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26.07.08 / Europas milde Mathilde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-08 vom 26. Juli 2008

»Moment mal!«
Europas milde Mathilde
von Klaus Rainer Röhl

Angela Merkel beim CSU-Parteitag. Die Partei hatte sich offensichtlich vorgenommen, die Kanzlerin regelrecht zu umarmen. Wie eine gute Tante. Stehender Beifall. Die Kanzlerin muß sich Ähnliches vorgenommen haben. Sie war des süßen Lobes voll: „Ich will es nicht Neid nennen, aber große Hochachtung. Bayern ist da, wo der Bund stehen will.“

Sie lobt besonders den schuldenfreien bayrischen Etat. Anders als Bayern lebe der Bund immer noch „auf Pump“. Da gäbe es zwischen den beiden Schwesterparteien außer „einer einzigen Ausnahme bei der Pendlerpauschale“, das bringt sie in einem flotten Nebensatz unter, „keine Differenz, ansonsten sei das Steuer der CSU richtig in der Richtung“. „Mehr Netto vom Brutto – das ist unser Maßstab, dafür wollen wir arbeiten!“ Und dann noch ein Gratis-Lob für Franz Josef Strauß: „Ein Mann, ohne den ich hier heute nicht stehen würde, ohne den die Mauer nicht gefallen wäre!“ Langer Applaus. „Zugabe, Zugabe“, applaudierten die Delegierten, zwei Minuten und 29 Sekunden.

Am Ende gab es noch eine Riesentorte. Auf der Torte stand „50 plus x“. Eine charmante Formulierung, wenn man auf das Alter der Jubilarin (54) anspielt, viel mehr aber eine Verheißung des kommenden Wahlergebnisses. „50 plus x“ muß die CSU auch diesmal bringen. Wenn sie damit der gesamten Union eine solide Grundlage für die kommende Bundestagswahl liefern will. Angela Merkel wird die vielen Stimmen aus dem Flächenland Bayern dringend brauchen, denn in anderen Bundesländern ist die Mehrheit der Union wackelig, wie sich in Hessen und Hamburg gezeigt hat, vor allen Dingen in den ehemaligen DDR-Ländern mit starkem Anteil der Linken.

Befürchtungen, daß die Abwahl Stoibers die CSU geschwächt hat, haben wir an dieser Stelle schon vor einem Jahr zurückgewiesen, und es ist dabei geblieben: Was ist besser als die CSU? Die nächste CSU. Die Partei in dem von Stoiber zum erfolgreichsten Bundesland gemachten Bayern hat sich nach den häßlichen, aber notwendigen Rivalenkämpfen um seine Nachfolge wieder aufgerappelt und wird 2008 wahrscheinlich einen neuen Wahlsieg einfahren. Bayern wird weiter das Bundesland mit den wenigsten Arbeitslosen, der größten Sicherheit vor Kriminellen und dem höchsten Bildungsstandard in Deutschland bleiben. Bayern bleibt auf diese Weise, mit dem ohne Anstrengung fröhlichen Ministerpräsidenten Günther Beckstein, vorn. Er hat die besten Umfrage-Werte von allen. Man muß nicht lange fragen, warum. Sein Kampf gegen die Ausländerkriminalität ist vorbildlich, sein Eintreten für deutsche Interessen bekannt. Das bewies er schon als Staatssekretär im bayrischen Innenministerium, zuständig für die Polizei, später als Innenminister.

Europäisch, weltoffen und global denkend wie BMW (oder der FC Bayern), aber mit einem erkennbaren Anteil von nationalem Selbstbewußtsein. Die Vertriebenen, in Bayern hauptsächlich  Sudetendeutsche, wählen ohne Zögern vertrauensvoll die CSU.

Was bedeutet die bayrische Stabilität für Angela Merkel? Machtzuwachs, sagen die Kommentatoren. Ich glaube, eher nicht. Sie wird sich weiterhin lieber als die Kanzlerin der Großen Koalition denn als Kandidatin der Union profilieren. Sie hat in den letzten drei Jahren nach besten Kräften Koalitions-Politik gemacht, also auch SPD-Politik. Sie segnet vieles ab, was im Wahlprogramm der SPD versprochen wurde. Wenig blieb vom Wahlprogramm der Union. Die Vertriebenen blicken nicht vertrauensvoll auf die Kanzlerin, sondern sorgenvoll.

Sie macht Figur. Sie wirkt von Monat zu Monat überzeugender, sicherer, selbstbewußter in Europa. Sie strebt nicht nach einer Führungsrolle für Deutschland. Sie strebt nicht nach Vormacht für ihr Land, wie Putin für Rußland, Sarkozy für Frankreich oder Präsident Kaczynski für Polen. Sie will eher Europas milde Mathilde sein, Moderatorin. Das kann sie am besten. Keine Angst, liebe Russen, Polen und Franzosen, das einzige, was sie wirklich nicht machen wird, ist deutsche Politik. Sie denkt und spricht europäisch. Das einzige, was in Brüssel offiziell nicht gesprochen wird, ist Deutsch und das einzige, was dort nicht vertreten wird, sind die Interessen der Deutschen. Allenfalls Interessen deutscher Konzerne in Export- und Steuerangelegenheiten. Vertritt Angela Merkel aber auch den erklärten Willen der Deutschen, immer noch der Bevölkerungsmehrheit? Die Mehrheit unseres Volkes zum Beispiel, das zeigen alle Umfragen, denkt ganz selbstverständlich national. Rund 3,5 Millionen Muslime leben im Land, aber niemand fragt uns, ob wir das mögen, wir werden nur pausenlos darum gebeten, etwas für ihre Eingliederung zu tun. Wer, außer bayrischen Politikern, spricht offen über den Unmut der Wähler? Für die Koalition stellt sich das Problem anders dar: Wir brauchen ganz dringend qualifizierte Fachleute, Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker vor allem. Wir haben in 30 Jahren versäumt, sie auszubilden, jetzt will man sie ins Land locken. Gut. Aber was geschieht mit den schon im Land befindlichen Ausländern? Wann kommt das deutsche „Zentrum gegen Vertreibungen“, die Diskussion über Patriotismus? Wie weit sind die Vorbereitungen gediehen? Bitte melden.

