbieten. Im Interview von 1998 sagte er dazu: „Was konkret die Studienbuchreihe betrifft, so ist die Planung, daß die Bände mit jeder notwendig werdenden Neuauflage immer wieder fortgeschrieben und auf den neuesten Stand gebracht werden, Mit einer Kurzformel: Ostdeutsche Bildungsarbeit als Daueraufgabe.“

Eine solche, auf Jahre sich erstreckende Koordinierungsarbeit wäre kaum zu leisten gewesen ohne ständige Beschäftigung mit ostdeutscher Geschichte und Kultur. Hans-Günther Parplies hatte in unserer Stiftung dazu nicht nur die ergiebigsten Arbeitsmöglichkeiten, sondern er konnte auch auf seine in zwölf BdV-Jahren gewachsenen Kontakte zu zahlreichen Vertretern der Vertreibungsgebiete zurück­greifen. Dazu gehörten auch die Ehrenämter, die er seit Jahrzehnten innehat: So ist er seit 1988 BdV-Kreisvorsitzender in Bonn und BdV-Landesvorsitzender in Nordrhein-Westfalen, von 1984 bis 1986 und von 1990 bis 1994 saß er im BdV-Präsidium, von 1994 bis 2008 war er BdV-Vizepräsident. Von 2000 bis 2004 war er Vorsitzender des Kuratoriums der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen in Bonn, seit 2004 ist er dort der Vorstandsvorsitzende.

Die öffentliche Anerkennung für diese aufwendigen, aber auch tief befriedigenden Bemühungen um die Erhaltung und Pflege ostdeutscher Kultur konnte nicht ausbleiben. So wurde er 1978 mit dem Marienburg-Preis seiner Landsmannschaft Westpreußen ausgezeichnet, später wurden ihm das Goldene Ehrenzeichen der Landsmannschaft Ostpreußen, und die Goldene Ehrennadel des Bundes der Vertriebenen verliehen. Als ihm der Bonner Oberbürgermeister Hans Daniels 1990 im Alten Rathaus das Bundesverdienstkreuz überreichte, waren seine Mitarbeiter und Kollegen vom Ostdeutschen  Kulturrat anwesend. Als einziger der auf diese Weise Geehrten ergriff er das Wort und machte den geborenen Rheinländer Hans Daniels darauf aufmerksam, daß das Bonner Stadttheater im Jahr mehr öffentliche Gelder zugewiesen bekäme als der Ostdeutsche Kulturrat als überregionale Institution.

Unter der Wiedervereinigung Restdeutschlands am 3. Oktober 1990 hat er gelitten! Die historischen Ostgebiete Deutschlands in den Grenzen von 1937 lagen nun außerhalb der Staatsgrenzen. Bundeskanzler Helmut Kohl, ein geborener Pfälzer aus der Gegend Ludwigshafens, zeigte wenig Verständnis für die Gefühle der zwölf Millionen Vertriebenen, die immerhin ein Fünftel der Bevölkerung Gesamtdeutschlands ausmachten. Das konnte und wollte Hans-Günther Parplies nicht verstehen.        Jörg Bernhard Bilke


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