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19.07.08 / »Hohe Preise sind unvermeidbar« / Expansions- und Preispolitik soll Gazproms Weltmonopol als Energieversorger festigen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-08 vom 19. Juli 2008

»Hohe Preise sind unvermeidbar«
Expansions- und Preispolitik soll Gazproms Weltmonopol als Energieversorger festigen
von M. Rosenthal-Kappi

Während die EU über die Stellung  Gazproms als Staatskonzern vor einer Aufnahme Rußlands in die Welthandelsorganisation WTO diskutiert, verfolgt der Konzern unbeirrt seine Expansionstrategien, um als weltweiter Energiemonopolist Einfluß zu gewinnen. Ein Gelingen scheint aussichtsreich. Dank des hohen Preisni-veaus für Energie hat die Konzernführung die Planung für umfangreiche Investitionen in diesem Jahr bereits erweitert. Gazprom verfolgt eine Politik der ewig steigenden Preise. Für Ende des Jahres wird mit einem Preis von 500 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas gerechnet.

Zu den Hauptinvestitiongebieten Gazproms zählt die Erschließung der neuen Gasfelder auf der Jamal-Halbinsel. Eine neue Pipeline zwischen Bowanenskoje und Uchta soll die Verbindung zwischen den Jamal-Gasfeldern und dem bereits existierenden Gasleitungsnetz schaffen. Desweiteren ist die Gas-Leitung „South Stream“ geplant, die auf dem Grund des Schwarzen Meeres entlang der bulgarischen Küste und durch den Balkan führen soll. Zwei separate Abzweigungen davon sind für die Versorgung des nördlichen und südlichen Italiens geplant.

Da die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen im boomenden China besonders hoch ist, will Rußland 2011 die Gas-Pipeline „Altai“ von Westsibirien bis nach China bauen. Auch die USA, Kanada und sogar die Sahara sind vor den Expansionsplänen der Gazprom-Leitung nicht sicher. Diese ehrgeizigen Pläne stellte der Vorstandsvorsitzende Alexej Miller auf einer Auktionärsversammlung vor. Möglich wäre auch der Bau einer Gasleitung auf der Alaska-Halbinsel sowie der Bau einer 4300 Kilometer langen Trans-Sahara-Pipeline.

Daß in neue Gas- und Erdölvorkommen investiert werden muß, um die ständig wachsende Nachfrage nach fossilen Brennstoffen stillen zu können, versteht sich von selbst. Für die auf Import angewiesenen Länder ist es hingegen nachteilig, vom Preisdiktat eines Monopolisten abhängig zu sein. In dieser Falle sitzen die Länder der EU längst. Dies trifft besonders auf die Bundesrepublik Deutschland zu, deren Regierung sich bislang recht halbherzig um Alternativen zum russischen Gas gekümmert hat. Das Ergebnis bekommen die Deutschen täglich zu spüren, an der Zapfsäule, in den Schreiben ihrer Energieversorger, wenn sie die nächste Strom-, Gas-Preiserhöhung ankündigen.

Laut Alexej Miller haben Konzerne und viele Offizielle der EU, USA und China selbst zu der galoppierenden Preisentwicklung beigetragen, indem sie diplomatische Anstrengungen aufnahmen, um etwa den zentralasiatischen Staaten den Rücken bei Verhandlungen mit Gazprom zu stärken, die ihnen den Zugang zu den Ressourcen in der Region sicherten. Im Ergebnis habe dies zu einem unerwünschten Effekt geführt. Beim Versuch, neue Lieferanten auf dem Markt zu etablieren, um die Konkurrenz unter den Gashändlern in Europa anzukurbeln, sei genau das Gegenteil eingetreten. Sprich, Europa investierte in mehr Händler statt in die Erschließung neuer Ressourcen. Gefördert wurde laut Miller lediglich die Konkurrenz unter den Händlern in der Kaspischen Region, was im Preisanstieg Ausdruck fand. Gazprom sei zu Verhandlungen mit Kasachstan, Usbekistan und Turkmenien gezwungen gewesen, die nun ihr Gas zu Weltmarktpreisen an den Konzern verkauften. Gazprom habe daher zur Sicherung seiner strategischen Position als Hauptlieferant von Bodenschätzen aus dieser Region weitere Preiserhöhungen vornehmen müssen, um seine Investitionsabsichten realisieren zu können.

Das Nachsehen haben die Verbraucher, nicht nur im Westen, sondern auch in Rußland selbst, wo die Inflation den Regierenden Sorgen bereitet. Nun liegt es an Miller und Medwedew, Überzeugungsarbeit bei den Abnehmern über die ehrlichen Absichten Rußlands zu leisten. Das russische Parlament beschloß kürzlich als erste Maßnahme Steuersenkungen für Ölkonzerne, um die Ölproduktion anzukurbeln.

Foto: Miller und Medwedew: Sie müssen Überzeugungsarbeit im Westen leisten. (pa)


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