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19.07.08 / Simpler Lobgesang / Stichwortgeberinnen in der Politik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-08 vom 19. Juli 2008

Simpler Lobgesang
Stichwortgeberinnen in der Politik

Im Berufsleben verdienen Frauen oft immer noch deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen – bei gleicher oder manchmal sogar besserer Leistung.

Die völlige Gleichberechtigung von Frau und Mann ist gesellschaftlich also mit Sicherheit noch nicht eingetreten. Allerdings sind erfolgreiche Karriereverläufe von Frauen im Jahr 2008 nichts Ungewöhnliches mehr.

„Statt des eliminatorischen Feminismus der 1970er Jahre geht es heute um Geschlechtergerechtigkeit als neue Frauenpolitik“, schreiben die beiden Herausgeber Carmen Wappel und Christian Sebastian Moser in ihrem Vorwort zum Sammelband „Stichwortgeberinnen“.

Die beiden Autoren sind Mitarbeiter der Politischen Akademie der Österreichischen Volkspartei, einem Pendant zur Konrad-Adenauer-Stiftung in Deutschland.

Die in dem knapp 240 Seiten starken Buch vorgestellten Frauen wie Angela Merkel, Elisabeth Noelle-Neumann, Condoleezza Rice, Margaret Thatcher oder Ursula von der Leyen sollen als Vorbilder dienen.

Da von den 13 Autoren nur einer Deutscher ist, nämlich der PAZ-Autor Ansgar Lange, überrascht es nicht, daß auch in Deutschland unbekanntere Persönlichkeiten wie Hildegard Burjan, Marga Hubinek, Grete Rehor, Maria Schaumayer und andere porträtiert werden.

Für den deutschen Leser sind vor allem die beiden Politikerinnen Angela Merkel und Ursula von der Leyen von Interesse.

Es wird nachgewiesen, daß die Bundeskanzlerin bei Amtsantritt von ihren Anhängern als neue „Maggie Thatcher“ frenetisch begrüßt wurde.

Heute ist von ihrem wirtschaftsliberalen Reformkurs nicht mehr viel übriggeblieben. „Im Jahr 2008 wird man über ihre Kanzlerschaft vorläufig urteilen können, daß sie eine mehr als ordentliche Außenpolitik betrieben hat, während ihr innenpolitischer Reformkurs erst langsam an Kontur gewinnt“, so Lange.

Merkel sei in das „Korsett der Großen Koalition mit der SPD eingebunden und so zum pragmatischen Kopf von CDU / SPD geworden“.

Der Autor listet die Vorzüge der Kanzlerin auf. Sie sei deutlich aktenkundiger und in Fremdsprachen viel sicherer als ihre Vorgänger Kohl und Schröder.

Auch von Klimapolitik verstehe die Naturwissenschaftlerin etwas. Doch in der „christlich-demokratischen Ideenwelt“ sei die „Problemlöserin“ nicht wirklich verwurzelt.

Mit Vorsicht zu genießen ist der Hymnus, den der österreichische Journalist Wolfgang Taus auf Ursula von der Leyen anstimmt. „Die Dame ist blond, zierlich, blitzgescheit und zielstrebig, was ihr insbesondere von anderen Frauen attestiert wird.“

Schon nach diesem Eingangssatz will man eigentlich nicht weiter lesen.

Und auch auf den restlichen neun Seiten blendet Taus Kritik völlig aus. Von der Leyen gilt ihm als „das Idealbild der berufstätigen Mutter“.

Sie verkörpere Weltoffenheit, unbedingte Leistungsbereitschaft, Gemeinschaftsorientierung und Familiensinn. „Sie ist ein lebender Beweis für die letztendliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, so der Autor, der vor lauter Fabulierlust ins Schwärmen gerät: „Ihre Haare trägt sie offen und kürzer, ihre Grundsätze hat sie jedoch nicht über Bord geworfen.“

Solche Sätze sind ein absoluter Tiefpunkt in einem ansonsten recht interessanten Sammelband, der eine solide, aber nicht zu tiefschürfende Lektüre verspricht.

Auch männliche Leser dürfen sich über weibliche Rollenvorbilder in „Stichwortgeberinnen“ gern informieren.             Joachim Meges

Peter Danich, Dietmar Halper, Christian Sebastian Moser, Carmen Wappel (Hrsg.): „Stichwortgeberinnen – 14 Porträts erfolgreicher Frauen aus Politik und Wirtschaft“, edition noir, Wien 2008, 10 Euro


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