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24.05.08 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-08 vom 24. Mai 2008

Gute Gespräche / Warum es schon wieder fünf vor zwölf ist, wie Merkel die Latinos deutsche Logik lehrt, und was Herr Wend an der Wall Street wollte
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Ist es nicht erschreckend? Der „Artenvielfalt droht der Kollaps“, jeden Tag verschwinden 150 Tier- und Pflanzenarten, das sind fast 55000 im Jahr. Das hat uns die 9. UN-Naturschutzkonferenz mitgeteilt, zu der 5000 Delegierte aus 190 Ländern für zwei Wochen ins schöne Bonn gereist sind.

Beeindruckt haben uns die versammelten Konferenzexperten mit ihrem erstaunlich konkreten Zahlenmaterial: Demzufolge geht das Artensterben heute hundertmal so schnell wie vor der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, ja, wir erleben gar das größte Artenstreben seit dem Hinscheiden der Dinosaurier.

Jawoll, die Dinosaurier! Die Konferenzexperten haben tatsächlich Datenmaterial über 65 Millionen Jahre zusammengetragen. Wie lange die schon am Ball sind! Damals war ja selbst die alte Römerstadt Bonn noch nicht gegründet, da standen die Artenschützer schon im Wald der Kreidezeit und zählten die Arten, respektive, wie viele davon seit gestern Abend schon wieder verschwunden waren.

Leider haben die 65 Millionen Jahre nicht gereicht, um nachzuzählen, wie viele Arten es überhaupt gibt auf der Welt. Vorsichtigen Schätzungen zufolge sind rund 90 Prozent noch unentdeckt. Das tröstet aber nicht: Auch wenn wir nie erfahren haben, daß sie je existiert hätten, plagt uns doch ein entsetzlicher Phantomschmerz wegen jeder statistisch verschwundenen Spezies.

Das zwingt zum Handeln, es ist (zum wievielten Mal eigentlich?) „fünf vor zwölf“, weshalb jetzt dringend die „Mittel aufgestockt werden müssen“, wie Angela Merkel versprach. Greenpeace läßt sich das nicht zweimal sagen und fordert „ausreichend Geld“, die Rede ist von zwei Milliarden. Die Kanzlerin solle die „Finanzierungs-Initiative starten“ für Projekte zum Artenschutz (und zum materiellen Schutz der vielen Artenschutzorganisationen natürlich, die sonst noch auf die Rote Liste der unterfinanzierten „Nicht-Regierungs-Organisationen“ rutschen könnten).

Offizielles Ziel der Konferenz ist es, das Artensterben zu stoppen oder zumindest zu bremsen. Und wenn wir damit erfolgreich sind? Wird dann etwa die Förderung zurück­gefahren? Ach was, das braucht keine der geförderten Institutionen zu fürchten.

Denn: Solange es Arten überhaupt gibt, sterben immer welche aus, weil der Tod nunmal zum Leben gehört. Ein möglicher Stopp der Aussterberei braucht also niemandem Angst zu machen, er wäre gegen jede Natur und ist damit ausgeschlossen.

Aber bremsen? Das müßte doch gehen? Ja, theoretisch schon, aber wer will das messen? So wenig, wie irgendjemand weiß, wie viele Arten insgesamt existieren, kann auch keiner genau sagen, welche Menge wirklich ausstirbt pro Tag oder Jahr. Es gibt nur Schätzwerte.

Und wer schätzt? Die Artenschutz-Organisationen, -Experten und -Beauftragten – die Empfänger der Fördergelder für Artenschutzprojekte also. Daß ausgerechnet die eines Tages eine Bremsung des Artensterbens konstatieren und damit weniger Geldbedarf anmelden, gehört ins Reich der ausgestorbenen Hoffnungen, die wir schon lange vor den Dinos begraben haben.

Für Umweltminister Sigmar Gabriel war der Auftritt auf der Artenschutzkonferenz endlich mal eine Erholung. Er hat schwere Zeiten durchgemacht, sich rettungslos zwischen Nahrungsmittelknappheit und Ökosprit, zwischen Dschungelschutz und urwaldfressenden Palmölplantagen verfranzt und am Ende nur noch wirres Zeug gefaselt.

