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14.06.08 / Hier blieb Preußens Kultur lebendig / Ein Besuch im Berliner Bode-Museum offenbart einen reichen Schatz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-08 vom 14. Juni 2008

Hier blieb Preußens Kultur lebendig
Ein Besuch im Berliner Bode-Museum offenbart einen reichen Schatz
von Rüdiger Ruhnau

Vor über 60 Jahren (1947) tilgten die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges Preußen von der Landkarte. Die Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten und das gleichzeitige Wachsen Berlins zur politischen und kulturellen Hauptstadt führten zu einer deutlich preußischer gewordenen neuen Bundesrepublik. Es war ein glücklicher Gedanke, das Sichern und Sammeln verstreuter Kunstbestände der ehemaligen preußischen Länder in der „Stiftung Preußischer Kulturbesitz“ (SPK) zusammenzuführen. Im Stiftungsrat der SPK sind neben dem Bund alle 16 Bundesländer vertreten. Der Bund als Nachlaßverwalter Preußens trägt die Hauptlast für das nationale Erbe der Preußenstiftung.

Mit den 16 Staatlichen Museen zu Berlin, der Staatsbibliothek, dem Geheimen Staatsarchiv, dem Institut für Musikforschung samt Musikinstrumentensammlung, dem Kupferstichkabinett und der Münzsammlung stellt die SPK den größten Kultur- und Wissenschaftskomplex Europas dar. Diese Erbschaft ist ein Zukunftskapital, das mit dem hoffentlich bald verwirklichten Humboldt-Forum im neu zu errichtenden Hohenzollernschloß dem nicht zu tilgenden Mythos Preußen neue Realität verschaffen wird.

Mitten im Herzen der alten Reichshauptstadt, zwischen Spree und Kupfergraben, liegt Preußens Arkadien, die Museumsinsel mit ihrem historisch gewachsenen Ensemble deutscher Kulturgeschichte. Mit der vor anderthalb Jahren erfolgten Wiedereröffnung des Bode-Museums ist nach der Alten Nationalgalerie das zweite Gebäude völlig neu eingerichtet worden, verpflichtet dem Ideal des Schönen, Wahren und Guten. Folgen werden die Restaurierung von Neuem und Altem Museum sowie des Pergamonmuseums.

Wilhelm von Bode, der 1929 im Alter von 83 Jahren starb, galt jahrzehntelang als der heimliche Herrscher der Berliner Kunstszene. 1914 geadelt, besaß er ganz   das Ohr des jungen Kaisers Wilhelm II. Bode setzte es durch, daß als nächster Neubau auf der Museumsinsel, nach der Nationalgalerie, das heute seinen Namen tragende Museum für die gesamte nachantike Kunst gebaut wurde. Einigkeit bestand darüber, daß „alle Sammlungen großer Kunst“ ihren Platz auf der Spree-insel erhalten sollten. Unter persönlicher künstlerischer Anteilnahme des Kaisers errichtete der Hofarchitekt Ernst von Ihne einen Bau, der Stilelemente aus friderizianischem Rokoko mit Schlüterschem Barock prächtig verbindet, wobei der Eindruck nicht wegzuwischen ist, es mit einer mehr kaiserlichen Ruhmeshalle zu tun zu haben.

Das 1904 als „Kaiser-Friedrich-Museum“ der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Gebäude verdankte seinem ersten Direktor Bode auch die neue Museumsidee, nämlich Gemälde und Skulpturen in einem thematischen und kunsthistorischen Zusammenhang auszustellen. Bode wollte die verschiedenen Kunstepochen bis zum Klassizismus ganzheitlich zeigen. Er entwarf „Epochenräume“, die das Lebensgefühl einer bestimmten Zeit ausdrückten, sorgte für eine wohnliche Atmosphäre der Säle durch farbige Wandverkleidung, originale Türeinrahmungen, in Verbindung mit den dazu passenden Bildern und Möbeln. Bode lehnte eine schematische Aneinanderreihung der Kunstwerke in strenger Chronologie ab. Die Museen sollten Bildungsschulen für das Publikum sein, statt eines „wissenschaftlichen“ Museums plädierte er für eine ästhetische Darstellung der Objekte, an denen das wahrhaft Schöne in möglichster Vollkommenheit gezeigt werden konnte.

