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05.07.08 / Schnell und schmerzhaft / Wie Heinz Buschkowsky mit Problemfamilien umgehen möchte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-08 vom 05. Juli 2008

Schnell und schmerzhaft
Wie Heinz Buschkowsky mit Problemfamilien umgehen möchte
von Markus Schleusener

Wenn Horst Köhler eine Auslandsreise macht, dann fliegt er nach Afrika, um ein Entwicklungshilfeprojekt zu besuchen. Wirtschaftsminister Michael Glos würde eher eine Industriemesse aufsuchen, die Autoausstellung in Detroit zum Beispiel. Sigmar Gabriel fährt zu Umweltkonferenzen und Verteidigungsminister Franz Josef Jung zu seinen Truppen in Afghanistan oder auf dem Balkan.

Reisen bildet, heißt es. Und deutsche Politiker reisen besonders gerne. Jeder entsprechend seinem Fachgebiet. Und so ist es ganz natürlich, daß Heinz Buschkowsky nach Rotterdam fährt, um sich den Umgang mit sozialen Brennpunkten anzuschauen und darüber zu informieren, wie andere westeuropäische Großstädte mit ihrem Ausländerproblem umgehen.

Was der Neuköllner Bezirksbürgermeister an Erkenntnissen mitgebracht hat, läßt (mal wieder) einigen seiner sozialdemokratischen Genossen die Haare zu Berge stehen.

Buschkowsky hatte 2005 vorausgesagt, die Unruhen in Pariser Vorstädten würden auch bald bei uns Realität sein. Diese Prognose hat seinen Parteifreuden schon damals nicht geschmeckt. Seine neuesten Erkenntnisse schon gar nicht. So plant er, gegen notorische Schwerenöter härter vorzugehen und ihnen die Sozialhilfe zu streichen.

In Rotterdam haben er und seine Begleiter erfahren, daß schwerbewaffnete Polizisten in Problembezirken einfach Wohnungen stürmen. Ohne richterlichen Durchsuchungsbefehl! Bei uns undenkbar. Ihm wurden Straßenzüge gezeigt, in denen die Polizei jeden Passanten rund um die Uhr kontrollieren kann. Kein Ausweis dabei? 50 Euro Strafe! Außerdem gibt es Bezirke, in die nur ziehen darf, wer Arbeit hat. So soll die Ghettoisierung gestoppt werden.

In Rotterdam werden die Verwahrlosungstendenzen „ganz ernst genommen“, grinst Buschkowsky. In seiner Stadt und auf Druck seiner Partei kann er nicht mal die Ausstellung des  „Wohnberechtigungsscheins“ an unerwünschte Personen verhindern, grummelt er.

Wer sich in Rotterdam nicht benimmt, dem wird die Sozialhilfe gestrichen. Hilft auch das nicht, so wird die ganze Familie zwangsweise umgesiedelt, selbst wenn nur ein Familienmitglied unangenehm aufgefallen ist. „Wir haben Viertel für Viertel wieder in Besitz genommen“, haben die Niederländer Buschkowsky erklärt. Der Bezirksbürgermeister findet: „Die Rotterdamer zeigen, daß sich ein Kiez umdrehen, daß sich Verwahrlosung verhindern läßt.“

Rotterdamer Schulen geben die Zeugnisse nicht an Schüler aus, sondern an die Eltern. So werden auch sie gezwungen, in der Schule vorstellig zu werden. „Ein dolles Ding“, freut sich Buschkowsky, nachdem er sich mit der Rotterdamer Praxis befaßt hat. Doch auch diese Maßnahme läßt sich nur schwer umsetzen. Seine Partei hat seinen Vorschlag abblitzen lassen, als er ein Bußgeld für Schulschwänzer einführen wollte. So kommt er nur mit einer Handvoll guter Ideen zurück, aber kaum etwas wird sich in die Tat umsetzen lassen.

Buschkowsky würde zum Beispiel Geldstrafen für grob gemeinschaftsschädliches Verhalten einführen. Wer wiederholt Müll vom Balkon schmeißt, soll nach der dritten Ermahnung keine Sozialhilfe mehr bekommen. Die Erziehung zum sozialen Mitbürger soll „schnell und schmerzhaft“ geschehen, so Buschkowsky.

Die Reaktion seiner Berliner Genossen fiel nicht gerade begeistert aus. Niemand aus der Partei meldete sich in Berlin zu Wort, um ihn zu unterstützen. Dafür gab es sofort Ärger in der Fraktion. Buschkowsky wollte seine Erlebnisse dort vortragen. Doch die SPD-Abgeordneten wollten den Mann von der Basis nicht einmal anhören: Die Mehrheit erteilte ihm ein Redeverbot – ein fast einmaliger Vorgang.

Christian Hanke vom rechten SPD-Flügel sprach in diesem Zusammenhang von „Inquisition“. Buschkowsky selbst warf seinen Parteifreunden „Ignoranz“ vor, weil sie Probleme nicht sehen wollten. Die mächtige SPD-Linke mag die Botschaft Buschkowskys nicht hören. Dafür hat die FDP-Fraktion den Kommunalpolitiker jetzt eingeladen. „Die Einladung nehme ich selbstverständlich an“, sagte er sofort.


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