19.04.2024

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14.06.08 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-08 vom 14. Juni 2008


Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

die aktuellste Nachricht vorweg: der Mann im blauen Heft auf dem Foto in Folge 22 hat sich gemeldet. Es ist leider nicht Horst Jastrau, der seit 1943 in Rußland vermißt wird, wie seine Mutter vermutete, sondern ein Königsberg-Besucher aus Berlin, der im August 2007 an der Taufe der kleinen Elisabeth in der Königsberger Auferstehungskirche teilnahm. Es wäre ja schon mehr als ein Wunder gewesen, wenn es sich tatsächlich um den in Königsberg geborenen Horst Jastrau, von dem seine Mutter seit 63 Jahren kein Lebenszeichen mehr erhielt, gehandelt hätte. Aber meine Hoffnung, daß wir wenigstens von irgendeiner Seite Aufklärung über den auf dem Standfoto des ZDF-Dokumentarfilm von Wolf von Lojewski „Meine Heimat – Deine Heimat“ Abgebildeten erhalten, hat sich so prompt erfüllt, daß wir schon dafür dankbar sein müssen. Das ist wieder ein Musterbeispiel für die Mitarbeit unserer Leserschaft, und dafür dankt auch Herr Prof. Dr. Wolf Hofmann, der uns den Wunsch seiner Schwiegermutter übermittelte.

Und ebenso prompt hat sich der – dagegen kleine – Wunsch von Graf Pahlen erfüllt, der ein Gedicht suchte, das er einmal in den ersten Nachkriegsjahren gelesen und nie wieder gefunden hatte. Er wollte diese unvergessenen Verse an den Anfang seiner bereits verfaßten Erinnerungen setzen und fragte mich auf dem Berliner Treffen danach, aber ich konnte nur versprechen: Ich reiche die Frage an die Ostpreußische Familie weiter. Und kaum veröffentlicht, hielt Graf Pahlen schon das Gedicht in den Händen. Überglücklich schrieb er an uns: Hurra, ich hab’s! Das hat er Frau Renate Block aus Wyk auf Föhr zu verdanken, die als Neukuhrerin das Gedicht wohl ebenso liebt wie Graf Pahlen, denn es beginnt: „Säß noch einmal gern in der Ostsee Dünensand, Körner ungezählt liefen durch die Hand …“ Die Königsbergerin Agnes Harder hat es vor langer Zeit geschrieben, ich kenne von ihr viele Gedichte wie „Die Marienburg“, ihr wohl bekanntestes, aber von ihren vielen epischen Werken – sie galt um die Jahrhundertwende als eine der erfolgreichsten deutschen Schriftstellerinnen – ist kaum etwas geblieben. Ich wundere mich, daß diese schönen, klaren Verse in Vergessenheit gerieten, sie würden zu den Erinnerungen vieler älterer Leserinnen und Leser passen „… wußte damals nicht, wie so rasch das Leben fließt.“ Ich freue mich, daß Graf Pahlen es mir übermittelte und danke ihm und Frau Block.

Ja, das große Ostpreußentreffen bestimmt auch noch weiter unsere Kolumne – und lädt meinen doch stark beanspruchten Akku wieder auf. Es stärkt ja ungemein, wenn man nette Fotos bekommt, vor allem wenn „diese aus Freude an der gelungenen Begegnung“ übersandt werden. So schreibt nämlich mein Königsberger Landsmann Werner Hinz, aber nicht deshalb bringe ich hier eines seiner Fotos, sondern weil es das dokumentiert, was er bei der Aufnahme als „typisch Ostpreußische Familie“ bezeichnete, weil jedem der Abgebildeten geholfen werden konnte. Da sehen wir Margund Hinz, deren Dank über die Mithilfe an ihrem Buch „Die Geschichte des Sprachheilwesens in Ostpreußen“ ich bereits übermittelte. Und nun fühlt sie sich ermutigt zu einem neuen Vorhaben, das der Erforschung des Schulwesens in Ostpreußen gilt.  Und der Senior selber trug mit Hilfe unserer Ostpreußischen Familie zur Zusammenführung zweier Jugendfreundinnen aus der Königsberger Stägemannstraße bei. Na ja, und auf solch einem „Familienfoto“ darf ich ja dann auch nicht fehlen. Und so soll es stehen für eine gelungene Zusammenarbeit, die auch andere Zuschriften und Fotos bekunden wie die – besonders netten – Aufnahmen von Frau Renate Lohs aus Chemnitz oder Herrn Hans-Walter Krause aus Berlin.

