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26.07.08 / Mit Objektiv und Gummiball / »Die Riess« wird in Berlin mit einer Ausstellung ihrer Fotografien geehrt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-08 vom 26. Juli 2008

Mit Objektiv und Gummiball
»Die Riess« wird in Berlin mit einer Ausstellung ihrer Fotografien geehrt
von Helga Steinberg

Es ist kaum vorstellbar, welch eine Kluft zwischen dem Leben einer von der Gesellschaft geschätzten Fotografin im Berlin der 1920er Jahre und dem einer hungerleidenden jüdischen Emigrantin in Paris lag. Erleben mußte dies eine Frau, die in ihrer Glanzzeit nur unter ihrem Nachnamen bekannt war: die Riess. Einst gefeiert von Literaten wie Gerhart Hauptmann und Kunstmagnaten wie Alfred Flechtheim, mußte sie im Exil erleben, daß kaum einer sich um sie kümmerte. Ja, selbst ihr genaues Todesdatum ist unbekannt. Es wird angenommen, daß sie Mitte der 1950er Jahre in Paris starb. Wenn man auch wenig über die letzten Jahre der Riess weiß, so ist ihre Glanzzeit doch so ausreichend dokumentiert, daß eine Ausstellung zustande kam. „Das verborgene Museum“, das sich um Kunst von Frauen bemüht, gibt derzeit in der Berlinischen Galerie einen Einblick in Leben und Werk der Gesellschaftsfotografin.

Geboren wurde Frieda Riess 1890 als Tochter einer jüdischen Familie in Czarnikau, Provinz Posen. Nach einer Lehre bei dem Bildhauer Hugo Lederer in Berlin und einer Ausbildung als Fotografengehilfin in der Photographischen Lehranstalt des Lette-Vereins eröffnete sie noch während des Ersten Weltkriegs ein Fotoatelier am Kurfürstendamm, Berlins erster Adresse, mit dem legendären Romanischen Café in Sichtweite und den Räumen der Berliner Sezession gegenüber. Der Erfolg blieb nicht aus. Kaum einer der Prominenten, den die Riess nicht „vor die Linse bekam“. Mit der Zeit entwickelte sie eine eigene Handschrift: Sie arbeitete mit weichzeichnenden Effekten in feinsten Grauabstufungen und kombinierte diese mit modernen Ansichten sowie Aus- und Anschnitten. Kurz, sie machte mit Objektiv und Gummiball Kunst, wie Alfred Flechtheim es ausdrückte.

Die Ausstellung „Die Riess. Fotografisches Atelier und Salon in Berlin 1918–1932“ in der Berlinischen Galerie, Alte Jakobstraße 124-128, 10969 Berlin, ist täglich außer dienstags von 10 bis 18 Uhr zu sehen, Eintritt 6 / 3 Euro, bis 20. Oktober.


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