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09.08.08 / An Tiefensee denken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-08 vom 09. August 2008

An Tiefensee denken
von Harald Fourier

Jetzt drängen sich die Wagenkolonnen auf den Autobahnen nach Norden oder Süden. Wir Zurückgebliebene, die nicht an die regulären Schulferien gebunden sind, haben es eigentlich gut, weil der Stadtverkehr in der Ferienzeit normalerweise ein wenig nachläßt. Eigentlich.

Leider ist das in diesem Jahr nicht ganz so. Es wird viel gebaut in Berlin. Kaum ist die  eine Baustelle fertig, da kommt die nächste. So sind die monatelangen Arbeiten am Tunnel unter dem Flughafen Tegel zwar beendet. Doch dafür wird jetzt die Spandauer-Damm-Brücke abgerissen. Beide Baustellen behinderten bzw. behindern den Verkehr auf der Berliner Stadtautobahn ganz erheblich.

Für ihren Abriß mußte die Brücke in der vergangenen Woche zunächst ganz gesperrt werden. Der Verkehr wurde kilometerweit durch Berlin umgeleitet. Und kommendes Wochenende ist es noch einmal so weit. Dann wird die Stadtautobahn abermals dichtgemacht. Also Berlin-Besucher aufgepaßt: Aus Hamburg lieber mit der Bahn anreisen.

Nach dem Abriß dauert es dann noch bis 2010, bis die neue Brücke steht, so zumindest die Planung. Der entnervte Verkehrs­teilnehmer fragt sich: Warum muß das immer alles so lange dauern? Die Legionäre von Julius Cäsar haben vor über zweitausend Jahren in ein paar Tagen eine Brücke über den Rhein geschlagen. Und unsere Ingenieure heute brauchen mit all ihren  technischen Möglichkeiten, ihren Kränen und ihrem Stahlbeton zwei Jahre für eine Brücke. Das kann doch nicht sein.

Da fällt mir mein alter Lateinlehrer Heinrich Rumphorst ein. Der hat schon vor 25 Jahren gefragt: „Warum fahre ich immer an Baustellen vorbei, auf denen kein Mensch zu arbeiten scheint?“ Daran hat sich bis heute nichts geändert. Immer noch sind etliche Baustellen – gerade auf Autobahnen – meist so gut wie menschenleer.

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hat gerade im Interview gesagt: „Ich habe die Länder zum Handeln aufgefordert. Damit Baustellen schneller fertig werden, soll am Tage länger gearbeitet werden, möglichst im Zwei- bis Dreischichtbetrieb.“ Außerdem würden kurze Bauzeiten bei der Auftragsvergabe berücksichtigt. Wenn der Minister damit ernst macht, sollte ich das sehr begrüßen.

Aber in Wirklichkeit fehlt mir der Glaube. Das hört sich wie ein typisches Politiker-Versprechen an, abgestimmt auf die Urlaubssaison, wenn die Deutschen vor Wut ins Lenkrad beißen, weil ihr erster Ferientag mal wieder in orangeblinkenden Straßensperren verendet. Aber ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen. Wenn ich das nächste Mal eine Baustelle auf einer Autobahn passiere, werde ich an Wolfgang Tiefensee denken.


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