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21.06.08 / Hochprozentiges Lebenswasser / Der Whisky und seine wechselvolle Geschichte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-08 vom 21. Juni 2008

Hochprozentiges Lebenswasser
Der Whisky und seine wechselvolle Geschichte
von Joachim Feyerabend

Es ist ein denkwürdiges Jubiläum: Die älteste Whisky-Destille der Welt feiert dieses Jahr ihren 400. Geburtstag. Zwar streiten sich Schotten und Iren noch immer darum, wer der Erfinder des Getreidebrandes ist, doch unbestritten befindet sich im nordirischen Ort Bushmills die älteste verbriefte Whiskey-Brennerei der Welt. Seit 1608 König James I. von England dem beschaulichen Dörfchen am Ufer des Flusses Bush in der Grafschaft Antrim die Brennrechte gewährte, hat sich das bräunliche bis goldgelbe Getränk über den gesamten Globus ausgebreitet und einen Milliarden-Markt geschaffen. Aber es sind keinesfalls die Angelsachsen, die von dem Destillat am meisten konsumieren, auch nicht die 300 Millionen Amerikaner, sondern die Inder. Selbst die Franzosen stellen ihren weltberühmten Cognac weiter hinten ins Regal. Sie importieren und trinken in einem Monat mehr Whisky als in einem ganzen Jahr den heimischen Cognac.

Mit 570 Millionen Litern gegenüber 350 Millionen in den USA führen in der Tat die Inder die Riege der begeisterten Whisky-Konsumenten an, und selbst die Japaner lassen noch 14 Prozent des Weltverbrauchs durch ihre Kehlen rinnen. Die Schotten exportieren 943 Millionen Flaschen und schöpfen so einen großen Teil des europäischen Marktes von immerhin einer Milliarde Euro für die Spirituose ab. Viele Länder produzieren inzwischen auch eigenen Whisky, so natürlich die US-Amerikaner, die Kanadier, die Australier und Neuseeländer, aber auch Indien (Marke „Sikkin“), Thailand („I-Lan“), Japan und in Europa Deutschland (etwa „Racke rauchzart“). Auch die Schweiz, Österreich und Frankreich destillieren das Gebräu aus Gerstenmalz, das durch die Verwendung von Torffeuern bei der Malztrocknung seinen rauchigen und unverwechselbaren Geschmack erhält. Aber auch die Lagerung spielt dabei eine Rolle, so werden irische

„Whiskeys (das Inselvölkchen schreibt Whisky mit einem „e“) erst in Eichenfässern, dann in Sherryfässern und zum Schluß in alten Madeirafässern viele Jahre gelagert, bis sie ihren milden Geschmack und ihre Farbe erhalten, denn ursprünglich ist der Brand weiß. Das unvermeidliche „Verdampfen“ eines Teils des kostbaren Destillats während der Lagerung beschreiben die Bewohner der Grünen Insel sehr lyrisch als „Angels Share“.

Nicht weit von Bushmills gilt der „Giant’s Causeway“ als Touristenattraktion, sechseckige Basaltsäulen an der Küste von Antrim, der Sage nach ein Brückenpfeiler des Riesen Finn McCoole, der von dort eine schottische Braut holen wollte. Ihr Entstehen verdanken die spektakulären Säulen vulkanischen Kräften vor 60 Millionen Jahren, jenem Feuer aus dem Inneren der Erde, das auch die Basaltplatten rund um Bushmills schuf.

Aus einem kleinen Nebenflüßchen bezieht die Destille ihr Wasser und preist die Reinheit der Quelle im Basalt, 1100 bereits als „King’s Waters“ bekannt, als einen Hauptbestandteil ihres Brandes, des sogenannten „Uisce beatha“, des Lebenswassers, des mittelalterlichen „Aquae vita“.

Das Geheimnis der Destillation wurde in Europa von den Arabern und deren Heilkundigen, die Kräuter darin ziehen ließen, übernommen und vom irischen Nationalheiligen St. Patrick im fünften Jahrhundert nach Christus bei seiner Missionierung der Gälen ins Land gebracht. Und so waren es, ähnlich wie bei der Kunst des Bierbrauens, Mönche, die den Sprit zuerst herstellten, verbreiteten und verkauften.

Nach der Besiedlung des amerikanischen Kontinents durch die Europäer versuchten die Immigranten sofort, ihren eigenen Whisky, zum Teil aus Mais, herzustellen. Doch mangels Torf fehlte den Bränden aus der Neuen Welt der typische Rauchgeschmack, und so blühte der Export vor allem für die Iren. Mit ausgekohlten Eichenfässern versuchten die Yankees, ihren „Bourban“ von diesem Makel zu befreien.

Heute werden die Richtungen „Malt“ (gemälzte Gerste), „Grain“ (Mais, Weizen oder ungemälzte Gerste sowie in den USA auch Roggen), „Rye“ (Roggen), Bourbon (Mais) und „Corn“ (80 Prozent Mais) unterschieden, wobei die Schotten dem Image nach mit ihren „Malts“ tonangebend sind und als Hochburg der Whisky-Produzenten gelten. Nach wie vor schwören sie auf ihre Herstellungsmethoden, erst das sogenannte „Mashing“, dann das Fermentieren, die Destillation, das Reifen und schließlich das Blending zur endgültigen Geschmacksgebung. Und jede der Brennereien hat natürlich ihre streng gehütete Rezeptur und einen Kundenkreis, der darauf schwört und zum Teil für besonders alte Brände Liebhaberpreise zahlt.

Foto: Edler Tropfen: Iren und Schotten streiten sich, wer den Whisky erfunden hat.


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