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26.07.08 / Polen kämpft um Subventionen / Brüssel fordert von Warschau Rationalisierung und Privatisierung der Großwerften

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-08 vom 26. Juli 2008

Polen kämpft um Subventionen
Brüssel fordert von Warschau Rationalisierung und Privatisierung der Großwerften

Es ist nicht auszuschließen, daß es in der Republik Polen schon bald 60000 zusätzliche arbeitslose Industriearbeiter gibt. Über ihr Wohl und Wehe entscheidet EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Erstaunlicherweise haben polnische Politik und Medien dieser existenzbedrohenden Krise bislang vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit gewidmet.

Es geht um die polnischen Großwerften an der Ostseeküste. Zu sozialistischen Zeiten liefen die Geschäfte gut, denn durch niedrige Löhne und staatliche Subventionen waren die Neubauten billiger als die Schiffe der westeuropäischen Schiffsbauer.

Seit dem Beitritt des Landes zur EU allerdings können nicht mehr unbegrenzt Subventionen an Werften ausgezahlt werden. Diese regeln nunmehr die EU und deren Kommissare. Statt zum ewigen Subventionsgrab zu werden, sollen die Werften nun modernisiert und privatisiert werden. Im Klartext heißt das nichts anderes als die Entlassung eines großen Teiles der Mitarbeiterschaft und den Verkauf der Betriebe an ausländische Investoren. Die Regierung Kaczynski hat gerne das EU-Geld genommen, um damit die Werften zu subventionieren – so wie das früher auch der Fall gewesen war –, aber an die von der EU geforderten Rationalisierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen hat sie sich nicht herangetraut. Die Erwartungen der EU kümmerten sie wenig. Schließlich arbeiten in Danzig, Gdingen und Stettin 15000 Arbeiter auf den Werften und 45000 weitere in den Zulieferbetrieben, allesamt wichtige Wähler.

Polens Finanzminister, Alexander Grad, war nun zu einem Bittgang in Brüssel bei Neelie Kroes. Die EU-Kommission sieht in der polnischen Subventionierungspraxis eine eklatante Wettbewerbsverzerrung. Aus diesem Grunde hat sie die Regierung in Warschau aufgefordert, endlich einen Plan zur Restrukturierung der drei Standorte Stettin (Oderwerke Stettin), Danzig (Schichau Danzig) und Gdingen zu präsentieren. Sollte dies mißlingen, müßten die bisher gewährten Hilfen für Stettin und Gdingen, rund 1,57 Milliarden Euro, komplett zurückgezahlt werden. Das würde den Bankrott der drei Werften bedeuten.

Frau Kroes muß nun in Brüssel darüber entscheiden, ob die abgelaufene Frist für den Umbau der polnischen Werften noch einmal um einige Monate verlängert wird. In diesen Tagen unterbrachen immer wieder Tausende von Werftarbeitern ihre Arbeit, um für ihre Arbeitsplätze zu demonstrieren und doch wenigstens eine Fristverlängerung zu erreichen. Finanzminister Grad erklärte in einem offenen Brief an die EU-Kommission, daß Warschau bereit sei, die Erwartungen der Kommission zu erfüllen. Die Regierung brauche allerdings noch Zeit, um mit privaten Investoren über einen Einstieg zu verhandeln. „Die Programme zum Unternehmensumbau können nicht von den Privatisierungsvereinbarungen getrennt werden. Wir können nicht unter einem solchen Druck verhandeln“, erklärte der Minister auf einer Pressekonferenz. Er bittet um eine Fristverlängerung bis Ende September. Allerdings sieht die polnische Politik in Wahrheit die Lösung des Problems lediglich darin, daß die EU weitere Hilfen gewährt – das aber hat Frau Kroes bereits kategorisch ausgeschlossen.

Daran ändert auch die jüngste Initiative des polnischen Europaparlamentariers und früheren Außenministers Dariusz Rosati nichts. Auf seine Anregung hin hatten 23 Mitglieder des Wirtschaftsausschusses im EU-Parlament an EU-Kommissarin Kroes appelliert, die Frist für die polnischen Werften zu verlängern. Allerdings zeigt die Kommission nur noch wenig Entgegenkommen. So erklärte jüngst ein Kommissionssprecher in Brüssel, die Zeit für Polen sei endgültig abgelaufen.                Hans Lody


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