Er wollte alles gut machen, und produzierte einen Scherbenhaufen der Widersprüche. Da ging es ihm wie dieser Tage Kabinettskollege Olaf Scholz vom Arbeits- und Sozialressort: So leise wie möglich schlichen sich seine Parlamentskollegen in Richtung Diätenerhöhung, da platzte der arme Tropf laut scheppernd mit seinem „Armutsbericht“ ins Zimmer. Er meinte es auch gut, wollte seiner SPD Kugeln für den Kampf mit der Union ins Magazin stecken und hatte den Bericht daher etliche Wochen vorgezogen. Hätte er doch den Rand gehalten! Die Forderung nach Diätenerhöhung und die Parole „Deutschland verarmt!“ machen sich auf der selben Zeitungsseite schließlich so gut wie ein Diavortrag über Hungerka­tastrophen auf einer Schlemmerparty. Damit ist die Diätenerhöhung fürs Erste in der Armutsfalle versackt.

Politik ist schon stressig, ehrlich! Da hilft manchmal ein gutes Gespräch, so ein ganz unverfängliches, ohne Risiken und Nebenwirkungen. Kanzlerin Merkel hat in Lateinamerika gleich eine ganze Reihe solcher guten Gespräche geführt. Sogar mit Hugo Chávez, der sie vorher mit Hitler verrührt hatte. Der venezolanische Präsident hatte übersehen, daß die Deutschen bei den Lateinamerikanern seit jeher einen Stein im Brett haben, weshalb es seinem Ansehen in der Region wenig hilfreich ist, wenn er ausgerechnet neben einem Regierungschef aus Berlin das Beinchen hebt. Also leckte er die Bescherung artig wieder auf und führte ein gutes Gespräch mit der Deutschen. Frau Merkel hat die Chance zur Gönnerpose stilsicher genutzt.

Es war für Chávez sowieso keine gute Woche. Den Geschmack seiner Entgleisung noch auf der Zunge schlug ihm ein Untersuchungsbericht um die Ohren, der bewies, daß er die linken kolumbianischen Terroristen von der „Farc“ mit Geld und Gerät unterstützt hat. Vom Rio Grande bis Feuerland sind nun alle Nasen gerümpft.

Über die kommunistischen Mordbrenner und Drogendealer hatte Angela Merkel mit dem Präsidenten Kolumbiens, Álvaro Uribe, gesprochen. Sie sagte ihm Unterstützung zu im Ringen um Frieden in seinem Land – dies allerdings auf deutsche Art: Weil die linken Farc-Terroristen Kolumbien noch immer in Schrecken versetzen, versprach Merkel den Kolumbianern, ihnen bei der Aufarbeitung der Jahre zurückliegenden Verbrechen der rechten Paramilitärs unter die Arme zu greifen.

Hoffentlich begreifen die Latinos diese Logik à la Berlin, nach der es nicht auf Ausmaß oder Aktualität von politisch gefärbten Verbrechen ankommt, sondern auf die mutmaßliche ideologische Herkunft der Verbrecher. „Mutmaßlich“, denn bei den „rechten“ Paras handelte es sich im Grunde ebenso nur um Mörder, Entführer und Drogendealer wie bei den „linken“ Farc.

Ein weiterer Schwerpunkt der Merkel-Mission war das Thema Armut, und natürlich das Klima und wie immer irgendwas mit „nachhaltig“, aber das habe ich vergessen.

Ob mehr als große Worte und gute Gespräche herausgekommen sind, weiß keiner. Um in Sachen Armut etwas zu erreichen, muß man ja mit den Hauptverantwortlichen reden. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Wend, ist daher nach New York gefahren und hat auf dem Börsenparkett der Wall Street dem „angloamerikanischen Kapitalismus“ ins ganz bestimmt schlechte Gewissen geredet.

Was er dem Reporter von n-tv anschließend vor dem imposanten Gewusel der bedeutendsten Börse der Welt aus dem Gespräch berichten konnte, macht wirklich Mut: Der angloamerikanische Kapitalismus habe ihm versprochen, von jetzt an viel durchschaubarer zu werden, so Wend. Ist das nicht reizend vom angloamerikanischen Kapitalismus? Dann blickt auch der Herr Wend endlich mal durch und kann außerdem einen richtigen Verhandlungserfolg mit nach Hause bringen.

Ja, zu Hause, da sind unterdessen – trotz stahlharter Schutzzusagen von Rot und Schwarz – die Haushaltsdisziplin und mögliche Steuersenkungen endgültig ausgestorben. Dennoch gab es auch hier ein paar hübsche Gelegenheiten für gute Gespräche. Die beste holte sich Heidemarie Wieczorek-Zeul, die im Vollbesitz ihrer moralischen Tadellosigkeit über Menschenrechte in China dalailabern durfte, während aus ihrem Ministerium munter weiter die Millionen an „Entwicklungshilfe“ nach Peking fließen.


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