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05.07.08 / Spanisches Feuer / Die Schloßfestspiele Schwerin warten mit einem vielfältigen Programm auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-08 vom 05. Juli 2008

Spanisches Feuer
Die Schloßfestspiele Schwerin warten mit einem vielfältigen Programm auf
von Helga Schnehagen

Im größten Festspielmagazin Europas rangierten die Schloßfestspiele Schwerin vergangenes Jahr im internationalen Vergleich auf Platz drei! Nach fünf Verdi-Opern in Folge kam dieses Jahr erstmals ein Werk aus der Feder des französischen Komponisten Georges Bizet zur Aufführung: „Carmen“. Premiere war am 4. Juli. Musik voll Leidenschaft und Feuer, nach deren Uraufführung 1875 an der Pariser Opéra Comique die Presse die Forderung laut werden ließ, die Vorstellungen aus Gründen der Sittlichkeit für Minderjährige zu verbieten.

Seit 1993 verlegt das Mecklenburgische Staatstheater jeden Sommer seine Spielstätte für sechs Wochen vor die Haustür. Dabei wanderten die Schloßfestspiele zuerst in den Innenhof des Schlosses, dann, seit 1999, auf den Platz des Alten Gartens mit seiner faszinierenden Architektur-Kulisse von Staatskanzlei, Staatstheater, Staatlichem Museum und Schloß. 

In der Open-Air-Arena des Alten Gartens wurden schon mehrere Varianten ausprobiert. Stand lange die große Freitreppe des Staatlichen Museums im Blickpunkt des Bühnengeschehens, hat sich die Perspektive zuletzt immer mehr Schwerins Markenzeichen, dem Schloß, zugewandt. Mit „Carmen“ setzt Lutz Kreisel die Szenerie direkt davor. Einen Bezug zu den Schauplätzen der Oper, zu Zigarettenfabrik, Schenke, Gebirgsschlucht und Stierkampf-Arena, sucht man in der turmreichen Schloßkulisse zwar vergebens. Doch die damit verbundene Überhöhung des Geschehens – im doppelten Sinne des Wortes – verleiht ihm etwas einmalig Märchenhaftes.

Als Fünf-Sparten-Theater mit hauseigenen Werkstätten für Kulissen und Kostüme ist das Mecklenburgische Staatstheater in der komfortablen Lage, die Schloßfestspiele zum größten Teil aus eigener Kraft realisieren zu können. Das Geheimnis des Erfolges? Generalintendant Joachim Kümmritz: „Es ist die Kombination aus dem Ort mit seiner historischen Kulisse, einer grundsätzlich positiven Haltung im Hause und dem Qualitätsbemühen. Die Schloßfestspiele sind der Höhepunkt der Spielzeit, an dem das ganze Jahr gearbeitet wird. Alle geben sich große Mühe und sind mit innerer Verve bei der Sache. Zudem sind wir stark bemüht, jährlich die Qualität zu steigern. Vor allem die Tonqualität, die zugegebener Maßen anfangs auf dem Alten Garten zu wünschen übrig ließ.“

Auch dieses Jahr stehen die Schloßfestspiele wieder unter der musikalischen Leitung von Matthias Foremny, der seit 2003 Generalmusikdirektor und Operndirektor am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin ist. Daneben gibt es ein Wiedersehen mit gefeierten Gastsolisten der vergangenen Jahre, darunter Hermine May (Carmen), Daniel Magdal (Don José) und Konstantin Rittel-Kobylianski (Escamillo). Regie führt Frank Bernd Gottschalk. In Königsberg geboren, begann seine Karriere 1971 an den Wuppertaler Bühnen mit einer Inszenierung von „Tiefland“. Seit seinem Debüt am Teatro Communale Giuseppe Verdi in Triest 1991 arbeitet er bevorzugt in Italien. 1992 zeichnete die Zeitung „La Repubblica“ seine Regie von Zemlinskys „Der Geburtstag der Infantin“ sogar als beste Operninszenierung des Jahres in Italien aus. Nach seiner erfolgreichen Inszenierung von Verdis „Falstaff“ in Schwerin hat man ihn dieses Jahr auch für „Carmen“ verpflichten können. Mit 4,6 Millionen liegt Schwerin, was die Jahres-Einnahmen betrifft, unter Deutschlands Theatern an 16. Stelle. Fast die Hälfte, 2,1 Millionen Euro, bringen allein die Festspiele. Von den 200000 Zuschauern pro Jahr besucht rund ein Viertel die Festspiele. Diesen Sommer erwartet man den 500000. Festspielbesucher. „Für 2009 dürfen sich die Zuschauer schon auf Mozarts ,Zauberflöte‘ freuen und für 2010 auf ,Alexis Sorbas‘“, verrät Joachim Kümmritz.

Das 1886 erbaute Theater selbst, das sogenannte Große Haus, wurde in den vergangenen Jahren aufwendig restauriert. Dabei hat man zuletzt im Sommer 2006 nicht nur das Gestühl für 600 Besucher durch neue Theatersessel ersetzt. Seitdem ermöglicht eine neue Bühnentechnik auch aufwendigere Inszenierungen. Das Publikum, 80 Prozent aus Schwerin und Umgebung, 20 Prozent überregional, hatte dem Theater ohnehin immer die Treue gehalten. Dabei geht es, wie der Blick ins Repertoire 2007/2008 zeigt, keineswegs nur um Unterhaltung auf hohem Niveau. Stücke wie „Gegen die Wand“ von Fatih Akin oder „Welche Droge paßt zu mir?“ und „Klamms Krieg“, beide von Kai Hensel, gehören neben anderen ebenso dazu.

Raum für die experimentelleren Produktionen des Mecklenburgischen Staatstheaters bietet das

E-Werk, wunderschön am Nord-ufer des Pfaffenteichs gelegen. Diese zweite Spielstätte mit ihren rund 100 Plätzen beherbergt neben der mundartlichen Fritz-Reuter-Bühne auch das Puppentheater unter Leitung von Margrit Wischnewski. Letzteres eine Besonderheit, auf die Joachim Kümmritz besonders stolz ist: „Denn wir versuchen mit einer sehr guten theaterpädagogischen Arbeit sowie dem Puppentheater, dem Jugendtheaterclub und Theater in den Schulen, immer wieder neue Ideen zu entwickeln, um die Jugend fürs Theater zu interessieren.“

Bereits als „echte Marke“ gewürdigt werden die MeckProms, mit denen die Mecklenburgische Staatskapelle auf Tour geht – in bester Tradition der englischen Promenadenkonzerte. Eröffnet werden sie am 15. Juli um 21 Uhr auf der Schweriner Freilichtbühne. Die weiteren Spielstätten sind: Fürstenhof in Wismar (20. Juli, 11 Uhr), Schloßpark Ludwigslust (27. Juli, 11 Uhr), Schloß Güstrow (29. Juli, 20 Uhr), Kloster Zarrentin am Schaalsee (3. August, 11 Uhr) und Schloß Mirow (5. August, 11 Uhr).

Informationen zu den Festspielen, die noch bis zum 10. August laufen (jeweils Donnerstag bis Sonntag), und Karten unter Telefon (03 85) 53 00 123, Fax (03 85) 53 00 129, E-Mail: kasse@ theater-schwerin.de oder im Internet unter www.theater-schwerin.de

Foto: Vor prachtvoller Kulisse: Schloßfestspiele (hier „La Traviata“ im Jahr 2006) in Schwerin


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