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07.06.08 / Vom Vater geliebt, vom Bruder kritisiert / Vor 250 Jahren starb der zeitweilige designierte Thronfolger Friedrichs des Großen, Prinz August Wilhelm

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-08 vom 07. Juni 2008

Vom Vater geliebt, vom Bruder kritisiert
Vor 250 Jahren starb der zeitweilige designierte Thronfolger Friedrichs des Großen, Prinz August Wilhelm
von Jürgen Ziechmann

August Wilhelm von Preußen war das elfte Kind von König Fried­rich Wilhelm I. und seiner Ehefrau Sophie Dorothea von Hannover. Als er am 9. August 1722 geboren wurde, lebten von diesen elf Kindern nur noch sieben. Der Zwist seines Vaters, des Königs, mit dem Kronprinzen (also dem späteren Fried­rich II.) war noch nicht ausgebrochen, denn der Kronprinz war erst zehn Jahre alt und bemühte sich noch mit kindlichem Eifer, den Ansprüchen seines Vaters gerecht zu werden. Je mehr sich aber diese Vater-Sohn-Beziehung unerfreulich gestaltete, desto inniger wurde das Verhältnis August Wilhelms zu seinem Vater, der ihn bald als seinen Liebling bevorzugte und sogar lieber als Nachfolger auf dem preußischen Thron gesehen hätte als seinen Erstgeborenen. Auf dem Höhepunkt des Kronprinzen-Konflikts am preußischen Hof ernannte König Fried­rich Wilhelm I. 1730 seinen zweitältesten Sohn August Wilhelm (der damals acht Jahre alt war) zum Chef des „Regiments Kronprinz zu Pferde“ (Kürassierregiment Nr. 2), um öffentlich zu machen, daß er seinen Sohn August Wilhelm und nicht den Kronprinzen Fried­rich als seinen Nachfolger auf dem preußischen Thron betrachtete. König Fried­rich Wilhelm I. ernannte seinen Liebling ein Jahr später auch noch zum Statthalter von Pommern und teilte ihm eine Apanage von jährlich 2000 Talern zu.

Kronprinz Fried­rich versöhnte sich bekanntlich mit seinem Vater, heiratete auf dessen Befehl die ungeliebte Prinzessin Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel und wurde am 1. Juni 1740 König. Wenn August Wilhelm je von der Königswürde geträumt hatte, so war dieser Traum beendet – wenigstens solange, wie König Fried­rich II. lebte. Fried­rich hatte sich von jeher zu seinen Geschwistern freundlich und – mit Abstufungen – herzlich gezeigt. Auch zu August Wilhelm war der Kontakt herzlich – wenn auch nicht so innig wie der zur Schwester Wilhelmine (1709–1758). Der König, der wußte, daß er mit seiner Ehefrau keinen Thronfolger haben würde, sah August Wilhelm als seinen Nachfolger an und schonte ihn in den beiden ersten Schlesischen Kriegen. Aus diesen Gründen der Kontinuität der Dynastie wurde August Wilhelm von König Fried­rich II. am 6. Januar 1742 mit Luise Amalie von Braunschweig-Wolfenbüttel (1722–1780), der Schwester von Königin Elisabeth Christine, verheiratet. Ähnlich wie die Ehe zwischen Fried­rich und Elisabeth war auch die zwischen August Wilhelm und Luise Amalie nicht glück­lich, doch entsprossen ihr vier Kinder, darunter der spätere König Fried­rich Wilhelm II. (1744–1797). In diesen Jahren bewies König Fried­rich seinem Bruder häufig sein Wohlwollen: August Wilhelm behielt das Kürassier-Regiment Nr. 2 und blieb also auch in den Augen der Öffentlichkeit desig­nierter Nachfolger des Königs; Fried­rich ernannte ihn kurz nach der Verheiratung zum Generalmajor und verlieh ihm am 10. November 1742 die Chefstelle des Infanterie-Regiments v. Gersdorff (Nr. 18); am 30. Juni 1744 erklärte Fried­rich seinen Bruder offiziell zum Nachfolger für den Fall des eigenen Todes.

