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12.07.08 / Droht Pfändung der Villa Vigoni? / Italienische Gerichte machen NS-Opfern Hoffnung auf Entschädigung aus Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-08 vom 12. Juli 2008

Droht Pfändung der Villa Vigoni?
Italienische Gerichte machen NS-Opfern Hoffnung auf Entschädigung aus Deutschland
von Rebecca Bellano

Es sah so aus, als wären italienische Beamte schon dabei, den Kuckuck für die Pfändung deutschen Staatseigentums zu plazieren. Als der Sender 3Sat vergangene Woche über die Klage griechischer Opfer aus dem Zweiten Weltkrieg gegen Deutschland vor italienischen Gerichten berichtete, vermittelte der Sender den Eindruck, als ob staatliche Kultureinrichtungen wie die Goethe-Institute oder die Villa Vigoni in Italien kurz vor der Pfändung stünden.

Schon im Jahr 2000 haben die Überlebenden eines Massakers durch Angehörige der 4. SS-Polizeidivision in Griechenland erfolgreich geklagt. Nach einem Partisanenangriff nahe Distomo hatten deutsche Soldaten blutige Vergeltung vor allem an Frauen und Kindern geübt. Doch auch wenn die griechische Justiz den Distomo-Klägern recht gab, so verweigerte sie aus diplomatischen Gründen die Zustimmung zur Pfändung deutscher Liegenschaften. In Italien scheint es in dieser Hinsicht weniger Bedenken zu geben, jedenfalls wenn es um das öffentliche Gebaren geht. Auf diplomatischer Ebene scheinen sich die Italiener bewußt zu sein, daß sie kein recht haben, gegen deutsches Botschaftsvermögen oder gegen Vermögen staatlicher Kultureinrichtungen vorzugehen. Hinter den Kulissen beraten sich Vertreter der deutschen und italienischen Seite in einer Arbeitsgruppe über die Rechtslage. Da der Ausgang des Verfahrens in Italien noch ungewiß ist – das Oberlandesgericht in Florenz ist nicht die letzte Instanz – steht die Arbeitsgruppe nicht unter Zeitdruck. Die bei 3Sat aufgestellte Behauptung, daß im Herbst dieses Jahres der Gerichtsvollzieher deutsche Liegenschaften in Italien pfändet, entbehrt jeder juristischen Grundlage.

Allerdings muß sich die Bundesregierung etwas einfallen lassen, da neben den Überlebenden aus Distomo auch noch andere, ähnliche Verfahren anhängig sind. So erstritten bereits im Juni ehemalige italienische Zwangsarbeiter vor dem Obersten Zivilgericht in Rom das Recht, die Bundesrepublik Deutschland vor italienischen Gerichten auf Entschädigung zu verklagen. Das Gericht urteilte, die Bundesrepublik Deutschland dürfe sich nicht auf Staatsimmunität berufen, da die Deportation von italienischen Soldaten nach dem Sturz Mussolinis 1943 ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ gewesen sei. Deutschland hingegen verweist auf die Haager Landkriegsordnung von 1907, nach der italienische Kriegsgefangene zur Arbeit hätten verpflichtet werden können. Einziges Problem in der deutschen Argumentation ist, daß Hitler die Italiener als Militärinternierte einstufte. Zählten sie auch heute noch zu dieser Kategorie und wären nicht erst vor wenigen Jahren als Kriegsgefangene bezeichnet worden, dann hätten sie wie alle Zwangsarbeiter aus dem Fonds „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ entschädigt werden können. Jetzt sind die Italiener entrüstet, und da hilft es auch nichts, daß die Bundesrepublik sich darauf beruft, daß sie bereits 1961 in einem Globalabkommen den Italienern über 50 Millionen D-Mark für die Entschädigung der Zwangsarbeiter gezahlt hat.

Während die deutsch-italienische Arbeitsgruppe berät, ob ein Staat von nationalen Gerichten anderer Staaten verurteilt werden kann – zur Klärung schließt die Arbeitsgruppe einen Gang vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag nicht aus –, findet der Generalsekretär des italienischen Opferverbandes ANRP laut „Spiegel-Online“ die aktuelle Entwicklung eher bedenklich. Statt geldgierigen Angehörigen von über 80jährigen Betroffenen Hoffnung zu machen, sollte Deutschland lieber ein „Mausoleum für unsere Toten“ errichten.


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