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21.06.08 / »Und abends tu ich dichten« / Eine Ausstellung zeigt Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Werk von Carl Spitzweg und Wilhelm Busch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-08 vom 21. Juni 2008

»Und abends tu ich dichten«
Eine Ausstellung zeigt Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Werk von Carl Spitzweg und Wilhelm Busch
von Silke Osman

Der Name des einen steht für ergötzliche Bildergeschichten, der andere ist der Darsteller des Biedermeier schlechthin. Was haben die Maler Wilhelm Busch (ja Maler!) und Carl Spitzweg gemeinsam, daß man ihnen eine Doppelausstellung widmet? Erst einmal ist das Zusammentreffen des 200. Geburtstages Carl Spitzwegs (5. Februar 1808) mit dem 100. Todesjahr von Wilhelm Busch (9. Januar 1908) in diesem Jahr Anlaß für das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt, das Werk beider Künstler ab 29. Juni in einer großen Jubiläums-Ausstellung zu zeigen. Auch finden sich in ihren Biographien zahlreiche Übereinstimmungen, denn beide gehören als Bildkünstler zur Münchner Malerei.

Der Ältere, der in München geborene Spitzweg, bildete sich außerhalb der Akademie im Kreis der Münchner Landschafter zum Künstler aus und wurde dann einer seiner bekanntesten Repräsentanten. Wilhelm Busch studierte an der Münchner Akademie, erkannte aber, daß es ihn eher zum Dichten, Schreiben und zum Zeichnen hinzog. Die „Fliegenden Blätter, 1844 von Caspar Braun gegründet, zeigen eine weitere Gemeinsamkeit. Spitzweg konnte für einige Jahre als Zeichner komischer Szenen gewonnen werden. Busch hingegen wurde nicht nur eifriger Zeichner der „Fliegenden Blätter“, sondern auch Anreger des Münchner Bildergeschichten-Stils. Mit seiner 1865 erschienenen Bilderzählung „Max und Moritz“ begründete er seinen Ruhm.

„Spitzweg und Busch waren im Deutschland des 19. Jahrhunderts bedeutende Humoristen, – und sind es bis heute geblieben“, so die Kuratoren der Schweinfurter Ausstellung. „Spitzweg hatte Karikatur, Satire und lustige Szenen, die sich im Medium der Graphik an ein breites Publikum wenden, zum bildwürdigen Gegenstand der Malerei erhoben. Seine meist kleinformatigen Bilder zeigen Figuren in vertrackt-komischen alltäglichen Situationen, die jeder kennt, jeder nachempfinden kann und über die jeder lächeln muß. Alles bleibt dabei in einer menschenfreundlichen Schwebe.

Bei Busch jedoch führt alles zur Katastrophe, wobei er manche Themen Spitzwegs aufgegriffen hat. Spitzwegs malerische

Entwicklung führt zur Landschaftsidylle. Buschs skeptische Weltsicht hingegen schärft sich bis zur letzten ausweglosen Geschichtenfolge. Die beiden lebenslangen Einzelgänger aber malen im Alter in einem genügsam-meditativen Prozeß voller kühner künstlerischer Freiheiten ihre kleinen Landschaftsbildchen.“

Spitzweg liebte es, Menschen in ihrem Milieu darzustellen. Kauzige Sonderlinge wie der Kaktusliebhaber, der arme Poet oder der Bücherwurm, die alle bekannte Gemälde eingingen,  sind noch heute ein Synonym für Spitzweg. Ähnlich ergeht es Wilhelm Busch, der meist nur mit Max und Moritz oder der frommen Helene gleichgesetzt wird.

Weniger bekannt ist allerdings, daß Carl Spitzweg sich auch als Dichter versuchte. In vielem erinnert zumindest ein Versuch an die Verse in den Bildergeschichten von Wilhelm Busch. Unter dem Titel „Ich als Dichter“ liest man:

Wenn ich den Tag

schon opfre doch

Rein mur Vergnügens Sachen,

so will ich wenigst‘

abends noch

ein klein Plaisir mir machen.

Ich bitt‘, du mußt nur

hier von all’n

Auf jeden Schmerz verzichten;

Am Tage nämlich tu ich mal’n

Und abends tu ich dichten.

Was ist geblieben? Spitzweg kennt jeder. Spitzweg lieben alle. Spitzweg ist heiter. Spitzweg ist unverfänglich. Seine Bildsprache ist jedem verständlich. Kein Wunder also, wenn er anhaltend populär geblieben ist. Carl Spitzweg war der Maler der kleinen Leute. In einer Epoche, in der die offizielle Malerei Helden sehen wollte, hebt sich seine Schilderung des Lebens deutlich hervor. Rück-zug in eine Nische war das Rezept seines Lebens, und damit entsprach er den unpolitischen Neigungen seines Publikums. Spitzweg ist zum Inbegriff des biedermeierlichen „stillen Glücks im Winkel“ geworden. Wilhelm Busch kennt auch jeder, alle lieben ihn. Seine nachgelassenen Zeichnungen und Gemälde aber lassen ahnen, daß Busch freier und souveräner mit dem Sujet umgehen wollte. Werke der Spätzeit führen durchaus bis an die Grenze der Abstraktion heran. Den letzten Schritt aber wagte er nicht. Er blieb stets gegenständlich in seinen Landschaftsbildern und Porträts.

„Die Ausstellung läßt Gemeinsamkeiten und charakteristische Unterschiede in Werk und Denken der beiden Künstler in Gegenüberstellungen von zahlreichen Gemälden, Zeichnungen und Druckgraphik deutlich werden“, so die Schweinfurter. „Jeweils gesonderte Räume zeigen Höhepunkte im künstlerischen Schaffen der beiden geistesverwandten Antipoden.“

Die Ausstellung „Carl Spitzweg und Wilhelm Busch“ im Museum Georg Schäfer, Brückenstraße 20, 97421 Schweinfurt, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr zu sehen, Eintritt 7 / 6 Euro, 29. Juni bis 2. November, im Anschluß (23. November bis 19. April 2009) im Wilhelm-Busch-Museum, Hannover.

Fotos: Carl Spitzweg (r.) und Wilhelm Busch: Selbstbildnisse der Künstler


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