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19.07.08 / Zurück in ihre Heimat? / Kriminelle Ausländer in ihr Herkunftsland abzuschieben ist nicht immer einfach

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-08 vom 19. Juli 2008

Zurück in ihre Heimat?
Kriminelle Ausländer in ihr Herkunftsland abzuschieben ist nicht immer einfach
von Hans Heckel

Nach der Verurteilung der beiden U-Bahn-Schläger von München ist die Debatte um die mögliche Abschiebung ausländischer Staatsbürger in ihre Heimat neu entbrannt. Der heute 21jährige Türke Serkan A. und der mittlerweile 18jährige Grieche Spiridon L. hatten einen Schuldirektor im Ruhestand fast totgeprügelt, weil er sie aufgefordert hatte, in der U-Bahn nicht zu rauchen.

Im jüngst abgeschlossenen Verfahren wurde der ältere Täter zu zwölf Jahren Haft nach Erwachsenenstrafrecht, der jüngere zu achteinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt. Das Urteil lautete auf versuchten Mord. Während sich Unionspolitiker für eine Abschiebung der beiden aussprachen, halten Vertreter der anderen Parteien dagegen.

Zuletzt hatte die Frage nach der Abschiebung eines Jugendstraftäters die Deutschen 1998 bewegt. Der damals gerade 14jährige Türke Muhlis A., genannt „Mehmet“, hatte einen Mitschüler krankenhausreif geschlagen und ausgeraubt. Da er schon als strafunmündiges Kind zuvor über 60 Straftaten begangen hatte (Diebstähle, Einbrüche, Körperverletzungen, Erpressungen, Nötigungen, Raubüberfälle), wurde er gleich nach der Verurteilung zu einer zwölfmonatigen Jugendstrafe in die Türkei abgeschoben.

Dort überschütteten ihn die Medien mit Sympathie und stilisierten ihn zum jugendlichen Opfer der deutschen Justiz und Gesellschaft, er durfte sogar eine Radiosendung moderieren. Vier Jahre nach der Abschiebung durfte „Mehmet“ indes per Gerichtsbeschluß nach Deutschland zurück-kehren. 2005 wurde er erneut zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, weil er seine Eltern um Geld erpreßt, verprügelt und bedroht hatte. Er flüchtete in die Türkei, woraufhin eine Ausweisungsverfügung folgte. Da er dagegen keinen Widerspruch einlegte, ist „Mehmet“ die Wiedereinreise dauerhaft verwehrt.

Einer Abschiebung geht meist die Ausweisung zuvor. Beides wird oft verwechselt, doch die Ausweisung an sich ist lediglich ein feststellender Verwaltungsakt. Mit der Ausweisung stellt das Gericht fest, daß der Ausländer sich nicht (mehr) rechtmäßig in Deutschland aufhält. Die Abschiebung ist in aller Regel das Zwangsmittel, wenn der Ausgewiesene der Ausweisung nicht folgt.

Das Gesetz läßt den Richtern große Freiräume bei der Ausweisung. So wird ein Ausländer nach Paragraph 54 des Aufenthaltsgesetzes „in der Regel ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Strafen zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren oder zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist“. „In der Regel“ bedeutet jedoch nicht „grundsätzlich“, weshalb über die Ausweisung und gegebenenfalls Abschiebung gesondert entschieden wird.

Allerdings kann die Ausländerbehörde die Abschiebung auch ohne vorherige richterliche Ausweisung einleiten. Sofern alle Voraussetzungen vorliegen, den Aufenthalt eines Ausländers in Deutschland zu beenden und dieser keine Rechtsmittel mehr einlegen kann, läßt ihn die Behörde abschieben.

Das trifft vor allem auf Ausländer zu, die von vornherein unerlaubt eingereist sind. Ebenso aber kann die Ausländerbehörde auch solche Personen umgehend ausweisen, deren legale Aufenthaltsdauer abgelaufen ist, bevor sie eine Verlängerung beantragt haben. Das betrifft beispielsweise Ausländer, die mit einem Touristenvisum eingereist und nach Ablauf des Visums einfach im Land geblieben sind, ohne bei der Ausländerbehörde um eine Verlängerung ihres Aufenthalts nachgesucht zu haben.

