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12.07.08 / Ganz vorn an der Front / Trotz aller Dementis: Bundeswehr steht jetzt in Afghanistan im Kriegseinsatz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-08 vom 12. Juli 2008

Ganz vorn an der Front
Trotz aller Dementis: Bundeswehr steht jetzt in Afghanistan im Kriegseinsatz
von Klaus D. Voss

Die Lage in Afghanistan wird täglich gefährlicher – und die Bundesregierung wiegt die Bürger im Ungewissen. Es ist jetzt ein Kriegseinsatz, aber nach wie vor wird das Trugbild aufrecht erhalten, die Bundeswehr leiste mit 3500 Isaf-Soldaten einen humanitär geprägten Einsatz im Norden des Landes. Weder wird die Bevölkerung über die Entwicklung umfassend unterrichtet, noch erhalten die Soldaten eine ehrliche Motivation über Sinn und Zweck ihres gefährlichen Einsatzes. Auf was müssen sie sich einstellen, in erster Linie die nach Afghanistan verlegten 200 Soldaten der Schnellen Eingreiftruppe QRF? 

Die Lage in Afghanistan ist inzwischen deutlich brenzliger als die Situation im Irak. Im Juni 2008 fielen am Hindukusch 45 ausländische Soldaten, im Mai 31. Damit erleben die Nato-Einheiten die blutigsten Wochen in Afghanistan seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001. Das Isaf-Sicherheitskonzept ist gescheitert, es kann weder schwere Anschläge noch Attentate auf die Regierung oder die Erstürmung einer großen Haftanstalt verhindern.

Im Irak hat ein Strategiewechsel die Lage deutlich beruhigt. Diese veränderte Einsatztaktik aber verlangt, radikale bewaffnete Kräfte aus den Einsatzzonen zu vertreiben und diese Regionen dann permanent und lückenlos unter militärischer Kontrolle zu halten – das erfordert eine deutlich höhere Zahl an Einsatzkräften als bisher.

Die 3500 Deutschen unter dem Isaf-Kommando und die 200 deutschen QRF-Soldaten müssen damit rechnen, in schwere Gefechte verwickelt zu werden. Bisher haben sie vorwiegend Aufbauarbeiten aus den gesicherten Quartieren und Bunkern ihrer Stützpunkte geleistet. Jetzt sollen sie die Nordzone Afghanistans offensiv vom Einfluß der Taliban freihalten.

Um diesen neuen Einsatz geht es, wenn die Oberkommandierenden deutlich mehr Soldaten für Afghanistan einfordern. Die Regierung in Berlin muß sich entscheiden; sie wird von den Verbündeten unter Druck gesetzt, aber sie will gleichzeitig das Engagement als humanitären Einsatz schönreden.

Die Nato kann mit  Afghanistan alles andere als zufrieden sein: Weder hat sich die Sicherheitslage im Land verfestigt, noch hat sich die Regierung Karsai Respekt verschaffen können. Drogenanbau, Klan-Wirtschaft  und Korruption bestimmen das Leben nach wie vor. Und die offene Frage bleibt: Warum können 52900 hochmodern ausgerüstete Soldaten die Lage nicht in den Griff bekommen? Gegen 200000 feindliche Kämpfer, selten stärker ausgerüstet als mit leichten Waffen? Ein Strategiewechsel wie im Irak steht auch in Afghanistan an.

Um alles in der Welt wollen Union und SPD verhindern, daß der Afghanistan-Einsatz in seinen wirklichen Dimensionen 2009 zum Wahlkampfthema werden könnte: Dann liefen die großen Parteien Gefahr, daß die Bürger mitentscheiden könnten. Deshalb erzwingt die Große Koalition mit ihrem Stimmengewicht schon jetzt Entscheidungen auf Vorrat: Schon in Kürze soll der Bundesverteidigungsminister freie Hand bekommen, weitere 1000 Soldaten an den Hindukusch zu schicken – und der Einsatzbefehl soll bis Ende 2009 verlängert werden.


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