Mit 23 Jahren verliebte sich August Wilhelm bis zum Wahnsinn in Sophie Marie von Pannwitz (1729–1814), die damals 16 Jahre alt war. August Wilhelm hatte sie bereits als Kind seiner Nachbarn in Oranienburg auf deren Gut Schönfließ und dann seit 1743 häufig als Hofdame seiner Mutter im Berliner Schloß und im Schlößchen Monbijou gesehen; möglicherweise hatte er schon damals die Absicht, sie später zu seiner morganatischen (Neben-)Ehefrau zu machen. Seine wiederholten Bitten lehnte König Fried­rich II. aber ab. Ob August Wilhelms Gefühle auch von der jungen Pannwitz, die nach den Worten von Fried­richs Schwester Wilhelmine „schön wie ein Engel“ war, erwidert wurden, ist offen. Fakt ist, daß der König einer Verehelichung der Sophie Marie mit dem Grafen Ernst Johann von Voß, dem Hofmeister von Fried­richs ungeliebter Ehefrau Elisabeth Christine, zustimmte. Die Gräfin Voß lebte dann noch 69 Jahre am preußischen Hof und wurde als Vertraute von Königin Luise und durch ihre veröffentlichten Erinnerungen bekannt. Bei der Hochzeit seiner angebeteten Sophie mit dem Grafen Voß, bei der er unbedingt zugegen sein wollte, soll August Wilhelm in Ohnmacht gefallen sein.

Das Verhältnis zwischen dem König und seinem ältesten Bruder blieb dennoch freundschaftlich bis herzlich, was auch aus dem Briefwechsel abgelesen werden kann.

Allerdings war August Wilhelm in zunehmendem Maße unzufrieden mit der – in seinen Augen – zurückgesetzten Position in der Herrschaftsaus­übung. Es mag sein, daß er sich von seinem vier Jahre jüngeren Bruder Heinrich (1726–1802) anstacheln ließ. Heinrich stand in viel stärkerer Opposition zum König als sein gutmütiger und weniger ehrgeiziger Bruder August Wilhelm.

Fried­rich der Große war in Fragen der militärischen Disziplin und der Beachtung soldatischer Tugenden fast genauso streng wie sein Vater, der „Soldatenkönig“. Anläßlich einiger in seinen Augen inakzeptabler militärischer Vorfälle in den beiden Regimentern seines Bruders schrieb er diesem im April 1750: „Nur in militärischen Fragen kenne ich keine Schonung. Gehen meine Brüder mit gutem Beispiel voran, so freue ich mich unendlich darüber. Tun sie es nicht, so vergesse ich mit dem Augenblick jede Verwandtschaft und tue nur meine Pflicht, nämlich bei meinen Lebzeiten alles in guter Ordnung zu halten.“

Im ganzen ist der Brief recht wohlwollend, aber August Wilhelm geriet zunehmend in eine Gemütslage, die ihn zur Einsicht in eigene Fehler nicht gelangen ließ; er sah sich häufig zu unrecht gegängelt und gegenüber jüngeren Militärs zurückgesetzt.

Schließlich entsprach der König seinem Drängen und machte August Wilhelm – ausgerechnet nach der Schlacht bei Kolin am 18. Juni 1757 – zum Kommandierenden eines von vier Armeekorps, die sich aus Böhmen nach Sachsen zurück-ziehen sollten.

In einigen schlecht recherchierten Büchern oder Lexika-Artikeln wird die Meinung verbreitet, August Wilhelm habe sich den Zorn des Königs wegen seines Verhaltens in der Schlacht selbst zugezogen.

Das ist falsch. Nicht wegen seines Verhaltens in der Schlacht, während der er gar kein selbständiges Kommando hatte, war Fried­rich der Große erbost über August Wilhelm, sondern deswegen, weil er als kommandierender General beim Rück­zug seines Armee-Korps infolge sinnloser und verlustreicher Märsche den Paß bei Gabel, zahlreiche Kanonen, nahezu den gesamten Fuhrpark, das Magazin von Zittau mit 1,2 Millionen Portionen und am 23. Juli die Stadt selbst verlor.

Mag auch die Reaktion des Königs, der seinen Bruder bei dem ersten Zusammentreffen am 29. Juli keines Blickes würdigte und ihm in einer Antwort auf das Rücktrittsgesuch August Wilhelms am 30. Juli 1757 heftige Vorwürfe gemacht hat, übertrieben erscheinen, so ist doch nicht ersichtlich, daß der König damit das weitere Leben seines Bruders zerstört habe, wie es in einigen Gazetten zu lesen ist.

Das Zerwürfnis wurde nicht wieder gekittet – auch wegen der Uneinsichtigkeit August Wilhelms. Er starb an einem Gehirntumor.

Foto: Der Prinz von Preußen zu Pferde in Feldherrnpose: Nach der Schlacht bei Kolin versagte August Wilhelm allerdings bei der Führung seines Armeekorps.


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