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28.06.08 / Plattgemacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-08 vom 28. Juni 2008

Plattgemacht
von Harald Fourier

Mit der Revolution in der DDR kam auch die Freiheit in den Einzelhandel. In der Osthälfte Berlins wurden überall kleine Geschäfte gegründet, kaum größer als Kioske. Die Eigentümer, nicht selten Vietnamesen, verkaufen dort Obst, Gemüse, Zigaretten, Bier, Wasser, Fertigpizza, Brot und Dosenwurst. Was der Berliner eben so braucht, wenn er abends (oder nach durchzechter Nacht: morgens) nach Hause kommt.

Die Bezirke erteilten großzügig Ausnahmegenehmigungen. Schon lange vor dem Ende des Ladenschlußgesetzes hatten diese Geschäfte offen, wenn Kaiser’s, Aldi und Co. schließen mußten. Dieser Vorteil machte sich für die kleinen mittelständischen Unternehmen bezahlt. Sie konnten zwar den ruinösen Preiskampf mit den Billigmärkten, der stets und ständig kritisiert wird (siehe Milchpreise), nicht gewinnen. Aber sie waren für ihre Kunden auch dann noch da, wenn bei Edeka der Filialleiter das Licht ausschaltete.

Jetzt geht es den kleinen Spätverkaufs­stellen an den Kragen. Im Bezirk Pankow  drohen Einzelhändlern immer höhere Strafen, wenn sie ihr Geschäft auch am Sonntag betreiben. Bei Sonntagsverkauf sind schnell mal 2500 Euro fällig – das ist weit mehr als der Gewinn an diesem Tag.

In meiner Straße gibt es eine Araberin, die ihren Laden aus Furcht vor der Strafe sonntags lieber zuläßt. Und das trifft sie sehr schwer. Denn seit der Ladenschluß an Werktagen vor zwei Jahren gefallen ist, hat sie auch in der Woche keine Chance mehr gegen die großen Ketten. Gleich um die Ecke ist eine Supermarktfiliale eines internationalen Großkonzerns, mit der sie nicht mithalten kann. Der Sonntagsverkauf war ihre letzte rentable Einnahmequelle. Meine Kiosk­besitzerin denkt jetzt ans Aufgeben,

Das Bezirksamt, das die Geschäfte jahrelang toleriert hat, schaltet indes um auf stur. „So sind die Vorschriften“, heißt es dort lapidar. Immer mehr Händler machen jetzt zwangsweise zu.

Viele Berliner haben kein Verständnis für die neue harte Linie. Da sind kleine Familienunternehmen von Leuten, die sich nicht gehen lassen, die nicht zum Sozialamt rennen und nach Unterstützung schreien, sondern sich in ihrem Minibetrieb abschuften, um von selbst verdientem Geld leben zu können, weil sie niemandem auf der Tasche liegen wollen. Dann kommt die     Verwaltung und setzt sie einem Wettbewerb mit internationalen Großkonzernen aus, den sie nie und nimmer gewinnen können.

Und auf der nächsten Verdi-Kundgebung wird vermutlich ein Politiker von SPD oder Linkspartei auf dem Podium stehen und fordern, daß „man endlich die kleinen Leute vor der Macht der Großkonzerne schützen müsse“. Makaber.


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