Und so läuft es munter weiter. Nur kurz konnten Frau Helga Gehrmann aus Hannover und ich auf dem Ostpreußentreffen miteinander sprechen, aber es genügte, um ihr Mut zu machen, ihren Suchwunsch aufzuschreiben. Und hier ist er nun. Es handelt sich um den Lehrer Friedrich Nolte, der mindestens bis 1935/36 in Launingken, Kreis Darkehmen, später Sanden, tätig war. Friedrich Nolte, * 14. August 1902 in Northeim, war Junglehrer in seinem Heimatkreis, als er eine junge Witwe kennenlernte, die zwei Kinder hatte. Aus dieser Beziehung ging ein Sohn hervor. Da die Verhältnisse doch damals recht problematisch waren, kam der Sohn schließlich zu sehr netten Adoptiveltern. Nun sucht er, jetzt selber Vater und Großvater, seit geraumer Zeit nach seinen Wurzeln, auch auf Wunsch seiner Kinder. Der Kontakt zu einer Halbschwester ist bereits hergestellt. Das geschah kurz vor deren 80. Geburtstag und wurde als wunderbares Geschenk empfunden. Die Mutter hat übrigens nie gegenüber den anderen Kindern von deren Halbbruder gesprochen! In den Jahren 1935/36 verliert sich die Spur von Friedrich Nolte, als er nach Ostpreußen ging. Es gibt nur ein einziges „Trittsiegel“, nämlich ein offizielles Dokument, das ihn als Lehrer an der Schule in Launingken ausweist. Blieb der Pädagoge noch länger in dem Ort, wurde er an eine andere ostpreußische Schule versetzt, ging er in seine Heimat zurück, hat er geheiratet, wurde er – wann und wo – eingezogen, überlebte er den Krieg? Mindestens über die Zeit seiner Lehrertätigkeit in Launingken dürfte es Informationen aus unserm Leserkreis geben, wenn sich ehemalige Schülerinnen und Schüler an ihren Lehrer Nolte erinnern. Noch ist es nicht zu spät! Aber es stimmt schon, wenn Frau Gehrmann meint: „Schade, daß man sich meistens erst im fortgeschrittenen Alter mit so wichtigen Dingen befaßt. Aber die Ostpreußische Familie hat schon soviel Unmögliches vollbracht, vielleicht gibt es ja hier noch eine Überraschung!“ Für jeden Hinweis wären dankbar: Richard Wagner, Ansbachweg 9, 37242 Bad Sooden-Allenbach, Telefon (0 56 52) 41 61, und / oder Helga Gehrmann, Krasselweg 46, 30657 Hannover, Telefon (05 11) 6 04 52 96.

Wie man die Vergangenheit lebendig machen kann, beweist das Schreiben von Frau Helga Krause aus Langenhagen, die uns ganz herzlich Danke sagt, denn was sie – wie auch ich – kaum geglaubt hatte: Die Personen auf dem in Folge 18 veröffentlichten, sehr alten Familienfoto aus Wischnewien sind keine Unbekannten mehr. Frau Krause erhielt einen Brief von Herrn Ernst Joswig aus Karow. Der 84jährige hatte sich sehr gefreut, dieses Foto in unserer Zeitung zu sehen, denn er konnte auf ihm einige seiner engsten Verwandten entdecken, allen voran seine Großmutter Helene Joswig geborene Myszuch, dazu zwei ihrer Kinder mit Angehörigen. Er konnte sogar den Anlaß für die Aufnahmen bestimmen: Es handelte sich um das Konfirmationsbild von Erich Usko, Sohn von Marie und Fritz Usko, auch aus Wischnewien (später Kölmersdorf). Frau Krause schreibt: „Herr Joswig konnte bis auf drei Personen alle identifizieren. Ich habe mich mit ihm sehr gefreut, daß er auf diesem Wege seine Verwandtschaft entdecken konnte. Für mich hat sich damit die Suche nach Angehörigen auf diesem Foto erledigt, außer meinen Großeltern sind keine dabei. Wie klein die Welt doch ist! Da recherchiere ich in alle Richtungen ohne Erfolg – und mit einigen Federstrichen ist alles aufgeklärt. Wenn es man immer so wäre!“ Ja, dieser letzte hoffnungsvoller Seufzer bezieht sich auf die abgebildeten Großeltern Johann und Marie Kolenda geborene Warda und deren vier Kinder Charlotte (verheiratete Sbresny), Helene (Ehmke?), Hans Kolenda und Anne Krömer, deren Nachkommen Frau Krause sucht. Vielleicht findet sich ja noch ein Kölmersdörfer, der helfen kann? (Helga Krause, In den Kolkwiesen 70, 30851 Langenhagen, Telefon 05 11 / 73 24 58.)