Auch wenn von einem Ausländer eine besondere oder gar terroristische Gefahr für Deutschland ausgeht, kann er ohne vorherige Ausweisung oder Androhung der Abschiebung auf Geheiß der obersten Landesbehörde oder des Bundesinnenministeriums abgeschoben werden. Dafür muß die Behörde allerdings laut Gesetz eine „auf Tatsachen gestützte Prognose“ abgeben – die Tatsachen könnten beispielsweise in der Zugehörigkeit des Ausländers zu einer terroristischen Vereinigung bestehen.

Natürlich kann sich der zur Abschiebung vorgesehene Ausländer gegen die Maßnahme rechtlich wehren. Nachdem ihm die Abschiebungsanordnung bekanntgemacht wurde, muß er unverzüglich die Möglichkeit bekommen, sich einen Rechtsbeistand seiner Wahl zu suchen. Sieben Tage hat er dann Zeit, einen Antrag auf Rechtsschutz zu stellen. Versäumt er diese Frist, ist die Abschiebung zu vollziehen.

Allerdings muß die Behörde auch den Staat nennen, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und muß ihn zudem belehren, daß er auch in einen anderen Staat seiner Wahl abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der ihn aufnehmen muß.

Hier beginnen oft die Probleme, denn nicht selten geben Abschüblinge ihre Papiere als verloren an und machen widersprüchliche Angaben zu ihrer Herkunft.

Außerdem kennt das deutsche Recht eine Reihe von Einschränkungen, die eine Abschiebung verbietet. So darf niemand „in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist“. Da derlei Verfolgung in zahlreichen Ländern der Welt traurige Realtität ist, unterbleibt die Abschiebung nicht selten aus diesen Gründen.

Allerdings kann ein Ausländer auch diesen letzten Schutz verwirken, wenn er „aus schwerwiegenden Gründen“ als Gefahr für Deutschland und die Allgemeinheit anzusehen ist.

Foto: Ausweisung droht: Polizei nimmt ausländischen Drogen-Dealer fest.(rtn)

 

Zeitzeugen

Spyridon L. – Der 18jährige Grieche war im Gegensatz zu seinem Mittäter Serkan A. beim Angriff auf den Pensionär Hubert L. in der Münchner U-Bahn minderjährig und kam deshalb statt mit zwölf mit achteinhalb Jahren Haft davon.

 

Muhlis Ari – Nachdem das Amtsgericht München den 1994 geborenen türkischen Serienstraftäter zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt hatte, wurde er auf Veranlassung der Stadt München, die seine Aufenthaltserlaubnis nicht verlängerte, in die Türkei abgeschoben. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschied jedoch, daß er nach Deutschland zurückkehren dürfe, da seine Eltern seit über 30 Jahren in München lebten. Diese richterliche Entscheidung wurde acht Monate später vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Die Abschiebung wurde für rechtswidrig erklärt.

 

Metin Kaplan – Nachdem der damals als Asylberechtigter in Köln lebende Türke 1996 öffentlich zur Ermordung seines politischen Gegners Ibrahim Sofu aufgerufen hatte und dieser 1997 tatsächlich erschossen worden war, begannen die städtischen Behörden ein Ausweisungsverfahren, das nach mehreren Gerichtsurteilen am 12. Oktober 2004 mit der Abschiebung endete. Der selbsternannte „Kalif von Köln“ befindet sich heute in türkischer Haft. Ihm wird Hochverrat vorgeworfen.

 

Adolf Hitler – Nach dem Hitler-Ludendorff-Putsch vom 9. November 1923 versuchte die bayerischen Landesregierung den Österreicher in sein Heimatland abzuschieben. Diesen Versuch brachten jedoch Hitler und Österreich zum Scheitern, indem Hitler am 7. April 1925 seine Entlassung aus der österreichischen Staatsbürgerschaft beantragte und der Adressat diesem Antrag am 30. April 1925 gegen eine Gebühr von 7,50 Schilling entsprach.

 

Serkan A. – Der 21jährige türkische Mittäter von Spyridon L. versucht, seine Abschiebung abzuwenden. Sein Anwalt Oliver Schmidt zitiert ihn mit den Worten: „Ich will nicht in die Türkei abgeschoben werden. Mein Heimatland ist Deutschland. Ich bin hier geboren und aufgewachsen.“


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