24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
12.07.08 / Trotz allem unterfinanziert / Was geschieht mit den Studiengebühren? Investitionen der Hochschulen überprüft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-08 vom 12. Juli 2008

Trotz allem unterfinanziert
Was geschieht mit den Studiengebühren? Investitionen der Hochschulen überprüft
von Rebecca Bellano

Kein Schimmer, wo das Geld bleibt“, titelte „Spiegel-Online“ salopp, als es um eine Studie zum Thema Verwendung von Studiengebühren ging. Der Hohenheimer Marketing-Professor Markus Veith hatte seine Studenten ausgeschickt, um andere Studenten zu befragen, wie sie zum Thema Studiengebühren stünden. 6000 Studenten an 54 Universitäten wurden interviewt. Im Gebührenkompaß, so der Name der Studie, ist nun nachzulesen, daß sich 85 Prozent der Studenten über die Verwendung der Studiengebühren schlecht unterrichtet fühlten. Insgesamt sei die Zustimmung der zahlenden Studenten inzwischen auf knapp 30 Prozent gesunken.

Doch gehen die Hochschulen wirklich so schlecht mit dem Geld ihrer Studenten um? Fragt man bei den Wissenschaftsministerien der Länder an, bekommt man wunderschön übersichtliche Informationsmaterialen, die ausweisen, in welche Bereiche die Einnahmen aus den Studiengebühren fließen. Von Einführungswochen für Studienanfänger über einen Demo-Operationssaal, Mathe-Labor, technische Ausstattung wie Computer, Beamer, Mikroskope hin zu einer besseren persönlichen Betreuung, zusätzlichen Exkursionen und längeren Öffnungszeiten der Bibliotheken; die Listen der getätigten Investitionen sind lang und zumeist auch im Internet für alle Interessierten nachlesbar. Selbst das dem Thema Studiengebühren kritisch gegenüberstehende Deutsche Studentenwerk konnte in einem Gutachten dem Land Nord-rhein-Westfalen keinerlei mißbräuchliche Verwendung nachweisen. Zwar wünsche man sich eine zielgenauere und zeitnähere Verwendung, eine noch transparentere Dokumentation und eine höhere Beteiligung der Studierenden bei der Vergabe der Gelder, doch wirkliche Defizite konnte das Studentenwerk nicht aufdecken. Auf Anfrage der PAZ äußerte das Studentenwerk aber trotzdem seinen Unmut darüber, daß sechs Bundesländer, übrigens alle im vergleichsweise „reichen“ Westen, Studiengebühren erheben. Nachdem Rot-Rot-Grün in Hessen die Studiengebühren gekippt hat, verlangen noch Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Niedersachsen und Hamburg bis zu 500 Euro pro Semester von ihren Studenten. Das Studentenwerk bedauert es, daß es keine umfassende Studie gibt, die bundesländerübergreifend die Verwendung der Gebühren überprüft. Denn auch wenn die Länder die Gelder der Studenten in eine bessere Lehre investieren, so bleibt der Eindruck, daß sie hiervon Dinge anschaffen, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Internetfähige Computer, Beamer und Mikroskope sollten zur Standard-ausrüstung gehören. „Es kann nicht Aufgabe der Studierenden sein, die Unterfinanzierung der Hochschulen zu beheben“, kritisiert Stefan Grob, Pressesprecher beim Studentenwerk. Außerdem müßte untersucht werden, in welche Studiengänge das Geld fließt. Es könne nicht sein, daß Geisteswissenschaftler die teurere Ausstattung von Ingenieurstudenten mitfinanzieren.

Das „Aktionsbündnis gegen Studiengebühren“ (ABS) ist in seiner Kritik entschiedener. So hätte beispielsweise Nordrhein-Westfalen seine Zuwendungen eingefroren und würde die Differenz jetzt von den Studenten zahlen lassen. So ganz stimmt die Behauptung nicht, denn das bevölkerungsreichste Bundesland zahlte 2007 2,818 Milliarden Euro an seine Hochschulen und erhöhte 2008 auf 2,87 Milliarden Euro. Eine Stagnation trifft also nicht zu, allerdings ist die Erhöhung geringer als die Inflation. Selbst mit den Einnahmen aus Studiengebühren, 2007 waren es 250 Millionen Euro, wird die Inflation nicht ausgeglichen, demnach haben die Universitäten immer weniger Geld zur Verfügung, und das bei steigenden Studentenzahlen. Trotz Studiengebühren hat beispielsweise Bayern 2007 gegenüber dem Vorjahr die Zahl seiner Studenten um 1,4 Prozent erhöht. Doch während Bayern die Tatsache als Akzeptanz der Studiengebühren verkauft, erklärt das ABS diesen Zuwachs mit geburtenstarken Jahrgängen, die jetzt ins Studienalter kommen. Hochschulen in den neuen Bundesländern, in denen keine Gebühren erhoben würden, hätten Zuwachsraten bis in den zweistelligen Bereich. Aber, unterstellt das ABS, die „Bildungspolitik in Bayern und Baden-Württemberg zielt auf Abschottung“, will sagen, Studiengebühren sorgten für gewollte soziale Auslese.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren