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05.07.08 / Schlichte Kohlekumpel / Rafael Seligmann versucht sich an einem Roman über das Revier

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-08 vom 05. Juli 2008

Schlichte Kohlekumpel
Rafael Seligmann versucht sich an einem Roman über das Revier

Der 1947 in Tel Aviv geborene Autor Rafael Seligmann ist eigentlich ein anerkannter, routinierter Autor, dem man seine langjährige Berufserfahrung bei seinem 2006 erstmals veröffentlichten und jetzt als Taschenbuch erschienenen Roman „Die Kohle-Saga – Der Tatsachenroman aus dem Revier“ leider nicht anmerkt. Hölzern unterbricht er das geschilderte Familienschicksal der Familie Bialo immer wieder durch seitenlange Geschichtspassagen, so daß sich der Leser regelmäßig angenervt fragt, ob er nun ein Buch über die deutsche Geschichte oder über die Bergarbeiterfamilie Bialo liest. Zudem sind die Geschichtspassagen sehr vereinfacht dargestellt. Vermutlich versucht der Autor hier, das Geschichtsbild aus Sicht von sozialdemokratischen beziehungsweise sozialistischen Kohlekumpeln zu schildern, aber das Ergebnis überzeugt nicht und stört den Lesefluß. Dies ist wirklich bedauerlich, denn die Idee, drei Generationen einer Bergarbeiterfamilie vorzustellen, ist durchaus gut und ehrbar. Daß hier natürlich auch immer wieder auf die Verwicklungen in der deutschen Geschichte hingewiesen werden muß, ist auch selbstverständlich, die Art und Weise ist jedoch mißlungen.

Jetzt zu den Bialos. Leopold Bialo wurde unter dem Namen Leszek Bialowons als Bauernjunge in Oberschlesien geboren. Doch seine Heimat bietet ihm nicht das, was er sich wünscht, also läuft er 1884 mit 17 Jahren von zu Hause weg und versucht sich als Bergmann in Herne. Dort verliebt sich der engagierte Bergmann in die hübsche Anna, die sich gegen die Bedenken ihrer Eltern mit dem Polen verlobt. Finanzielle Engpässe jedoch ermöglichen erst lange keine Eheschließung und die Gründung eines gemeinsamen Hausstandes. Als es dann endlich soweit ist, kommen gleich mehrere Kinder und die Familie ist glücklich, bis die Mutter mit 38 Jahren bei der Geburt ihrer jüngsten Tochter stirbt.

Rafael Seligmann zeichnet sympathische, eigenwillige Charaktere, deren Schicksal allerdings nicht wirklich berührt.

Um die Familie als für die Region, den Berufsstand und die Zeit typisch zu gestalten, läßt der Autor hierfür „typische“ Schicksale auf die Familie einprasseln. Ein Sohn fällt im Ersten Weltkrieg, ein anderer wird Anhänger der Nazis, der mit der Familie befreundete jüdische Arzt begeht, kurz bevor er „umgesiedelt“ werden soll, Selbstmord, und die Enkelin heiratet in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts einen italienischen Gastarbeiter.          Rebecca Bellano

Rafael Seligmann: „Die Kohle-Saga – Der Tatsachenroman aus dem Revier“, Piper, München 2008, broschiert, 362 Seiten, 8,95 Euro


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