© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-08 vom 26. Juli 2008

Revolution in Orange

Ob die Ukraine mit Hochdruck auf die EU zusteuern oder sich besser an Rußland anlehnen soll, ob die Orientierung nach Westen eine Mitgliedschaft in der Nato voraussetzt oder ob man sich von dem Militärbündnis fernhalten sollte, das sind Fragen, die in diesen Tagen in der Ukraine leidenschaftlich diskutiert werden, auch außerhalb der politischen Kaste.

Vor allem läßt sich an dem jeweils vertretenen Standpunkt ziemlich genau die Herkunft erkennen. Wer einen russischen Familienhintergrund hat, der hat mit EU und Nato nicht viel am Hut, wer in der westlichen Ukraine lebt oder auch polnische Familienwurzeln hat, den zieht es auch mehr nach Westen. Seit die Ukraine 1991 in ihre neue Unabhängigkeit fand, spielen solche Fragen der Herkunft wieder eine größere Rolle. Schließlich muß man nicht mehr nach Vorschrift sprechen.

Die „Orangene Revolution“ im Herbst 2004 hat ihren Teil zu diesem neuen Selbstbewußtsein beigetragen. Auch bei der damaligen Wahl ging es um die Frage, in welche Richtung sich das Land künftig orientieren soll. Als sich der nach Rußland ausgerichtete Viktor Janukowitsch zum Wahlsieger erklärte, warf ihm die Opposition Wahlfälschung vor. Es kam zu einem mehrwöchigen Protest, bei dem die Menschen trotz winterlicher Kälte auf der Straße ausharrten. Mit der friedlichen Demonstration wurde eine neuerliche Wahl (auf Gerichtsbeschluß) erzwungen. Bei dieser Wahl setzte sich der nach Westen orientierte Viktor Juschtschenko durch.

Entschieden ist in der Ukraine noch lange nichts. In den Amtsstuben hängen entweder die Porträts von Viktor Juschtschenko oder von Viktor Janukowitsch oder auch Julia Timoschenko. Jedes Bild sagt etwas darüber aus, wo der in dieser Amtsstube arbeitende Mensch seine Zukunft sieht.       K. G.