Vielleicht mag die Kanzlerin denken, der nächste Wahlkampf ist ja noch ein Jahr hin, und kurz vor Schluß kann man noch ganz schnell verkünden, daß man immer schon lange mal eine Diskussion über Vaterlandsliebe führen wollte. Aber Vaterlandsliebe kann man nicht anziehen und ausziehen wie ein Jackett von Joop.

Warum erreicht die CSU in Bayern denn regelmäßig mehr als 50 Prozent der Wählerstimmen? Weil die Bayern, wie alle Deutschen im Land, 65 Jahre nach dem Krieg auch mit zu den Nationen zählen möchten, die sich fröhlich feiern und ihre Fahnen heraushängen und ihre Nationalhymnen ohne Scham und Verklemmtheit singen. Konservativ lebende und national empfindende Deutsche gibt es auch außerhalb Bayerns, das zeigen sie bei jeder sportlichen Großveranstaltung deutlich, und ihre Stimmen sollten nicht leichtfertig verschenkt werden. Sie werden der Union beim nächsten Urnengang gegen die rot-rot-grüne Einheitsfront fehlen. Ein Blick auf Frankreich, wo der Rechte Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen im ersten Wahlgang mehr als 15 Prozent erhielt, sollte genügen. In der Schweiz halten die demokratischen Rechten von Christoph Blocher 30 Prozent der Stimmen. In Österreich, wo nach einem Riesenkrach zwischen den Koalitionsparteien Neuwahlen anstehen, werden der rechtskonservativen FPÖ von seriösen Wahlbeobachtern 22 Prozent zugetraut. Im Alpenland Bayern hat die NPD keine Chance. Die Linkspartei auch nicht.

Das weiß Frau Merkel. Deshalb gibt es die Pendlerpauschale am Ende wohl doch noch. Viele Gespräche zwischen Merkel und dem CSU-Vorsitzenden Huber haben im Vorfeld stattgefunden. Und der sagte in seiner Parteitagsrede, seine Partei werde für die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale kämpfen, „und wir werden das auch schaffen!“ Wann? Die Forderung nach Wiedereinführung der früheren, uneingeschränkten Pendlerpauschale wird in der Bevölkerung immer populärer. Sie ist konkret und einleuchtend: Der einzige Weg, bei den astronomisch steigenden Benzinpreisen, an deren Eindämmung durch gutes Zureden niemand mehr glaubt, den Bürgern schnell und unbürokratisch zu helfen. Schnell und überschaubar. Deshalb wird sie inzwischen auch in fast allen SPD-regierten Ländern gefordert. 2,5 Milliarden kostet die Wiedereinführung der Pendlerpauschale. Das ist viel Geld. Kosten müssen an einer anderen Stelle eingespart werden. Wir wüßten schon wo, aber auch die Unionspolitiker werden den Weg finden. Wie viel Dankbarkeit bekomme ich für zweieinhalb Milliarden? So denkt natürlich auch die CSU, so denken die SPD-regierten Länder. Millionen Menschen verloren mit der Reduzierung der Pendlerpauschale bares Geld. Dieses Geld will die CSU den Pendlern wieder zurück-geben. Es ist ohnehin ein Tropfen auf den heißen Stein. Der zeitungslesende Bürger weiß es: Die zweieinhalb Milliarden Euro, die der Bund ihm mit bei der Abschaffung der Pendlerpauschale genommen hat, sind nur ein Zehntel der 25 Milliarden Euro, die er im ersten Halbjahr 2008 durch Steigerungen der Energiepreise verloren hat. So sagte der CSU-Landesgruppenvorsitzende Ramsauer denn auch ganz siegesbewußt über die Kürzung der Wegepauschale: „Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie fällt.“ Wann? Das ist die Frage, die sich die Bundeskanzlerin stellen wird: Vor oder nach der Bayernwahl? Oder erst vor der Bundestagswahl? Auch der energische, kompromißlose Kampf um die Pauschale wird der CSU helfen, die Wahl zu gewinnen. Und damit die Voraussetzung schaffen für den Erfolg bei der Bundestagswahl. Die Pendlerpauschale wird wieder kommen, sagen wir hier einmal unbefangen voraus. Wetten? Nach der Bayernwahl – bitte melden.

Foto: Hoffen darf man ja: Die CSU setzt bei den Landtagswahlen wieder auf 50 Prozent der Stimmen. Merkel hofft mit.


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