Nach der Wiederherstellung der durch Bombenhagel geschädigten Gebäudeteile sowie Rückgabe eines Großteils der in die Sowjet-union verschleppten Kunstschätze konnten die geschrumpften Bestände in der Zeit der deutschen Teilung wieder gezeigt werden. Erst 1998 begann eine großzügige Generalsanierung des Bode-Museums, die nach achtjähriger Dauer ein wahres Schatzkästlein von Museum entstehen ließ. Ein großes Lob den traditionsbewußten Stukkateuren, Restauratoren nebst anderen Kunsthandwerkern, die hochwertige Arbeiten der Extraklasse leisteten.

Der Besucher betritt die mit edlen Materialien ausgestattete große Kuppelhalle, in der Mitte eine Replik vom Reiterstandbild des Großen Kurfürsten von Andreas Schlüter. In der Kuppel die goldenen Reliefs und Wappen der preußischen Kurfürsten, Könige und Kaiser. Verteilt auf drei Ebenen präsentieren sich in 70 herrlich gestalteten Sälen die Kunstwerke, sorgfältig aufgestellt nach den Richtlinien moderner Museums-pädagogik. Dem Weg der „Goldenen Achse“ folgend, erreicht man nach der Kamecke-Halle mit den mythologischen Figuren, die Renaissance-Basilika, das Herzstück des Museums. Nach dem Vorbild einer Basilika in Florenz ließ Bode, dem Renaissancekult verpflichtet, einen Kirchenraum mit Gemälden und Skulpturen des 15. / 16. Jahrhunderts ausstatten, darunter christliche Bildwerke der Florentiner Brüder della Robbia, gekrönt vom Wappen der Medici. In dem kleinen Kuppelsaal, Abschluß der „Goldenen Achse“, rahmen die Standbilder siegreicher Feldherren den König von Preußen Friedrich II. ein. Die Marmor-Originale der Repräsentanten preußischer Staatsmacht kamen im Jahre 1904 in das Bode-Museum.

Ein ganzer Raum ist Tilman Riemenschneider, dem Meister der Spätgotik, gewidmet. Herausragend seine „Vier Apostel“, die sorgfältige Detailarbeit ist besonders an den feingliedrigen Händen erkennbar. Zu den Glanzlichtern des italienischen Klassizismus gehört Canovas grazile „Tänzerin“ von 1757. Aus etwa der gleichen Zeit stammt die aus Lindenholz geschnitzte Marienfigur von Joseph Anton Feuchtmayr. Das raffiniert fallende Kleid betont die Bewegung der „Maria gen Himmel fahrend“. Zu den zahlreichen Einbauten zählt auch der „Husumer Kamin“, aus Alabaster und Sandstein gefertigt, stechen die Reliefs hervor. Die vorsichtige Restaurierung des Frühbarock-Kamins kann die vorhandenen Beschädigungen nur teilweise verdecken. Empfehlenswert sind auch die Abteilung für Byzantinische Kunst und das Münzkabinett. Von der Unesco zum Weltkulturerbe ernannt, enden die Schaustücke der Museumsinsel zeitlich mit den Gemälden Adolph Menzels. Peter-Klaus Schuster, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, der 2008 das Ruhestandsalter erreicht, wünscht, daß sich der Besucherstrom auf fünf bis sechs Millionen einpendeln möge.

Foto: Sammlung großer Kunst: Das Bode-Museum in Berlin ist ein Besuchermagnet auf der Museumsinsel.


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