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09.08.08 / Mehr Ehre für die Lehre / Höhere finanzielle Zuwendungen entscheiden nicht allein über Wohl und Wehe der Hochschulen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-08 vom 09. August 2008

Mehr Ehre für die Lehre
Höhere finanzielle Zuwendungen entscheiden nicht allein über Wohl und Wehe der Hochschulen
von George Turner

Der Wissenschaftsrat hat noch rechtzeitig vor der vorlesungsfreien Zeit eine Lanze für die Lehre an den Hochschulen gebrochen: Professoren sollen sich mehr Mühe geben, Stellen für neue Lehrkräfte sollen geschaffen werden, die Ausstattung ist zu modernisieren. Alles richtig. Aber!

Wenn die gleichen Fehler gemacht werden wie vor gar nicht so langer Zeit, wird sich nichts ändern und in etwa einem Dutzend Jahren wiederholt sich die selbe Debatte.

In der Tat sind an manchen Orten die technischen und apparativen Einrichtungen nicht auf dem neuesten Stand. Hier ist nachzurüsten. Aber es bedarf auch der Pflege und Wartung. Schaut man sich an, wie gelegentlich mit öffentlichem Gut umgegangen wird, mindert das womöglich die Ausgabenbereitschaft der Finanzseite. Solange Hochschulleitungen Schmierereien und Verwüstungen nicht ahnden und nichts unternehmen, die Übeltäter zu stellen, dürfen sie sich nicht wundern, daß die Öffentlichkeit und die für die öffentlichen Kassen zuständigen Politiker skeptisch sind, wenn es um Forderungen nach mehr Geld geht.

Eine Vermehrung der Stellen für Lehrpersonen ist angesichts der Relation zu der Zahl der Studierenden in bestimmten Fächern geboten. Die Bewältigung der demnächst auf die Hochschulen zukommenden starken Jahrgänge ist ein weiteres Argument. Aber nach einem mutmaßlichen Anstieg der Studierendenzahlen wird es ein Absinken geben. Nun könnten demnächst einzustellende Lehrkräfte für die Zeit nach dem Ansturm ein anzustrebendes, ideales Betreuungsverhältnis verheißen. Das hieße aber die Rechnung ohne die Haushälter zu machen:

Rückläufige Studierendenzahlen werden zu einer Kürzung der Zuschüsse führen. Dann ist es besser, einen Teil der neuen Stellen nur auf Zeit einzurichten. Es hat immer wieder Wellen von Neueinstellungen gegeben. Wenn dies in zu kurzer Zeit geschieht, kann das schon mal zu Lasten der Qualität geschehen. Es werden dann alle verfügbaren Stellen besetzt, in der Sorge, sie würden gestrichen, wenn man sie länger vakant ließe. Dies aber kann im Sinne einer vernünftigen, auf Qualität ausgerichteten Personalplanung sinnvoll sein. Hier erweisen sich die Vertreter der Finanzministerien oft als sehr kurzsichtig. Was nicht innerhalb einer bestimmten Zeit besetzt ist, wird gestrichen, weil es angeblich nicht gebraucht wird. Im übrigen schlummert in den Hochschulen ein Potential. Viele derer, die mit 65 in den verordneten Ruhestand verabschiedet werden, sind willens und in der Lage, auch weiterhin nicht nur Lehrleistungen zu erbringen, sondern dies auch in guter Qualität zu tun. Sicher ist nicht jeder Emeritus oder Pensioniär geeignet, auch weiter auf die Studierenden losgelassen zu werden. Über die weitere Verwendung entscheidet ja auch nicht der Betroffene selbst, sonder ein Gremium. Und das sollte auch einmal den Mut haben, bei Zweifeln an der Eignung Nein zu sagen.

Wobei wir bei der Mühewaltung der Professoren wären. Jeder kennt schlechte Beispiele. Das kann nicht nur die mangelnde Fähigkeit sein, deutlich zu sprechen und klar vorzutragen. Ebenso ärgerlich sind schlecht vorbereitete Unterlagen oder an die Wand geworfene Zahlenkolonnen, die man schon in der dritten Reihe nicht mehr ausmachen und lesen kann. Allerdings ist es falsch, wenn behauptet wird, auf die Lehre würde bei der Auswahl kein Wert gelegt. Die Mehrheit der Hochschullehrer ist im Laufe der Karriere Assistent oder Mitarbeiter mit Lehrverpflichtung gewesen. So ganz spurlos geht das an den Betroffenen auch nicht vorbei. Auch im Habilitationsverfahren und bei der Berufung wird auf die entsprechende Eignung geachtet. Möglicherweise geschieht das nicht in dem gewünschten Umfang. Aber wie wäre wohl die Reaktion, wenn ein durch Forschung ausgewiesener Wissenschaftler wegen eines Defizits beim mündlichen Vortrag oder der Probevorlesung scheitern würde? Das Geschrei der gewerkschaftlich organisierten Interessenvertretung der betroffenen Gruppe kann man sich vorstellen.

Vor etwa 30 Jahren wurde Hochschuldidaktik ganz groß geschrieben, und zwar im Interesse der Studierenden, aber auch als Pflicht der Lehrenden. Vielleicht waren es die falschen Vermittler, die sich in den einzelnen Fachdisziplinen der Sache angenommen haben. Jedenfalls sind die verschiedenen Didaktiken ziemlich schnell in Verruf geraten. Ob die jetzt vorgeschlagenen Zentren zur Aufrüstung junger Professoren der richtige Weg sind, mag sich zeigen. So ganz wohl ist einem bei dem Gedanken nicht. So etwas wie Schulungslager für Dozenten hat es ja schon einmal gegeben, allerdings mit eindeutig politischen Vorzeichen.

Und schließlich darf nicht vergessen werden, daß alle Bemühungen, den Stoff mundgerecht zu servieren, nichts bewirken, wenn die Studierenden ihn nur passiv konsumieren und ihn nicht selbst erarbeiten. Zu leicht greift eine Schülermentalität, daß nur das prüfungsrelevant sein dürfe, was auch in der Vorlesung „dran“ war.

Der nächste Schritt ist dann, daß die durchzuarbeitende Literatur angegeben wird und es dabei bleibt. Selbststudium und eigene Recherche aber sind Elemente eines akademischen Studiums. Eine eher verschulte Ausbildung gehört an die Fachhochschulen, das freiere, und damit auch risikoreichere Studium an die Universität. Ein oft vernachlässigter Grundsatz ist im übrigen: repetitio est mater studiorum.


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