Alle bisherigen Nachforschungen über das Schicksal seiner Mutter blieben ergebnislos, jetzt wendet sich Herr Hellmut Oltersdorf an unsere Ostpreußische Familie, um durch sie einen Hinweis auf ihren Verbleib zu erhalten. Was er bisher erfahren konnte, beruht allein auf den Aussagen einer ehemaligen Mitbewohnerin seines Heimatdorfes Hasselpusch, Kreis Heiligenbeil. Dort bewirtschafteten seine Eltern bis zur Flucht einen Bauernhof. Der Vater Heinrich Albert Oltersdorf war 1890 dort geboren, seine Frau Martha Johanne geborene Schönhoff, * 27. März 1895, stammte aus Vogelsang, Kreis Heiligenbeil. Ihr Sohn Hellmut hat die Flucht nicht miterlebt, er war bereits 1943 zur Wehrmacht einberufen worden und geriet nach Kriegsende in russische Gefangenschaft. Als er 1947 entlassen wurde, kam er als sogenannter Heimatloser in das Heimkehrerlager Pirna und blieb auch dort nach der Entlassung. Er suchte nach seinen Eltern, und es gelang ihm, einige glaubwürdige Angaben zu erhalten. So, daß die Eltern gemeinsam flüchteten und bis Pr. Stargard kamen, dort aber von den Russen überrollt wurden. Es gilt als wahrscheinlich, daß Heinrich und Martha Oltersdorf mehrfach versucht haben, in ihren Heimatort zurückzukehren, wobei sie getrennt wurden. Der Vater soll von den Russen mitgenommen worden sein, kam noch einmal zurück und wurde dann endgültig nach Rußland verschleppt, wo er am 12. Juni 1945 verstarb. Die wenigen Angaben über den Verbleib der Mutter beruhen allein auf einem Brief einer Frau aus Hasselpusch, die zusammen mit dem Ehepaar Oltersdorf auf die Flucht ging oder wenigstens zeitweilig mit ihnen zusammen war. Sie teilte dem Sohn mit, daß die Mutter nach der endgültigen Verschleppung ihres Mannes gesundheitlich sehr mitgenommen war. Sie wollte mit anderen Bekannten aus ihrem Dorf nach Hasselpusch zurückkehren, sei aber nur bis zur Weichsel gekommen. Da sie kein Geld für das Übersetzen gehabt habe – die Brücke war zerstört – sei sie am westlichen Ufer zurückgeblieben. Von da an fehlt jede Spur von Martha Oltersdorf. Die Briefschreiberin ist mit ihren Kindern nach Hasselpusch zurückgekehrt und hat ein vollkommen zerstörtes Dorf vorgefunden. Diesen Brief besitzt der Sohn noch heute, kann aber nicht sagen, wie und auf welchem Wege dieser ihn nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft erreicht hat. Nun hofft Herr Oltersdorf, durch unsere Ostpreußische Familie Fluchtgefährten seiner Mutter oder ehemalige Bewohner von Hasselpusch zu finden, die aussagen könnten, was damals mit seiner Mutter geschah, wo und wie sie verblieben ist. Für jeden noch so kleinen Hinweis wäre der Sohn dankbar. (Hellmut Oltersdorf, Weinleite 18, 01796 Dohna, Telefon 0 35 01 / 52 88 97.)

Eure Ruth Geede

Foto: Das ist „echt Ostpreußische Familie“: Drei Generationen Hinz fanden sich auf dem Ostpreußentreffen bei der von ihnen so genannten „Familienmutter“ Ruth Geede ein und bedankten sich damit auf ihre Weise, denn allen wurde schon einmal geholfen.


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