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21.06.08 / Streitkultur / Man kann sich ja auch mal irren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-08 vom 21. Juni 2008

Streitkultur
Man kann sich ja auch mal irren
von Gabriele Lins

Familienrunde. Worte fliegen wie Tennisbälle hin und her. Opa erzählt gerade kleine Erlebnisse aus früheren Urlauben: „Und dicht am Müritzsee stand ein kleines Restaurant, in dem wir immer gut gegessen haben. Wir konnten es zu Fuß erreichen.“

Oma: „Nein, wir sind doch immer mit den Rädern hingefahren. Weißt du das denn nicht mehr?“

Opa: „Gar nicht wahr! Zu Fuß sind wir gegangen, weil es nur ein paar Schritte bis da hin waren.“

Oma wegwerfend: „Na, ich will jetzt nicht streiten, aber wir sind doch mit den Rädern hingefahren. Aber bitte, ich schweige um des lieben Friedens willen.“

Opa verdreht die Augen. „Ich werde mal die alten Filme herauskramen, dann kannst du sehen, daß ich Recht habe.“

Oma: „Du willst immer Recht haben. Das kenne ich ja nun schon!“

Kurzes Schweigen zwischen den Eheleuten, dann erinnert sich Oma: „Und in Ungarn hat man uns das große Gummibötchen gestohlen. Da gingen mindestens sieben Personen hinein.“

„Falsch“, ereifert sich Opa, „so groß war das Bötchen gar nicht. Es gingen nur fünf Personen rein, aber hallo!“

Oma entrüstet: „Ich glaube, du hast Alzheimer, obwohl man über diese böse Krankheit nicht lästern soll, aber das Boot war ziemlich groß, und es gingen ..., ach, lassen wir das. Ich schweige um des lieben Friedens willen!“

Opa: „Und in Italien hat Peter mal einen Barsch aus dem Meer geangelt. Der war mindestens einen Meter lang. Der Junge hat sich riesig gefreut.“

Oma: „Ach wo! Das war gar kein Barsch, das war ein Dorsch, und der war viel kleiner als einen Meter, höchstens 50, nein, eher 30 Zentimeter.“

Opa wischt ärgerlich mit der Hand durch die Luft. „Was du immer sagst! Es war ein Barsch und der war einen Meter lang, das weiß ich ganz genau. Wir haben ihn dann gegrillt, und ich habe ihm die Haut abgezogen. Das ging ziemlich schwer, denn ...“

Oma fällt ihm lachend ins Wort: „Der Fisch, dem du die Haut abgezogen hast, war ein Aal. Du bist dabei rückwärts auf den Hintern gefallen, als die Haut endlich ab war.“

„Das stimmt“, ruft die Tochter der Eheleute, „wir waren alle dabei und haben noch so gelacht! Und du hast gesagt, wir wären schadenfroh.“

Opa zuckt mit den Schultern. „Kann sein, daß ich mich vertan habe. Aber Alzheimer habe ich deswegen noch lange nicht. Na ja, um des lieben Friedens willen ...“

„Man kann sich ja mal irren“, meint Oma versöhnlich.“

Opa: „Gerade du irrst dich ganz schön oft, meine Liebe.“

Oma: „Du wohl nicht? Na, hör mal! Wenn ich dir erzählen würde, wie oft du dich schon vertan hast, wenn du was zum Besten geben wolltest!“

Opa gekränkt: „Na, wie oft denn. Hast du es gezählt?“

Jetzt grinst Oma. „Wir beiden Alten sind doch nicht mehr ganz gescheit. Es ist doch Irrsinn, sich um solche Bagatellen zu streiten!“

Opa: „Da hast du mal Recht! Man sagt ja: Der Klügere gibt nach, nicht wahr, und deshalb bin ich jetzt still ... um des lieben Friedens willen.“


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