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07.06.08 / Kampf um Potsdam / In der brandenburgischen Hauptstadt ringen SPD und Linke um die Macht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-08 vom 07. Juni 2008

Kampf um Potsdam
In der brandenburgischen Hauptstadt ringen SPD und Linke um die Macht
von Markus Schleusener

Potsdam steht vor einer großen Wahlschlacht: Im Herbst ist Kommunalwahl. Es ist zwar nicht mit einer hohen Wahlbeteiligung zu rechnen (zuletzt lag sie bei 45 Prozent). Spannende Einzelergebnisse wird es aber trotzdem geben.

Eines davon bahnt sich in der Landeshauptstadt Potsdam an. Im Wahlkreis Schlaatz kandidiert der amtierende Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gegen den Oppositionsführer in der Stadtverordnetenversammlung, Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke). Scharfenberg ist der Wortführer der Stadtschloß-Gegner in Potsdam.

Der Kampf zwischen den beiden beherrscht seit Jahren die politische Debatte in der Stadt. Scharfenberg verhindert mit den Linken-Stimmen im Parlament auch andere Beschlüsse des Bürgermeisters, am liebsten in Finanzfragen. Obwohl Potsdam endlich einen ausgeglichen Haushalt hat vorlegen können, wurde der Etat von der Opposition abgelehnt.

Scharfenberg und Jakobs haben bereits 2002 die Klingen gekreuzt. Damals kandidierte der PDS-Politiker zum Amt des Oberbürgermeisters. Im ersten Wahlgang lag Jakobs mit 45 Prozent deutlich vor Scharfenberg (31 Prozent). An dem Tag wurde gleichzeitig der Bundestag gewählt. Deswegen, so meinen Beobachter, sah der SPD-Mann Jakobs so gut aus.

Und sie sollten recht behalten: Die Vorfreude auf die schon sicher geglaubte Stichwahl hätte sich beinahe gerächt: Einen Monat später konnte sich Jakobs mit Müh’ und Not gegen Scharfenberg durchsetzen, der eine unglaubliche Aufholjagd hingelegt hatte. Jakobs siegte mit nur 50,1 Prozent der Stimmen. Scharfenberg fehlten genau 123 Wähler für einen Überraschungscoup.

Seitdem hat der Linke-Politiker an sich gearbeitet. 2010 wird er den nächsten Versuch starten. „Wenn er einen großen Sieg gegen Jakobs davonträgt, dann empfiehlt er sich damit natürlich auch für die nächste OB-Wahl“, findet sein Kreisvorsitzender Peter Heuer. Scharfenberg ist gerade erst 54 geworden – da hat er die höchsten Weihen in der Politik noch vor sich. Die Genossen tragen ihn auf Händen.

Jakobs setzt offensiven Kampfgeist dagegen: Er suchte sich als Wahlkreis die Hochburg der Linken. Schlaatz ist ein Plattenbaubezirk mit zuletzt 43 Prozent PDS-Stimmen. „Wir werden als Partei der Plattenbaugebiete charakterisiert“, sagt Scharfenberg, ein bißchen im Stolz. Trotzdem spricht er Jakobs jeden besonderen Mut ab, obwohl der Sozialdemokrat sich so in die Höhle des dunkelroten Löwen gewagt hat. Aber zu irritieren scheint dies den Linke-Kandidaten dennoch ein wenig.

Auch anderen ist unklar, warum Jakobs diesen Schritt gemacht hat. Er hätte es gar nicht nötig, für das Stadtparlament zu kandidieren, weil er als Oberbürgermeister ohnehin schon Mitglied der Stadtverordnetenversammlung ist. Aber mit dem Antritt in Schlaatz will er wohl zeigen, daß seine SPD der Konkurrenz von links nicht kampflos das Feld überläßt.

Die SPD in Brandenburg besetzt Wahlkreise strategisch. Sie hat Frank-Walter Steinmeier geholt, damit er ein Bundestagmandat für sie erobert. Und auch Platzecks letzter „Umzug“ erfolgte aus machttaktischen Gesichtspunkten.

Platzeck, der vor zehn Jahren zum Potsdamer Bürgermeister gewählt worden war, hat seinen Potsdamer Wahlkreis gerade gegen einen in der Uckermark eingetauscht. Für ihn ist es wichtig, das Erstarken der Linkspartei in den Randregionen aufzuhalten, was ihm in seinem neuen Landtagswahlkreis jetzt gelingen soll.

Die dominierende Stellung der Linkspartei im Potsdamer Stadtparlament wird sich dennoch nicht brechen lassen. Zur Zeit kommandiert Scharfenberg 17 von 50 Abgeordneten. Dagegen regiert eine von Jakobs geführte ganz große Koalition mit wechselnden Mehrheiten, weil CDU, SPD und die Grünen zusammen keine Mehrheit besitzen.

Zusätzlich im Parlament sind FDP, DVU, Familienpartei und andere Splittergruppen. Es riecht nach Weimar in Potsdam. Aber gegen die Zersplitterung der politischen Verhältnisse haben sich die großen Parteien etwas ausgedacht: eine Reform der Kommunalverfassung. Sie soll verhindern, daß einzelne Abgeordnete das Geschäft der größeren Parteien zu sehr stören. Nur noch große Fraktionen mit vier Mann und mehr werden demnach richtig mitarbeiten können.

Das sei „Demokratieabbau durch die kalte Küche“, wettert der Chef der Grünen in Potsdam, Jürgen Stelter. Er schrieb in den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“:  „Ein Argument der Drei-Parteien-Koalition aus SPD, CDU und Ex-PDS ist aber schon zu erahnen: Das Gesetz diene dazu, den Rechtsextremisten von vornherein die Beteiligungsmöglichkeiten zu nehmen. Dann aber würde man auf die Ewiggestrigen zielen und die Meinungsvielfalt treffen.“

Es nützte nichts. Das Gesetz wurde so beschlossen. Und plötzlichen waren sich Scharfenberg, die SPD und die CDU so einig wie selten.

Foto: Duell in der Plattenbausiedlung: Hans-Jürgen Scharfenberg (li) von der Linkspartei mit  Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (re, SPD) und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD)


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