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02.08.08 / »Mirakel des Hauses Brandenburg« / Wie durch ein Wunder bieb Preußen nach der Schlacht von Kunersdorf die Kriegsniederlage erspart

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-08 vom 02. August 2008

»Mirakel des Hauses Brandenburg«
Wie durch ein Wunder bieb Preußen nach der Schlacht von Kunersdorf die Kriegsniederlage erspart
von Karel Chemnitz

Einige wenige Lokalpatrioten von Steinhöfel sind einfach nicht davon abzubringen: Unter der „Königs-Eiche“ im Schloßpark soll Friedrich der Große sein Frühstück eingenommen haben. Am 12. August 1759 – im Kreise seiner Generale. Um dann nach Kunersdorf östlich der Oder zu reiten und dort seine Truppen in die Schlacht zu schicken, die fast den Siebenjährigen Krieg entschieden hätte. Das Dorf Steinhöfel liegt gut 50 Kilometer vom Schlachtfeld Kunersdorf entfernt. Um das heute östlich von Frankfurt an der Oder gelegene Kunersdorf zu erreichen, bedarf es schon eines strammen Rittes von einigen Stunden.

Nun wurde über die Schlacht im Sommer 1759 ziemlich genau Protokoll geführt. Daraus geht hervor, daß die Armee um 3 Uhr mit dem Vormarsch begann. Während der Annäherung an die feindlichen Linien befand sich der König nachweisbar in einem Waldstück südöstlich von Kunersdorf und beobachtete die gegnerischen Stellungen. Wenn Friedrich wirklich unter dem erwähnten Baum gespeist hätte, dann wäre das wohl eher ein Abendmahl gewesen. Aber auch das ist nicht möglich, hatte er doch noch am Nachmittag des Vortages die Stellungen des Gegners ausgespäht. Die „Frühstücks-Geschichte“ könnte die Erfindung späterer Generationen gewesen sein. Um Steinhöfel aufzuwerten. Dabei könnte Majestät wirklich unter dem Baum getafelt haben. Aber an einem anderem Tag, vielleicht bei einer der unzähligen Inspektionsreisen durch das Land. Jedenfalls bot die Schlacht von Kunersdorf einen ausgezeichneten Nährboden für tatsächliche und erdachte Anekdoten.

Unbestritten ist aber: Am 12. August 1759 mußte sich Fried­rich im Zuge des Siebenjährigen Krieges mit einer überlegenen Streitmacht aus Russen und Österreichern auseinandersetzen. Die Armee der Habsburgerin Maria Theresia war Anfang Juli von Böhmen aus nach Norden aufgebrochen und stieß schnell in Richtung Kurmark vor. Gleichzeitig eilten aus dem Osten russische Verbände heran. Am 3. August trafen sich Friedrichs Gegner in der Nähe von Frankfurt an der Oder. Der König zog seine Soldaten aus Sachsen ab und stellte sich in Kunersdorf zur Schlacht, obwohl er den 71000 Mann zählenden vereinten Streitkräften nur ganze 49000 Soldaten entgegenwerfen konnte.

Ähnlich wie schon in der Schlacht von Leuthen sollte die zahlenmäßige Unterlegenheit ausgeglichen werden, indem der Angriff auf einen Flügel des Gegners, in diesem Falle den Linken, konzentriert werden sollte. Das Gelände war jedoch unübersichtlich und von Bachläufen, Erhebungen und Vertiefungen durchzogen. Zudem nutzten die Österreicher und Russen das Gelände zur Verteidigung geschickt aus. Nach einstündiger Artillerievorbereitung ließ Friedrich seine Regimenter vorrücken. Anfangs kam der Angriff gut voran und die preußische Vorhut überwand die ersten feindlichen Verteidigungslinien. Etwa 12000 Mann des Gegners konnten ausgeschaltet werden. Der Kern der österreichisch-russischen Armee war aber noch nicht geschlagen. Durch mehrere russische Regimenter wurde der linke Flügel der Verbündeten verstärkt. Der preußische Angriff lief sich fest. In einer Senke, nördlich dem Dorf Kunersdorf, Kuhgrund genannt, konzentrierten sich nun die Kämpfe. Friedrich schickte alle verfügbaren Truppen in die Schlacht, um hier den Durchbruch zu erzwingen. Als Artillerie nachgeführt und Gegenangriffe in einem verlustreichen Ringen abgeschlagen wurden, begann der Gegner zu wanken und der Sieg schien zum Greifen nahe.

Doch erlahmten nun auch die preußischen Kräfte, die durch immer neue, vorwiegend russische, Truppen bedrängt wurden. Nach stundenlangem Ringen wichen die ersten preußischen Regimenter. Die Kraft der Soldaten erlahmte zusehends. Gegen 18 Uhr mußte die preußische Armee den Rück­zug antreten.

Nur mit Not entkam Friedrich selbst der Gefangennahme. Er mußte sich gar vor umherstreifenden feindlichen Soldaten verstecken. Zweimal wurde unter Fried­rich das Pferd weggeschossen. Eine Kugel traf seine Hüfte. Eine goldene Tabakdose hielt das Geschoß aber auf. Doch was das Schlimmste war – die legendäre preußische Armee suchte das Heil in der Flucht. Sieggewohnte Regimenter lösten sich gewissermaßen in Luft auf. Auch den König ergriff Panik. Unfähig zu irgendeiner Entscheidung soll er immer wieder die Worte ausgerufen haben: „Gibt es denn keine verdammte Kugel für mich?!“ Offenbar nicht, denn eine Reiterschwadron unter dem Rittmeister Ernst Sylvius von Prittwitz brachte den obersten Befehlshaber in Sicherheit. Wofür sich Majestät später mit einem großzügigen Geschenk erkenntlich zeigte – mit der Herrschaft Quilitz, dem heutigen Neuhardenberg.

Doch zurück zum Abend des 12. August. 19000 preußische Soldaten waren tot oder verwundet auf dem Schlachtfeld zurückgeblieben. Ganze 3000 Mann befanden sich noch bei ihren Einheiten. Friedrich ließ seinen Kabinettsminister Karl Wilhelm Graf Finck von Finckenstein wissen: „Ich habe keine Hilfsmittel mehr, und um nicht zu lügen, ich halte alles für verloren. Den Untergang meines Vaterlandes werde ich nicht überleben …“

Voller Selbstzweifel soll der König am Morgen nach der vernichtenden Niederlage seinen altgedienten Oberst Moller nach den Ursachen befragt haben, weshalb die Armee nicht mehr so gut sei wie einst? Der tiefgläubige Offizier fand eine ungewöhnliche Erklärung: „Weil seit längerem keine Betstunden mehr abgehalten werden!“ Schon am nächsten Tag befahl Friedrich der Große regelmäßige Feldgottesdienste. Ja so war der „Anekdoten-König“. Oder so hätte man den alten Fritz gern sehen.

Friedrich hat die Schlappe von Kunersdorf überlebt. Denn es ereignete sich etwas, das er selbst als das „Wunder des Hauses Brandenburg“ bezeichnet hat. Anstatt die Verfolgung aufzunehmen und bis nach Berlin zu marschieren, zogen sich seine Gegner überraschenderweise zurück. So blieb Preußen die Niederlage im Siebenjährigen Krieg erspart.

Foto: Friedrich der Große: Nach der schwersten Niederlage Preußens im Siebenjährigen Krieg


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