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© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-08 vom 07. Juni 2008
Maulkorb für Olympia-Gäste China führt die Welt vor – zwei Monate vor der Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking zeigt das Land, wie es sein Versprechen von den „Spielen der Menschenrechte“ einlösen wird. Bereits im April hatte das Land die Visa-Bestimmungen drastisch verschärft, jetzt hat das chinesische Olympia-Organisationskomitee einen „Ratgeber“ mit 57 Vorschriften auf seinen Internetseiten veröffentlicht, die alle Olympia-Teilnehmer zu beachten haben. Die Warnung kommt an, denn der Interpretationsspielraum der chinesischen Behörden ist uneingeschränkt. Der Gedanke von fröhlichen und freien Spielen der „Jugend der Welt“ verschwindet ganz. Ausländer, von denen Peking annimmt, daß sie die Sicherheit des Landes gefährden können, dürfen generell nicht einreisen. Das Auswärtige Amt in Berlin warnt davor, daß China in jüngster Zeit die Vorschriften strikter als bisher anwendet. Einreisende dürfen keine Publikationen mit sich führen, die „schädlich für Chinas Politik, Kultur, Moral und Wirtschaft sind“. Vorschrift Nr. 47 verbietet es Besuchern, in Stadien oder Sportstätten „beleidigende und religiöse, politische oder rassistische Parolen“ zu verbreiten. Vorschrift 55 verlangt, daß alle Zusammenkünfte, Kundgebungen oder Protestmärsche vorab von den Behörden genehmigt werden müssen. Bei Verstößen drohen Verwaltungsmaßnahmen oder kriminelle Verfolgung: also Geld- und Haftstrafen oder Ausweisung. China kann der Welt ungeniert seine spezielle Ausdeutung von Menschenrechten präsentieren – vor allem weil Peking die politischen Schwächen des Westens nur allzugut kennt. Gerade in dem Jahr, im dem sich die Deklaration der Allgemeinen Menschenrechte zum 60. Mal jährt, sind kaum entschlossene Stimmen auszumachen, die für Freiheitsrechte oder den Olympischen Gedanken eintreten, andere Interessen gehen vor. Peking hat auch die funktionalen Schwächen der westlichen Medien erkannt und nutzt das gehörig aus. Aus den Hilfsaktionen nach dem verheerenden Erdbeben im Süden des Landes haben die Machthaber eine Propaganda-Arie konstruiert – und westliche Journalisten, die sich nach wie vor selbst kein eigenes Bild von der Lage machen können, kommentieren die inszenierten Fernsehbilder, als sei das die reine Wahrheit. Der Drang, über eine Ka-tastrophe wie das Beben von Sichuan schnell und scheinbar exklusiv berichten zu können, setzt Berufsregeln außer Kraft. Das Begleitlob von einer neuen Medienpolitik ist falsch wie bestellt. Daß sich an der Lage der Menschen in China fast nichts geändert hat, faßte Amnesty International dieser Tage im Jahresbericht 2008 zusammen. „Die Spiele haben die Menschenrechtslage in vielen Bereichen sogar verschlechtert“, heißt es dort. Tausende seien zwangsweise umgesiedelt, Obdachlose in Umerziehungslager gesteckt worden. Dazu kämen mindestens 8000 Hinrichtungen im Jahr, systematische Folter und rigorose Zensur. Amnesty erinnert auch daran, welchen Vorschriften chinesische Journalisten unterliegen: Sie hätten zunächst 15 Punkte, bei jedem Verstoß gegen den „Anstands- und Disziplinarkodex“ verlören sie einen – null Punkte bedeute Schreibverbot. Mehr zu China auf Seite 4. |
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