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28.06.08 / Süße Medizin / Tröstliche Betrachtung für Genießer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-08 vom 28. Juni 2008

Süße Medizin
Tröstliche Betrachtung für Genießer
von Anne Bahrs

Es ist gewiß, daß unseren Altvorderen Gutes widerfuhr, manchmal auch auf dem Krankenlager, und sie uns gern davon berichteten. Viele wirksame Hausrezepte gegen das kleine Weh-Weh des Alltags sind überliefert. Medizin mit Honig gehört allemal dazu. Wenn zudem die Zunge loben kann, was als Medizin gepriesen wird, ist dem Kranksein bereits die schlimmste Pein genommen.

Den Patienten das Straßburger Apothekers, der 1544 seine Rezepte dem „Confektbuch und Hausapotheck“ anvertraute, war angeraten, die nötigen Dukaten bereit zu halten. Denn die Zutaten der darin gepriesenen Stärkungsmittel waren allesamt sehr teuer. Honig, die beste und fast einzige Süßkraft über viele Jahrhunderte, mußte an die Herrschaft abgeliefert werden, die später, als Rohrzucker eingeführt werden konnte, ihn in kostbaren Döschen unter Verschluß hielt. Auch Mandeln, ein begehrtes Handelsgut, galten als Luxusware. „Mandeln, Zucker und verschiedene Ingredenzien wie Rosenöl“ waren die Zutaten der so sehr gelobten „Medizin“ des Straßburger Apothekers. Darum wohl auch der Nachsatz unter seinem Rezept: „Marcipan gilt zu dieser Zeit mehr zur Lust bei Banketten, denn von den Kranken gebraucht.“

Und – so scheint es – ist es bis auf den heutigen Tag geblieben. Doch es fehlt den Käufern dieser rezeptfreien Medizin, die sonst gern von kalorienbewußter Lebensweise reden, gewiß nicht am guten Geschmack. Und da Zucker bei ernährungsbewußten Leuten in Mißkredit geraten ist, wird das edle Marzipan aus 95 Prozent Rohmasse und einem Zuckeranteil von nur 5 Prozent bevorzugt. Warum sollte das viel gepriesene und begehrte Konfekt nicht auch Medizin sein? Hat es doch durch bereits seit mehr als 1000 Jahren schon Augen und Gaumen der Reichen erfreut.

Einleuchtend ist uns die Erkenntnis, daß der Menschen Wohlbefinden an Leib und Seele besser ist, wenn sie Freude haben. Richten wir uns nach des kundigen Paracelsus Lehre, achten und halten das Maß als wichtigstes Gebot für eine wirksame Medizin, so sei uns ernährungsbewußten Genießern das Marzipan ein der Gesundheit dienlicher Freudenspender!


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