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05.07.08 / Der Mythos

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-08 vom 05. Juli 2008

Der Mythos von »al-Andalus«
Die Idealisierung der maurischen Herrschaft in Spanien hält einer historischen Prüfung nicht stand
von Hans Heckel

Der islamistische Terror, die Hinwendung junger Muslime, auch in Europa, zu fundamentalistischen Strömungen, Meldungen über „Ehrenmorde“ – der Traum der harmonischen Koexistenz mit dem Islam hat erhebliche Kratzer davongetragen.

Westliche Intellektuelle bestehen indes darauf, daß dies alles lediglich kurzfristige Verirrungen seien, die mit dem Islam nichts zu tun hätten, ja, um Reaktionen auf die abendländische „Demütigung“ der Muslime, die solche Exzesse erst heraufbeschworen habe. Als Beleg für den friedlichen, toleranten Kern des Islam wird regelmäßig die mohammedanische Herrschaft in Spanien angeführt, die von 711 bis 1492 (im äußersten Süden) andauerte. Hier hätten, so die allgemeine Darstellung, Moslems, Christen und Juden unter weisen muslimischen Führern harmonisch und respektvoll zusammengelebt.

Eine Legende, die keiner Prüfung standhält. Christen und Juden führten in „al-Andalus“, wie die Araber Spanien nannten, das Leben von „Dhimmis“, Schutzbefohlenen. Sie mußten eine Sondersteuer zahlen, die in Geld, Naturalien oder Fronarbeit zu entrichten war, und waren im täglichen Leben etlichen weiteren Benachteiligungen ausgesetzt.

So mußten „Ungläubige“ in Ghettos leben, ihnen war es verboten, ein edles Tier wie ein Pferd zu reiten. Außerdem lebten sie in der ständigen Furcht, von einem Moslem wegen Gotteslästerung denunziert zu werden, wogegen sie sich kaum wehren konnten, weil ihr Zeugnis vor Gericht nichts galt.

Überdies war es Christen und Juden verboten, Waffen zu tragen. Im Mittelalter waren Händler und andere Reisende indes überall in der Welt darauf angewiesen, sich gegen Raubüberfälle im offenen Land selbst zu verteidigen. Das Waffenverbot machte die Christen und Juden somit nicht nur schutzlos, es engte auch ihre Bewegungsfreiheit beträchtlich ein.

Der angesehene Gelehrte Ibn Abdun verfaßte um das Jahr 1100 in Sevilla ein Rechtsgutachten, das die gezielte Diskriminierung der „Dhimmis“ bis ins einzelne dekretierte. Dort heißt es: „Ein Muslim darf einen Juden nicht massieren, auch nicht einen Christen. Er darf nicht ihren Abfall beseitigen und nicht ihre Latrinen reinigen. Es ist angemessener, daß Juden und Christen dieses Gewerbe verrichten, denn es ist das Gewerbe der Meistverachteten.“ Chronisten berichten von Massenübergriffen auf Juden und Christen mit Tausenden Toten.

Auch die gepriesene geistige Freiheit, die dem „finsteren Mittelalter“ in den christlichen Ländern engegengehalten wird, war mindestens ebenso starken Schwankungen ausgesetzt wie in den Ländern der Christen: So ließ der Amiriden-Herrscher al-Mansur (981–1002) alle philosophischen Bücher verbrennen.

Der Vollständigkeit halber muß angefügt werden, daß die Diskriminierung und Verfolgung Andersgläubiger auch im christlichen Europa (Judenpogrome) elende Praxis war. Und auch, daß die christlichen Wiedereroberer Spaniens gegen Moslems wie Juden mit aller Härte vorgingen.

Doch „al-Andalus“ als leuchtendes Vorbild eines freigeistigen, toleranten und von multikulturellem Respekt geprägten Gartens der Religionsgemeinschaften ist ein frommes Wunschbild.


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